Die Sowjetunion und ihre sozialistischen Bruderstaaten verfügten gegen Ende der 70er Jahre über beträchtliche Flotten leistungsfähiger Flugzeuge. Für beinahe alle Aufgabengebiete stand zuverlässiges, modernes Gerät zur Verfügung. Mit Ausnahme der Antonov An-2 waren alle Modelle mit Strahltriebwerken oder Turboprops ausgestattet, Passagiere konnten komfortabel und schnell von A nach B transportiert werden. Auf kurzen und mittleren Strecken mit großem Passagieraufkommen fand man bei Aeroflot die damals neue Ilyushin IL-86 und die Tupolev TU-154 (anfangs als Serie A und B, später als M Klasse), manchmal auch die IL-62. Auf der Mittel- und Langstrecke flogen die IL-18 und die IL-62, weniger frequentierte Kurz- und Mittelstrecken übernahm die TU-134. Nach unten hin rundeten die vielen Varianten der AN-24 und der YAK-40 das Angebot ab.
Zu diesem Zeitpunkt der Geschichte war der Lebensstandard in der Sowjetunion, den Umständen entsprechend, der höchste, der im Sozialismus je erreicht wurde. Die Aeroflot war unangefochten die Nummer 1 in Größe und Flottenstärke weltweit. In der Sowjetunion konnte man zu dieser Zeit um zirka ein Viertel eines normal verfügbaren Monatseinkommens ein Flugticket kaufen. Dies war damals um vieles günstiger als im Westen. Auch im Sozialismus gab es Wirtschaftswachstum, die Technologien entwickelten sich weiter und auch in der konservativen Luftfahrtindustrie machte man den einen oder anderen Schritt nach vorne.
Mit der steigenden Anzahl an Fluggästen und fehlgeschlagenen Projekten wie der TU-144 (der Sowjetische Überschall- Passagierjet) sah man sich gezwungen, mehr Flugzeuge bereits bewährter Muster in Dienst zu stellen. Parallel dazu trachtete man nach neuen Entwicklungen, man schraubte die einstmals hochfliegenden Erwartungen, wie z. B. Überschallflug zurück und begann lösbare Ziel ins Auge zu fassen. Neue Muster sollten zudem modernste Technologien, sowie die auch im Sozialismus immer wichtiger werdenden ökonomischen Gesichtspunkte in sich vereinen. Betrachtete man den damaligen Flottenmix, über den die Aeroflot verfügte, so wurde schnell klar, dass bei der Entwicklung des Passagieraufkommens ein entscheidender Flugzeugtyp fehlte: ein Kurzstreckenjet für 100 bis 130 Passagiere. Im Westen konnte man auf die B737 und die DC-9, oder aber die BAC 1-11 zurückgreifen. Die Aeroflot hatte mit der TU-134B-3 einen 90- sitzigen Jet in der Flotte. Der nächst größere Jet war die TU-154, die bis zu 186 Passagieren Platz bot. Dazwischen war die IL-18 mit ca. 100 Passagieren angesiedelt, welche zwar unverwüstlich war, aber mit 4 Propellern als eigentlicher Mittelstreckenprop auf kürzeren Legs unpraktisch war. Somit waren die Anforderungen an den neuen Flieger schon alleine aus der bestehenden Aeroflot- Flotte logisch formuliert und abgegrenzt.
Während im Westen sich bereits erste Pläne von Kurzstreckenflugzeugen mit dem neuen, modernen und effizienten Turbofan als Antrieb abzeichneten, so steckte diese Technologie in der Sowjetunion noch in den Kinderschuhen. Es war klar, dass bei einem neuen Design kein Weg an einem Turbofantriebwerk vorbei führte. Dass man dabei völliges Neuland betreten würde, war eine andere Geschichte. Vladimir Lotarev machte sich ans Werk den benötigten Antrieb bei Ivchenko- Progress , einem Triebwerkshersteller in Zaporozhie (Ukraine), für die Yak-42 und in weiterer Folge auch für die An-72/74 zu konstruieren. Das neue Triebwerk Progress D-36 (oder aber Lotarev D-36) war für rein zivile Zwecke ausgelegt und vereinte modernste Aspekte des Triebwerkbaus in sich. Es sollte nicht nur das erste sowjetische Triebwerk werden, welches in seinem ökonomischen Leistungsspektrum an westliche Konstruktionen heranreichte, es sollte auch die Basis für eine Vielzahl weiterer Turbofan- Entwicklungen werden.
Parallel zum Antrieb befasste sich das Konstruktionsbüro Yakovlev mit der Aufgabe, die Anforderungen der Aeroflot in ein echtes Flugzeug zu verwandeln. Als namhafter Militärflugzeughersteller brachte Yakovlev in der Zivilluftfahrt mit der Yak-40 vergleichsweise wenig Erfahrung mit ins Projekt. So verwundert es nicht, dass die ersten Entwürfe der neuen Maschine wie eine Yak-40 auf Steroiden aussahen. Es war schnell klar, dass der Rumpf sinnvollerweise eine 3+3 Auslegung unterbringen musste. Auch sollte die neue Yak, wie alle sowjetischen Airliner, mit möglichst wenig Bodenequipment auskommen. Daher bevorzugte man bereits im Anfangsstadium des Designs einen tief gelegenen Rumpf, der das Be- und Entladen erleichtert. Eingebaute Bordtreppen sollten die YK2 (so der 3- Letter- Code der Yak-42) fürs Boarding autark machen. Dass auch Yakovlev das Rad nicht neu erfinden wollte, war klar. So ist es kein Wunder, dass man das Tragwerk ebenfalls sehr stark an das der Yak-40 anlehnte.
Der erste Prototyp erhob sich 1975 erstmals in die Luft. Die Maschine mit der Kennung CCCP-1974 unterschied sich stark von den in weiterer Folge in Serie gefertigten Fliegern. Zwar glich der Rumpf mit Ausnahme der geringeren Anzahl an Fenstern weitestgehend den Serienmodellen, das Tragwerk hatte aber lediglich eine 11° Pfeilung. Das Hauptfahrwerk bestand aus je einem Radpaar, das Bugfahrwerk hatte ebenfalls ein Radpaar geringeren Durchmessers verbaut. Slats, Vorflügel die zur Auftriebserzeugung im Langsamflug dienen, fanden sich nicht am Flügel. Das Resultat war ein Flugbild, auf „youtube“ ist hervorragendes historisches Material zu finden, welches sich nicht von dem der Yak-40 unterschied: ein flacher, langsamer Steigflug und relativ geringe Anstellwinkel.
7 Man erkennt in der Yak-42 bei genauerem Hinsehen noch viele Details, die von der Yak-40 herrühren. Diese Maschine der Kuban Airlines wird in St. Petersburg (LED) auf einen Flug zurück nach Krasnodar vorbereitet. Aus den Parkpositionen auf die Rollgassen wurden die russischen Modelle damals alle samt mit ZIL LKWs geschoben.
Schnell wurde klar, dass mit einem solchen Tragflächendesign das Flugzeug keinerlei brauchbare Leistungen erbringen könne. Aus diesem Grund wurden bereits sehr früh im Projektstadium zwei weitere Prototypen, CCCP-1975 und CCCP-1976, gefertigt, mit grundlegend verändertem Flächendesign. Nun wies die Yak alle später in den Serienmaschinen erkennbaren Konstruktionen auf, Leading Edge Slats für bessere Langsamflugeigenschaften, eine auf 23° gepfeilte Tragfläche, leichte negative V- Stellung der Flügel, wie sie von Tupolevs Modellen her bekannt ist, sowie ein Hauptfahrwerk, welches aus je einem Doppelradpaar bestand. Dabei wurden die gleichen Raddimensionen wie beim Bugfahrwerk verwendet. Wie in der Sowjetunion üblich, forcierte man von Anfang an heckgetriebene „Clean-Wing-Designs“.
Wie schon bei der Yak-40 verbaute man auch bei der YK2 drei Triebwerke am Heck. Das mittlere Triebwerk liegt am Ende eines S- förmigen Luftschachts. Durch den großen Fan- Durchmesser von 1,34 Metern wirkt der Rumpfdurchmesser verhältnismäßig klein. Dennoch bietet die Yak-42 mit 3,60 Metern Kabinendurchmesser eine Spur mehr Platz als Boeings Bestseller B737. Beladen wird die Yak in zwei Abteile in der unteren Rumpfhälfte. Eins befindet sich vor dem Mitteltank, das andere dahinter. Auch konnten erstmals standardisierte Container vom Typ AK-0.7 verwendet werden, praktisch fanden diese jedoch kaum Anwendung. Das Höhenleitwerk ist als T- Konstruktion ausgeführt.
Was man nun geschaffen hatte, war ein Vollblut- Kurzstreckenjet. Die mit maximal 4.000km angegebene Reichweite sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Jet mit eher bescheidenen 750km/h Reisegeschwindigkeit auf kurzen Strecken richtig wohl fühlt. Die Steigrate des Jets ist ebenfalls nicht gerade berauschend, doch mit einer maximalen Startstrecke von 1.800 Metern kann man den Flieger auf beinahe allen Airports ohne Probleme betreiben. Interessant im Zusammenhang mit den Flugleistungen waren erstmals die Verbrauchswerte des Jets. Mit ca. 3.000kg/h Treibstoffverbrauch auf einer typischen Kurzstrecke bei voller Beladung lag sie ca. 600kg unter dem Verbrauchswert einer TU-134. Dass die Yak-42 dabei wesentlich mehr Nutzlast befördert verdeutlicht den Sprung in der Technologie, den man nicht zuletzt Lotarev's Turbofan verdankte. Damit verbraucht eine Yak-42 immer noch eine Spur mehr Sprit als vergleichbare B737 Classics, für die Zeit in der sie gebaut wurde, und in Relation zu anderen Sowjet- Jets war die YK2 aber sensationell.
34 Das wuchtige vordere Fahrwerk der Yak-42 im Größenvergleich. Im Hintergrund rollt eine weitere Yak der Kuban Airlines. Auch zu sehen sind eine Tu-154 der Rossiya sowie ganz im Hintergrund eine der UT Air. Ein ganz typisches Bild noch bis vor kurzem in Russland – kaum Boeings und Airbusse. Heute ist alles anders.
Geflogen wurde und wird der Jet von 2 Piloten und einem Bordingenieur, sowie 3-4 Kabinenbegleitern. Dass die Jet-Romantik der TU-134 keinen Einzug mehr in die Kabine der Yak-42 gefunden hat, ist ebenfalls ein Zeichen des Wandels in dem sich die Luftfahrt in der damaligen Zeit befand. War die TU-143 noch voller Salone und Abteile, Garderoben und großer Küchen, so fand man in der Yak-42 eine Business Klasse, welche vom Rest der Economy Kabine abgeteilt war. Der Sitzreihenabstand wurde, wie in russischen Jets üblich, eher eng gehalten, um mehr Passagiere befördern zu können. Eine zweckmäßige Küche ist gleich hinter dem Cockpit untergebracht, die hintere Galley ist ebenfalls den Umständen entsprechend klein aber zweckdienlich ausgeführt.
In der klassischen Bestuhlung verfügt jede Reihe über ein Fenster. Diese sind kreisrund und in ihrer Oberfläche vergleichbar mit Standard- Airbus- und Boeing- Fenstern. Angebracht sind diese jedoch etwas höher als in anderen Flugzeugmustern. Muss man sich in westlichen Modellen oftmals nach unten beugen, um eine gute Sicht nach außen zu bekommen, so ist eine Kopfbewegung zur Seite in der Yak ausreichend. Verdunkeln kann man die Kabine mit Blenden, welche vor das Fenster geschoben werden. Die Sitze sind alle samt klassischer russischer Konstruktion entsprechend. Das bedeutet, dass man die Rückenlehne sehr stark nach hinten neigen, und diese bei Bedarf auch komplett nach vorne umlegen kann. Wurden die ersten Maschinen noch mit offenen Hutablagen gebaut, findet man auf den neueren Maschinen verschließbare Gepäckfächer vor. Platz für Handgepäck ist auf der Yak reichlich vorhanden, subjektiv betrachtet mehr als auf TU-154 Maschinen.
Nachdem die ersten Maschinen ausgeliefert wurden, begann man, die bestehende Konstruktion zu verbessern und in manchen Bereichen zu modernisieren. Letztlich verließen aber nur zwei Serienversionen das Flugzeugwerk in Saratov an der Wolga. Neben der klassischen Yak-42 wurde ab ca. 1990 die Version D (dalnyj= fern) produziert, mit erhöhter Reichweite und verbesserten Systemen. Einige Muster sind zwar als Yak-42D designiert und verfügen über deren technischen Aspekte, wurden aber mit klassischen Kabinen und offenen Hutablagen ausgeliefert. Modernisierte Varianten wie die Yak-142 verfügen über westliche Avionikkomponenten und sollten so für den Exportmarkt attraktiver werden, sie alle aber scheiterten an der politischen und ökonomischen Realität.
Eingesetzt wurde die Yakovlev bei der sowjetischen Aeroflot in gleichem Rahmen wie bei den Nachfolgeairlines. Sie verband, und verbindet bis heute, kleinere Airports mit größeren Städten. Auf Rennstrecken, wie zum Beispiel die Route Moskau – Sankt Petersburg, fand und findet man den Jet eher nicht (außer es ist das alleinige Muster der Airline). Vom einfachen Handling der Maschine profitieren vor allem kleinere Airlines, da sowohl wenig eigene wie auch flughafenseitige technische Support - Infrastruktur nötig ist. Wie alle Jets aus der Sowjetära ist aber auch die Yak-42 heute beinahe verschwunden. Wie schon die IL-96 konnte auch die Yak-42 ihrer angedachten Rolle als Ersatz für ältere indigene Muster nicht gerecht werden. Zu schnell wurden Westmaschinen im ehemaligen Osten zugänglich.
Überhaupt fanden sich mit Ausnahme der Cubana keine der früheren, klassischen Abnehmer unter den Betreibern, obgleich die Yak für viele der vor allem in Europa beheimateten Airlines eine perfekte Lösung gewesen wäre. Weit verbreitet war der Jet in Russland, aber auch im Baltikum flogen einige Maschinen nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion. In den Nachfolgerepubliken in Zentralasien flog das Modell nur in Kasachstan, bis heute finden sich aktive Yaks in der Flotte von Scat Airlines. Auch in Georgien und Armenien fand ein regelmäßiger Betrieb des Jets statt.
Nach Westeuropa flogen vor allem die beiden großen ukrainischen Airlines Donbass Aero und Dnieproavia mit dem Jet, auch nach Wien. Hin und wieder gelang es, einige Modelle ins Ausland abzusetzen, oder zumindest zu verleasen. Avioimpex flog einige Zeit lang mit russisch registrierten YK2 von Skopje nach Wien. Im Iran fanden zwei der letzten gefertigten Muster bei Fars Air Qeshm ihr zuhause. Mittlerweile sind die iranischen Yaks aber gegroundet. Sudan Airways und Tarco Air, beide aus dem Sudan, setzen den Airliner in Afrika noch immer ein.
In Russland sind die letzten nennenswerten Betreiber des Modells Izhavia aus Izhevsk, SarAvia, Grozny Avia und Gazprom. Auch im Fernen Osten betreibt Krasavia noch ein oder zwei Exemplare des Trijets. Es zeichnet sich aber ein eher rasches Verschwinden des Musters, auch in Russland, ab. SarAvia fliegt schon die ersten E-Jets und Gazprom hat neben einigen B737-700 schon die ersten Sukhoi Superjet eingeflottet. Es besteht kein Zweifel, das Ende ist auch für diesen eleganten Jet gekommen. Letztlich betreibt Tulpar Air aus Moskau noch einige Yak-42 für Charter- Einsätze. Vor nicht allzu langer Zeit flog Tulpar noch im Auftrag (und in der Lackierung) von UT Air Flüge in den Norden Russlands.
Aufgrund von Konstruktionsfehlern am Heck, welche zu Vibrationen führten, mussten nach einem Absturz 1985 alle YK2 modifiziert werden. Nachdem diese Mängel behoben wurden, erreichte der Jet sehr gute Werte im Betrieb. Auch in Punkto Sicherheit entwickelte sich der Trijet mehr als zufriedenstellend. Dennoch kam es immer wieder zu Abstürzen, welche allesamt ihre Ursache in menschlichem Versagen hatten. Zu trauriger Berühmtheit gelangte die Yak-42 durch den Absturz bei Jaroslavl. Bei diesem Unglück kam der größte Teil des Lokomotiv Jaroslavl KHL Eishockeyclubs ums Leben. Auch hier war die Ursache menschliches Versagen.
Tickets für die Yak-42
Wer den Sudan (Tarco Air und Sudan Airways) für sich als Reiseziel ausschließt, wird für einen Flug auf der Yak-42 um eine Reise nach Russland nicht umhinkommen. Und selbst wenn man es dann bis zum Check-in schafft, ist mittlerweile gar nichts mehr fix, da selbst in Russland russische Airliner schon sehr rar sind!
SCAT aus Kasachstan bietet eine nicht- russische alternative für eine Reise auf dem Trijet. Die Anreise nach Alma- Ata oder Astana ist einfacher und günstiger als man das nach einem ersten Blick in den Atlas annehmen würde. Viele Umsteigeverbindungen über Moskau, aber auch über Riga, sind manchmal schon um die 300€ zu bekommen. SCAT betreibt die Yak-42D hauptsächlich nach Taraz, oder aber Shymkent. Hier macht es aber Sinn, sich durch die Airline- Seite zu klicken!
Die letzte „reinrassige“ Yak-42 Flotte, mit Ausnahme der einen oder anderen An-24, betreibt Izhavia aus Izhevsk. Dies ist Hauptstadt der Republik Udmurtien, gelegen zwischen Kazan und Perm. Zwar ist diese Stadt kaum jemandem im Westen ein Begriff, aber jeder kennt Russlands erfolgreichstes Exportprodukt, welches aus dieser Stadt kommt. Erst kürzlich hat sie ihren größten Sohn und einen wahren Held Russlands und der Sowjetunion zu Grabe getragen. Izhavia verbindet Moskau und Sankt Petersburg mit dem Geburtsort des „Avtomat AK47“, im Westen besser bekannt als „Kalashnikov“. Alleine das Erbe dieses eleganten Tötungswerkzeuges macht eine Reise in diese Stadt lohnenswert. Wenn man auch noch in einer Yak sitzt, dann sollte alles bestens sein. Gefährlich aber wird es, wenn in der Nebensaison Flüge im Codeshare angeboten werden, und RusLine mit dem CRJ flieg. Hier ist Vorsicht geboten, die Chance auf eine Yak ist aber nirgends größer.
SarAvia, bis vor kurzem noch ein Garant für ein günstiges, 100% gesichertes Yak- Abenteuer, setzt mittlerweile auf Embraer. Zwar sind zwei der drei täglichen Flüge noch immer auf der Yak-42, aber das Risiko auf einem Embraer zu landen ist entsprechend. Saratov ist mit seiner sehr romantischen Lage direkt am Wolgaufer eine sehr interessante Destination. Das im Siegespark abgestellte alte Fluggerät alleine macht einen Flug dorthin zu einem unbezahlbaren Erlebnis. Wer etwas mehr Zeit hat und Lust auf etwas Gigantisches verspürt, der sollte ein Hotel in der Saratov gegenüber liegenden Stadt Engels buchen. Dort ist Russlands schlagkräftigstes Fernfliegerregiment stationiert, welches auch dem Kommando der Atomstreitkräfte unterstellt ist. Geflogen wird mit der Tupolev TU-160, dem größten Schlachtflugzeug der Welt! Gerüchte besagen, dass ein „Weißer Schwan“ beim Start mit Nachbrenner sich ein Leben lang ins Herz eines jeden Luftfahrtenthusiasten hineindonnert. Auch ein sehr interessantes Luftwaffenmuseum findet man beim Engels Luftwaffenstützpunkt. Ob man aber mittlerweile als Westler einen Passierschein erhält, ist nicht bekannt. Wo aber ein Wille ist, findet sich in Russland immer auch ein Weg, koste es was es wolle! Mehr dazu aber im 2. Teil der Yak-42 Story!
Krasavia fliegt von Krasnoyarsk aus in den Norden nach Norilsk, bekannt als Hauptsitz für einen der wertvollsten Konzerne der Welt: NorNikel. Für ein Erlebnis auf der Yak dürfte diese Option wohl etwas zu teuer ausfallen, auch wird sich der eine oder andere dann, am Ziel angekommen, die Frage stellen: „was mache ich hier jetzt?“. Im Winter ist die Antwort klar: frieren und auf den Retourflug warten.
Ein weiterer Garant für ein unbeschreibliches Yak- Feeling ist wohl Grozny Avia. Der tschetschenische Carrier betreibt, noch, eine reine Yak-Flotte. Doch auch hier steht der Superjet bereits in den Startlöchern. Neben dem interessanten Fluggerät ist diese Airline auch ein sehr spezielles, kulturelles Erlebnis. Und viele Luftfahrtenthusiasten gibt es mit Sicherheit nicht, die zum Spaß nach Grozny jetten. Daneben bedient die Airline aber sporadisch auch noch andere Destinationen wie Stavropol im Kaukasus oder Simferopol auf der Krim.
Bleibt noch Gazprom Avia, die hauseigene Airline des russischen Gasriesen. Einstmals fleißiger Betreiber der Yakovlev, wird man auch bei ihr immer öfter Opfer eines Equipmentwechsels. Wenn man den Superjet erwischt, darf man sich noch glücklich schätzen. Auch gegen eine TU-154M hat man heutzutage relativ wenig einzuwenden. Wenn dann eine B737-700 fliegt, ist das bitter. Die Airline bot einst neben einer sehr angenehmen Verbindung zwischen Moskau und Sankt Petersburg auch noch Flüge an die Wolga an. Heute kann man auf Linie mit Gazprom nur noch in die nordrussischen Gasstädte jetten. Zwar mutet die Internetseite der Airline mit sehr rudimentären Infos provisorisch an. Sie sieht aber mittlerweile schon eine halbe Dekade völlig ident aus, mit relativ einfacher. Bei einem Ticket der Gazprom Avia inbegriffen ist eine Flughafenrundfahrt in Vnukovo. Gazprom parkt die Maschinen auf den entlegensten Positionen am Airport mit dem Resultat, dass die Busfahrt um die 15 Minuten in Anspruch nimmt, und an den Parkpositionen der Spezialfliegerstaffel der russischen Regierung vorbei führt. Mit anderen Worten: so nahe kommt man in freier Wildbahn fliegenden IL-18, IL-62, IL-96, TU-134, TU-154 und YAK-40 wohl auf keine andere Weise. Und wenn der Schrotthändler sein grausames Schaffen noch nicht ganz vollendet hat, dann steht die Yak nur wenige Meter neben den abgestellten IL-86 und Tupolevs des ehemaligen ARZ 400 (Flugzeugreparaturwerk 400). Und als buchstäbliche Sahne oben drauf werden hin und wieder neue Superjets auf diesen Positionen an die neuen Betreiber übergeben!
An Bord von Gazprom Avia von Moskau nach Sankt Petersburg
Dass man selbst als versierter Russland- Reisender, Austrian Wings Autor und (zumindest moralischer) Halbrusse einmal Opfer eines Aircraft Changes von einer Yak-42 auf eine B737-700 werden kann, sei hier zu therapeutischem Selbstzwecke am Rande erwähnt - und auch schon wieder vergessen. Angesichts der immer rareren indigenen Flugzeuge ist eine Erfolgsquote von 66% in Russland heute schon ein traumhaftes Ergebnis! Von insgesamt 3 Versuchen mit einer Gazprom Yak-42 zu fliegen, waren somit zwei erfolgreich. Der erste Flug wurde Ende 2011, im Winter, der zweite dann Mitte 2013 durchgeführt, an einem wunderschönen Sommerabend! Der erste Flug nach Leningrad fand auf der damals letzten in alter Farbgebung fliegenden YK2 statt, eine Yak-42D mit der Registrierung RA-42436, Baujahr 1996. Der zweiten dieser Reisen auf der Yak-42 sind die nachfolgenden Zeilen gewidmet.
Gebucht wurde das Ticket über Internet, bezahlt bequem mit Kreditkarte. Eine Eigenheit dabei ist aber, dass man eine Airline- Bestätigung nach Abschluss der Buchung erhält. Danach wird auf einer einengen Seite der Zahlvorgang eingeleitet. Erst nachdem die Airline Buchungen mit eingegangen Zahlungen abgeglichen hat (was ca. 24h in Anspruch nimmt), gilt die Reservierung. Man sollte daher den Zahl- Beleg des Kreditkarteninstituts vor Reiseantritt ausdrucken. Ansonsten ist die Airline sehr unkompliziert.
Die Strecke zwischen Moskau und Sankt Petersburg „Pulkovo“ ist die mit Abstand bedeutendste Inlandsstrecke in Russland. Platzhirsch im eigentlichen Sinne gibt es daher nicht, denn die Nachfrage ist riesig. Immerhin haben Moskau und Sankt Petersburg zusammen mehr als 20 Millionen Einwohner, also mehr als so manches Land der EU. Aeroflot fliegt mehrmals täglich, manchmal sogar mit Großgerät, als „Shuttle“ zwischen Sheremetyevo und LED. Von Domodedovo aus bieten sowohl S7 als auch Transaero mehrere tägliche Flüge an. UT Air verbindet Vnukovo täglich zwei Mal mit Pulkovo. Von der „Gegenseite“ her fliegt Rossiya alle drei Moskauer Flughäfen an, wobei alle Flüge als SU Codeshare geführt werden, und wohl mit der Übernahme und Eingliederung in SU dies reine Aeroflot Flüge werden.
Und dann kämpft noch der eine oder andere Underdog gegen die großen auf Russlands Rennstrecke Nummer 1, wovon einer Gazprom Avia war. Mit ihren 3 wöchentlichen Flügen bot die Airline bis vor kurzem vor allem „In- House“ Connexflüge an. Die Maschine wurde in Petersburg für Weiterflüge zu Sibiriens Gasstädten Yamburg und Noviy Urengoj genutzt. Aufgrund dieser Streckenführung verwundert es nicht, dass die Maschinen oft nicht voll waren, und wenn, dann von Transferpassagieren genutzt wurden. Heute sind diese Routen der Gazprom Avia vermehrt im Codshare mit anderen Airlines geführt, was das Ende für so manchen Yak- Kurs bedeutete.
Häufig unterscheiden sich bei russischen Inlandsflügen die Airline- Codes ein und derselben Fluglinie. Wenig bekannt im Westen ist, dass auf russischen Inlandsterminals gerne sowohl die russischen Flughafenkürzel, als auch die russischen Airline- Bezeichnungen verwendet werden, mit kyrillischen Buchstaben. Im vorliegenden Falle handelte es sich daher um den Flug 4G923 von VKO nach LED, in russischer Transkription bedeutet das: OP923, von VNK nach PLK. Und wenn die Anzeigentafel noch eine aus der guten alten Sowjetunion ist, dann kann sie gar keine lateinischen Zeichen anzeigen. Dass da der eine oder andere Ausländer durcheinander kommt, verwundert nicht. Doch im kapitalistischen Russland ist man mittlerweile zusehends um zufriedene Kunden bemüht, gerne wird einem auch auf Englisch weitergeholfen. Die alten Anzeigetafeln verfügen oft nur über die Möglichkeit die Flugnummer und die Destination anzuzeigen – eine Folge des ehemaligen Aeroflot Monopols. Damals waren alles SU- Flüge, daher sparte man sich einfach das Airline- Kürzel. Heute kommt es schon einmal vor, dass zwei, manchmal sogar drei Flüge mit gleicher Nummer auf den Infotafeln stehen. Eine weiteres Erbe der Geschichte sind die vielen „unpassenden“ IATA- Flughafen Codes. Manch einer wird sich fragen, was „LED“ mit Sankt Petersburg oder „SVX“ mit Ekaterinburg zu tun hat. Betrachtet man die sowjetische Bezeichnung dieser Städte, so wird klar dass LED für Leningrad passt, und SVX für Sverdlovsk, also entsprechen die internationalen Kürzel immer noch den alten Stadtnamen. Das allerbeste Beispiel dieses historischen Erbes aber ist TSE für Astana. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch daran, dass Astana (die Hauptstadt Kasachstans) früher Akmola hieß. TSE kommt aber von Tselinograd, so hieß die Stadt bevor man sie in Akmola und dann Astana umbenannte.... 81 Eine Maschine der Aeroflot, im „Shuttle“- Dienst wurden bis zuletzt Tu-154M Maschinen eingesetzt, ehe sie von A320ern ersetzt wurden. Heute sind selbst A330, B777 und B747 keine Seltenheit mehr auf der Strecke.
Das damals neue eröffnete Terminal in Vnukovo beherbergt neben dem internationalen Terminal auch einen Bereich für Inlandsreisen. Am äußersten Ende des Inlandsbereiches hat Gazprom Avia, im 1. Stock, sein Büro. Eingecheckt wird auf Erdgeschoß- Ebene, dabei wird immer nur ein Schalter, ca. zweieinhalb Stunden vor Abflug, geöffnet. Gut an der Lage der Gazprom Avia Infrastruktur am Airport ist, dass man gleich vom Flughafenexpresszug aus in wenigen Minuten beim Check- in ist.
Nunmehr ist das alte Inlandsterminal in Vnukovo komplett geschlossen, es hat fast den Anschein, als hätte jemand von einem Tag auf den anderen den Schlüssel genommen, dicht gemacht und daneben im neuen Bereich einfach aufgesperrt. Früher konnte man zwischen dem nationalen und internationalen Terminal problemlos hin- und herwechseln, also wenn man national angekommen ist mit wenigen Schritten zum Check- in im internationalen Bereich wechseln. Heute muss man dazu ein paar Meter auf der Straße gehen. Vnukovo war früher Moskaus interessantester Airport zum Spotten. Das einzige wahre Highlight heutzutage findet man am Kreisverkehr zur Abfahrt auf den Airport: Eine ausgestellte TU-104 in fiktiver Lackierung. Immerhin ging man hier mit dem sowjetischen Luftfahrterbe rücksichtsvoller um als beim Konkurrenten Domodedovo, wo man das Unikat TU-114 einfach verschrottete, anstatt weiter auszustellen. Geld ist manchen Russen doch mehr wert als die Kultur und Errungenschaften der eigenen Heimat.
Wenn, wie im Falle der Luftfahrtenthusiasten, der Weg das Ziel ist, so kommt es schon mal vor, dass man einen relativ komplexen Reiseplan verfolgt. Da russische Airliner immer rarer werden, sind die Wahlmöglichkeiten eingeschränkt und man ist oft zu Kompromissen gezwungen, wie zum Beispiel dem Transit zwischen zwei Moskauer Flughäfen.
Trotz der vorbildlichen Pünktlichkeit Aeroflots kommt es hin und wieder vor, dass sich ein Flug verspätet. Wenn man zusätzlich noch zwischen Sheremetyevo und Vnukovo umsteigen muss, dann kann es knapp werden. Nach der Ankunft des vorangegangenen Aeroflot IL-96 Fluges von Sotschi nach Sheremetyevo (Foto- und Videoreportage: Ilyushin 96: Russlands Langstrecken–Widebody) vergingen noch gut 30 Minuten, bis ausgestiegen werden konnte. Dadurch kann man schon einmal seinen Expresszug verpassen. Und wenn man dann noch auch in Moskaus Metro- Ringline zur Stoßzeit wegen Überlastung Ewigkeiten warten muss, bis man endlich bei der Rolltreppe an der Reihe ist (ja, man muss tatsächlich ein paar Minuten Wartezeit an den Rolltreppen in Kauf nehmen!), dann ist eine vorab geplante Pufferzeit von vier Stunden zum Umsteigen zwischen SVO und VKO relativ rasch aufgebraucht.
Und hier bewährte sich einmal mehr die Flexibilität einer kleinen Airline. Gazprom Avia checkt die Passagiere ganz normal am Check-in Schalter des Airports ein, welcher maschinenlesbare Bordkarten druckt. Meldet man sich aber vorab bei der Stationsvertretung der Airline und versichert, dass man zwar spät kommt, aber mit dem nächsten Zug am Flughafen sein wird, dann wird einem gerne geholfen. Zwar ist 10 Minuten vor Abflug der Check-in bereits geschlossen, aber man erhält (vorausgesetzt man hat kein Gepäck) einfach einen handgeschriebenen Zettel. Mit diesem kommt man problemlos durch die Sicherheitskontrollen bis zum Gate. Und wenn man dann Glück hat, wird noch ein extra Bus gerufen, und man erreicht den Flieger gerade noch. Dieser „Service“ war am Tag des Fluges auf RA-42437, einer Yak-42D Baujahr 1996, Gold wert. So mancher Vielflieger einer großen Fluglinie kann von einem solchen Einsatz der Airline für ihre Kunden nur träumen! Dass bei einem beinahe verpassten Flug keine Zeit mehr war, das neue, wunderschöne Inlandsterminal Vnukovos zu genießen, ist klar! Was aber ein wahrer Augenschmaus war, war wieder einmal die Busfahrt zur Abstellposition Gazprom Avias, vorbei an der gesamten geparkten Regierungsstaffel der Russischen Föderation.
In der Yak-42 hat die letzte Reihe kein Fenster und auch keinerlei Möglichkeit für Blicke nach außen. Die beiden Reihen davor aber haben es in sich! Dies sind die wohl besten im ganzen Flieger. Nicht nur dass man die Flächen bestens sieht, auch das Triebwerk und Teile des Höhenleitwerks kann man auf Film und Foto festhalten. Und der Sound dort hinten - ein Traum. Die Nähe zur hinteren Galley und der Toilette ist dabei für den geneigten Aviatiker ebenfalls von Vorteil. Und wer einen Fensterplatz will, aber am Boardingpass den Buchstaben „E“ stehen hat, der sollte nicht verzagen. Zwar bedeutet im Westen „E“ den verhassten Mittelsitz, aber in Russland sind Reihen oft mit russischen Buchstaben versehen. Die ersten Buchstaben im russischen Alphabet lauten transkribiert: A, B, W, G, D, E. Somit ist „E“ der Fensterplatz!
Oft weiß das Check- in- Personal nicht, wo auf dem Flieger Fenster sind und wo nicht, geschweige denn können sie nachvollziehen, wieso man hinten sitzen will. Dennoch sollte es möglich sein, den Wunschplatz zu ergattern. An jenem Tag war der Flieger zu zwei Drittel voll, mit beinahe allen Passagiere im vorderen Kabinendrittel eingecheckt.
Beim Einsteigen in die Yak nach LED fiel sofort das kondensierende Wasser auf – Discofeeling pur!
Am Flieger angekommen, ergoss sich aus der nun geöffneten Maschine am Heck Nebel, als wäre man in einer Disco. Diese Yak ist bereits mit einem modernisierten Klimasystem ausgestattet, ein wesentlicher Unterschied zu älteren Baujahren. Zwar generiert dieses immer noch Unmengen an Kondenswasser, dafür aber in Bodennähe und nicht von der Decke tropfend! Man boardet also den Flieger knietief in Dampf!
Der Pushback und das Anlassen der Triebwerke macht noch viel mehr Spaß, wenn es an vielen russischen Jets vorbei geht….
Die Yaks der Gazprom Avia scheinen sich in ihrer Kabinenausstattung nicht wirklich zu unterscheiden. Außen trug diese schon das einheitliche neue Farbkleid, mit den geschwungenen Linien. Einzig das Triebwerk dieses Airliners war wirklich nichts für schwache Nerven. Zwar sind die Laminatfetzen, die sich innen im Lufteinlass ablösten aus technischer Sicht nicht wirklich bedenklich, aber auf Laien wirkt dies nicht vertrauenerweckend. Diesen Schönheitsfehler teilen aber alle in die Jahre gekommenen YK2.
Gleich nachdem die Hecktüre geschlossen wurde, wurde das erste Triebwerk gestartet - und das ist auf dem Flieger ein echtes Highlight. Am besten vergleichbar mit den Rolls Royce Tay auf den Fokker 70 und 100, lediglich lauter, kreischender und sehr „metallen“. Der Startup dauert bei russischen Airlinern normalerweise sehr lange, bei der Yak-42 aber geht dieser vergleichsweise schnell von statten.
Die Overheadbins sind offensichtlich größer als in der TU-154, was ein großer Komfortgewinn ist, angesichts der vielen in Verwendung befindlichen Plastiksackerln in diesen Breitengraden. Der Boden ist bei allen Gazprom Fliegern mit dem obligatorischen Teppich ausgelegt, zur Materialschonung.
Nachdem die Maschine die Triebwerke angelassen hatte, rollte sie noch am neuen, auf die Auslieferung an Lao Cantral Airlines wartenden Sukhoi Superjet vorbei. Das Wetter und die Stimmung waren wieder einmal perfekt an diesem Tag, und ein Flug auf diesem klassischen Airliner ist bei diesem hervorragenden Zusammenspiel aller begleitenden Faktoren wirklich etwas Tolles für das Fliegerherz. Nachdem der Pilot die Maschine nach einer doch recht ordentlichen Beschleunigung sachte nach oben zog war klar, von allen Flügen auf der Yak-42 sollte dieser wohl der schönste werden. Oft sind bei älteren russischen Airlinern die Fenster zerkratzt, verschmiert oder poröse (gecrazed) und erlauben so kaum ordentliche Aufnahmen. Diese Yak aber hatte schöne Fenster!
Der Moment der Wahrheit, die Yak-42D beschleunigt auf der Piste
Der Flug nach Sankt Petersburg fand in idealem Wetter statt, kaum Turbulenzen und eine schöne Wolkenszenerie. Serviert wurde wie immer ein reichliches Menü, Tee und Kaffee. Dieser Flug nach LED war ein bisschen voller als der vorhergegangene eineinhalb Jahre zuvor, dennoch hatte man im Flieger nie das Gefühl von Platzmangel. Serviert wird bei Gazprom Avia selbst auf kurzen Flügen ein komplettes Gedeck mit allem Drum und Dran. Es handelte sich beim Flug nach LED um ein typisches, auf russischen Airlines oft serviertes, „Komplekt“. Dabei findet man neben kleinen Vor- und Nachspeisen auch verschiedene Brote, Aufschnitte und Aufstriche. Alles in allem, für den Preis und die Strecke, wesentlich mehr als man auf westlichen Airlines erwarten kann. Gazprom hat auch eine eigene Business Klasse. Die YK2 bietet hier Platz für eine 2+2 Bestuhlung und offeriert daher wesentlich mehr Komfort als die variable Business Klasse im Westen. Dass man als Airline im Betrieb weniger flexibel ist, war zur Zeit der Entwicklung dieser Maschine noch nicht von Bedeutung.
Dass man als Business Passagier auf Gazprom nach allen Regeln der russischen Gastfreundschaft umsorgt wird, ist selbstverständlich. Das Essen ist auch reichlich, mit sowohl warmen als auch kalten Bestandteilen. Und sollte man vom Pech verfolgt sein und mit Gazprom auf der Boeing fliegen, so kann man seinen Frust mit Alkohol lindern. Gazprom bot bis vor kurzem als eine der wenigen Airlines in Russland alkoholische Getränke wie Wein und Bier an. Und wenn man tatsächlich auf 10.000m über Russland in der Yak-42D diniert, dann ist es schon schön, wenn man darauf anstoßen kann!
Ein etwas detaillierterer Blick in die Kabine, untermalt vom Geräusch der 3 D-36 am Heck.
Der Landeanflug und die Landung waren ganz so wie man es sich wünschen würde. Vor allem die Klangkulisse ist immer ein wahrer Genuss auf der Yakovlev. Leider war der Flugzeugfriedhof in Petersburg mittlerweile merklich geschrumpft, und irgendwie muss man bei jeder Getränkedose, die man in Händen hält an die schönen Tupolevs, Ilyushins, Yakovlevs und Antonovs denken, die vielfach als 500 ml Gebinde wiedergeboren wurden und werden. Angesichts der wunderschönen Erlebnisse auf diesen Airlinern schmerzt das Herz eines Liebhabers, wenn man sie so zahlreich verschwinden sieht.
Eine traumhafte Landung in Sankt Petersburg!
In Petersburg verwendet man mittlerweile die einstigen TU-134 Abstellpositionen für Yak-42 Maschinen, da die TU3 kaum mehr in LED vertreten ist. Überraschend war das neu aus dem Boden herausgestampfte Terminal, mit welchem sich die Kapazität des Airports verdoppelt. Auch gibt es dort „echte“ A380 Gates, und wer da gleich an Emirates denkt, der wird wohl nicht ganz falsch liegen.
Beim Aussteigen aus dem Flieger durch die hintere Bordstiege vergewisserte sich der Kabinenchef noch einmal, ob eh alles gefallen habe. Diese Freundlichkeit und Offenheit ist nicht selbstverständlich….
Mit dem Abstellen der Triebwerke und dem Verlassen der Maschine war auch dieser perfekte Flug zu Ende. Obgleich Gazprom für Europas Luftverkehr irrelevant ist, so waren die Erfahrungen an Bord und am Boden mit dieser Airline mit die besten, die man machen konnte. Und sollte tatsächlich jemand die Option haben, diese Airline wählen zu können, so sollte man keine Sekunde zögern. Was aber wohl auch bei Gazprom enden wird, ist die Ära der eleganten Trijets aus dem Hause Yakovlev, einem Vollblut Kurzstreckenjet mit ganz besonderem Flair und Sound. Die Zukunft gehört anderen, bleibt nur zu hoffen dass die Vielfalt nicht verloren geht!
Nun wäre es aber Schade, angesichts dieser trüben Aussichten in Depressionen zu verfallen. Im 2. Teil der Reisen auf der Yak-42 geht es von Moskau aus an die Wolga, in die wunderschöne Stadt Saratov, an Bord der lokalen Airline SarAvia!
Text, Fotos & Videos, sofern nicht anders angegeben: Roman Maierhofer