Punktlandung

Terror: Österreich war nie die "Insel der Seligen"

Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge von Paris und die generell in Europa erhöhte Terrorgefahr hat das Innenministerium den Polizeieinsatz an potentiell gefährdeten Orten und Einrichtungen massiv verstärkt. Dazu zählt auch der Flughafen Wien. Das ist gut und wichtig, darf allerdings keine kurzfristige Maßnahme bleiben.

Waren früher auf Österreichs größtem Flughafen nur vereinzelt (uniformierte) Polizisten zu sehen (und auch das meist nur in Verbindung mit potentiell gefährdeten Flügen etwa in die USA oder nach Israel), so ist ihre Präsenz derzeit allgegenwärtig. Und sie leisten eine verdammt gute - nicht ungefährliche - Arbeit, das muss endlich einmal öffentlich gesagt und anerkannt werden.

EL AL Flüge sind seit jeher besonders gut von Spezialeinheiten der Polizei geschützt, Symbolbild
EL AL Flüge sind seit jeher besonders gut von Spezialeinheiten der Polizei geschützt, Symbolbild

Ob vorm Supermarkt, der Apotheke, im Terminal 1 oder im Terminal 3 (Skylink), überall patrouillieren mit Glock 17 und STG 77 bewaffnete uniformierte Kräfte, zumeist in Zweier-Teams. Zusätzlich sind auch verstärkt zivile Exekutivbeamte im Einsatz. Laut Oberstleutnant Omar Haijawi-Pirchner sorgen derzeit täglich 95 Beamte pro Tag für Sicherheit auf dem Flughafen Schwechat. Dazu kommt noch das Personal von Airport Security und VIAS, das in den kommenden Monaten um 100 Mitarbeiter aufgestockt werden soll. Alles in allem kann man (derzeit) also beruhigt sein, wenn man vom Flughafen Schwechat abreist oder dort ankommt. Aber wie lange werden diese Maßnahmen aufrecht erhalten werden können? Schon jetzt machen viele der Beamten Überstunden, wie Austrian Wings aus dem Innenministerium erfuhr. Dauerhaft kann die gegenwärtige Polizei-Präsenz also nur durch eine Aufstockung des Budgets und des Personalstandes erreicht werden - hier ist die Politik dringend gefordert, zumal man (Elite-) Polizisten nicht einfach aus dem Ärmel schütteln kann, sondern sie über Jahre hinweg ausgebildet und trainiert werden müssen.

Denn, ohne Panikmache betreiben zu wollen, ein Flughafen ist immer ein lohnendes Ziel für Terroristen, gleich aus welcher politischen oder religiösen Motivation heraus sie agieren. Deshalb ist es wichtig, dass das Innenministerium hier keine kurzfristige medienwirksame Aktion zur Beruhigung der Bevölkerung durchführt, sondern wirklich langfristig Maßnahmen setzt, die dem erhöhten Bedrohungspotential gerecht werden. An ihrem Handeln wird sich ÖVP-Ministerin Mikl-Leitner messen lassen müssen.

Flughafenpolizei mit Glock 17 Glock17 Symbolbild Sujetbild Foto PA Austrian Wings Media Crew

Denn anders als es die Politiker gegenüber ihren Wählern, die bedauerlicherweise sehr vergesslich zu sein scheinen, gerne suggerieren, ist Österreich alles andere als die sprichwörtliche "Insel der Seligen" im Hinblick auf Terroranschläge, wie die nachfolgende Aufzählung eindringlich beweist:

  • Am 22. Oktober 1975 töten armenische Extremisten den türkischen Botschafter Danis Tunaligil in Wien durch Schüsse
  • Am 21. Dezember 1975 überfällt ein Terrorkommando unter dem Kommando von "Carlos" die Opec-Zentrale in Wien, drei Menschen sterben, etliche werden zum Teil schwer verletzt
  • Am 1. Mai 1981 wird der SPÖ-Politiker und Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, Heinz Nittel, in seinem Auto von Mitgliedern der Terrororganisation Abu Nidal erschossen
  • Am 29. August 1981 attackiert ein palästinensisches Terrorkommando die Synagoge in der Wiener Seitenstättengasse und tötet zwei Menschen, mehrere Opfer erleiden Verletzungen
  • Am 19. November 1984 wird der türkische Politiker Enver Ergun am Schottenring in Wien von einem unbekannten Täter erschossen. Später bekennen sich armenische Extremisten zu der Tat
  • Am 27. Dezember 1985 verüben Mitglieder der Terrorgruppe Abu Nidal einen Anschlag auf dem Flughafen Wien, drei EL AL-Passagiere sowie einer der Attentäter sterben im Kugelhagel, 38 weitere Menschen erleiden zum Teil schwere Verletzungen durch Kugeln und/oder Granatsplitter
  • Am 13. Juli 1989 ermorden Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes in einer Wohnung in Wien drei kurdische Politiker, darunter einen österreichischen Staatsbürger. Die Mörder fliehen in die iranische Botschaft und können das Land unbehelligt verlassen, nachdem die österreichische Politik vor dem Iran auf dessen Intervention hin einen Kniefall gemacht hat
  • Am 4. Februar 1995 sterben vier Roma in Oberwart durch eine Rohrbombe des Briefbombenattentäters Franz Fuchs
  • Am 11. April 1995 kommen zwei linksradikale Attentäter bei einem missglückten Anschlagsversuch auf einen Strommast in Ebergassing ums Leben
  • Am 13. Jänner 2009 wird Umar Israilow, ein ehemaliger Leibwächter des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, in Wien auf offener Straße erschossen
  • Am 24. Mai 2009 verüben Sikhs einen Anschlag auf einen Tempel in Wien, wobei ein aus Indien angereister Guru stirbt

Angesichts dieser terroristischen Vergangenheit, muss Österreich durch die Anschläge von Paris aufs Höchste alarmiert sein, freilich ohne dabei in Panik zu verfallen.

Langfristige Sicherheitskonzepte müssen, wie bereits erwähnt, erarbeitet und umgesetzt werden, das typisch österreichische "irgendwie Herumwurschteln und Tricksen" muss endgültig ad acta gelegt werden. Eine personelle und materielle Aufwertung der Exekutive ist unabdingbar.

Dabei gilt es aber auch zu beachten, dass man nicht übers Ziel hinausschießt und Bürgerrechte keinesfalls weiter als unbedingt nötig eingeschränkt werden. Es ist ein schwieriger Spagat, den die Verantwortlichen zu meistern haben, das steht außer Frage.

Doch wie sagte schon der Staatsmann Benjamin Franklin sinngemäß: "Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, der wird am Ende beides verlieren." Dann hätten die Terroristen in jedem Fall gewonnen, schließlich ist zu Tode gefürchtet auch gestorben. Und genau das darf auf keinen Fall passieren.

(red CvD, HP / Titelbild: Ein Polizist mit STG 77 auf dem Flughafen Schwechat, Symbolbild - Alle Fotos wurden Austrian Wings vom Fotografen zur Verfügung gestellt - keine Verwendung ohne schriftliche Genehmigung der Redaktion)

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