Kann denn ein so vielgepriesenes Qualitätssystem wie bei Lufthansa derart versagen?
Die Kranich rühmt sich, nur gefestigte Persönlichkeiten in seine Cockpits zu lassen, nach strengen Selektionen. Aber wie um Himmels Willen konnte ein Psychiatriepatient mit Selbstmordtendenzen überhaupt für flugtauglich befunden werden?
Auf Anfrage von Austrian Wings erklärte die Lufthansa-Pressestelle dazu, dass man vom Fliegerarzt nur ein "tauglich" oder "nicht tauglich" betreffend die Pilotenanwärter mitgeteilt bekomme. Der Rest unterliege der ärztlichen Schweigepflicht. Unglaublich aber wahr: Ein Mann, der jahrelang wegen Selbstmordtendenzen in psychiatrischer Behandlung war und dies dem Fliegerarzt womöglich nicht mitteilte, konnte somit problemlos Menschen durch die Luft fliegen, sofern er sich nur gut genug zu verstellen vermochte.
Und die New York Times spricht aus, was viele Menschen denken: "Einige geben Lufthansa oder der Luftfahrtbehörde die Schuld, dass Sicherheitsmaßnahmen fehlen, die verhindern, dass ein depressiver Pilot ein Flugzeug fliegt." Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Luftfahrt gilt deshalb so sicher, weil stets aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen versucht wurde. Und genau deshalb muss auch jetzt das System weiter verbessert werden. Es müssen verpflichtende Interaktionen zwischen zuständigen Medizinern eingeführt, Ausnahmen von der ärztlichen Schweigepflicht geschaffen werden, jedenfalls wenn es um die Kommunikation von Medizinern untereinander geht. Egal, ob sich auch abschließend die Theorie von Lubitz' erweitertem Selbstmord bestätigt oder nicht: Nie wieder darf es vorkommen, dass ein derart psychisch schwerkranker Mensch in die Kanzel eines Verkehrsfluges als Pilot gelangt. Behörden, medizinische Institutionen und die Lufthansa müssen handeln. Es ist fünf nach zwölf.
Text: HP
Titelbild: Pilot bei der Arbeit im A320, Symbolbild aus dem Flugsimulator - Foto: AustrianWings Media Crew
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