Hintergrund der Ermittlungen ist die Praxis, dass Ryanair viele seiner Piloten nicht direkt anstellt, sondern als quasi "Scheinselbstständige" für Ryanair arbeiten.
"Für Ryanair fliegen derzeit nach einer Studie der Universität Gent rund 3000 Piloten, von denen viele nicht direkt bei der Billigfluglinie festangestellt sind. Viele werden von Personalagenturen wie Brookfield vermittelt und aufgefordert, mit Hilfe von ausgewählten Steuerberaterkanzleien Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach irischem Recht zu gründen. Die Piloten sind dann formal Geschäftsführer ihrer eigenen Firmen und arbeiten selbstständig für die Airline", heißt es in einem Bericht der "Tagesschau" dazu.
Und weiter: "Über diese Konstruktion sollen nach Angaben von Branchenkennern in Irland Hunderte Briefkastenfirmen entstanden sein. Eine dieser Firmen hatte der ehemalige Ryanair-Pilot Erik Fengler aus Leipzig im Jahr 2011 gegründet. "Auch auf Nachfrage hin bei Ryanair oder Brookfield wurde immer gesagt, dass rechtlich alles vollkommen in Ordnung und im Einklang mit europäischem und irischem Recht sei", erinnert sich Fengler im Gespräch mit der Recherchekooperation WDR, NDR und der "SZ".
Der junge Pilot wurde Gesellschafter und Geschäftsführer der LOGIC Aviation Ltd. Doch das Büro seiner Firma hat er nie betreten. Die Spur führt nach Dublin in ein anonymes Bürohaus unweit des Flughafens. Hier hat eine Steuerberatungskanzlei, die mit Brookfield Aviation zusammenarbeitet, Räumlichkeiten angemietet. Laut dem irischen Handelsregister residieren unter der gleichen Büroanschrift mehr als 200 Unternehmen, die in ihren Firmennamen die Bezeichnung "Aviation" - also Luftfahrt - haben. Piloten aus ganz Europa sind zumindest auf dem Papier Gesellschafter und Geschäftsführer dieser Firmen."
Arbeitsbedingungen sehr schlecht
Was der Airline kosten spart, verschlechtert die Arbeitsbedingungen für Piloten. Denn sie müssen sich selbst sozial absichern, es gebe keine Betriebsrenten. Zudem "tragen zudem ein hohes Risiko, was das monatliche Gehalt angeht, denn Ryanair garantiert ihnen keine Mindestflugstunden".
Die "Tagesschau" zitiert den bereits weiter oben erwähnten Ex-Piloten Fengler mit den Worten: "Man wird nur bezahlt, wenn man fliegt. Man bekommt einen Dienstplan vorgegeben, und wenn man es aus irgendeinem Grund nicht schafft, einen Dienst wahrzunehmen, wenn man zum Beispiel krank ist, dann bekommt man diese Stunden auch nicht bezahlt. Deshalb überlegt man sich dreimal, ob man sich krank meldet oder nicht."
Ähnliche Schilderungen bekam auch die Austrian Wings Redaktion in der Vergangenheit immer wieder zu hören. Fachleute sehen diesen Druck, unter dem Piloten bei Ryanair stehen, als sicherheitstechnisch bedenklich an. Ein Pilot, der namentlich ungenannt bleiben will: "Da haben Sie dann womöglich einen jungen Menschen in der Pseudo-Selbstständigkeit mit einem Haufen Schulden, der darauf angewiesen ist, zu fliegen oder bankrott zu gehen, weil er seinen Ausbildungskredit nicht mehr zurückzahlen kann. Ich möchte nicht so jemanden im Cockpit sitzen haben."
Bei etablierten Carriern dagegen haben die Piloten im Regelfall ein gutes soziales Netz und eine Festanstellung. Dies erhöht nach Ansicht von Branchenkennern die Sicherheit enorm, da die Piloten "den Kopf frei haben und nicht so häufig unter wirtschaftlichem Druck und dem Zwang zu fliegen stehen".
(red CZ, CvD, HP / Titelbild: Ryanair steht wegen der Arbeitsbedingungen seines Personals wieder einmal in der Kritik und ist ins Visier der Behörden geraten, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew)