Mehr Verbindungen nach Großbritannien
“Im vergangenen Winter haben wir ein Wachstum der Strecken um gut elf Prozent im deutschen Low Cost Verkehr festgestellt”, sagt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr. “Das sind 52 Verbindungen mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, wobei insbesondere die Streckendichte innerhalb Deutschlands mit elf Prozent und zwischen Deutschland und Großbritannien mit zehn Prozent deutlich zugenommen hat.” Verbindungen nach Spanien und Italien haben jeweils rund ein Prozent zugelegt. Derweil gab es auch Rückgänge im Low Cost Angebot, beispielsweise bei Verbindungen nach Norwegen.
Germanwings löst Air Berlin an der Spitze ab
“Deutliche Auswirkungen auf den Low Cost Verkehr ergeben sich aus der anhaltenden Neustrukturierung der Germanwings”, erläutert Berster. “Die Lufthansatochter bot in diesem Winter noch einmal 53 Prozent mehr Flüge an.” Mit insgesamt 1.800 Starts pro Woche und einem Marktanteil von mittlerweile 38 Prozent erobert die Airline, die zahlreiche klassische innerdeutsche und europäische Verbindungen der Lufthansa übernommen hat, den Spitzenplatz und verdrängt Air Berlin. Die Berliner Fluggesellschaft schrumpft indes ihr Low Cost Angebot weiter auf 1.700 Flüge pro Woche. Nur 35 Prozent aller Billigflüge finden sich noch im Angebot der Air Berlin. Insgesamt vereinen die sieben größten Low Cost Carrier Germanwings, AirBerlin, Ryanair, Easyjet, Wizz, flybe und Norwegian in diesem Winter 95 Prozent des deutschen LCC-Marktes auf sich.
Preise fallen erneut
Je nach Carrier lagen die über alle Strecken und Buchungszeiten ermittelten Durchschnittspreise zwischen 50 und 130 Euro brutto. Damit ist das Billigfliegen im Vergleich zum Frühjahr 2014 wieder günstiger geworden. Damals lag die durchschnittliche Preisspanne zwischen 70 und 160 Euro brutto. “Hierbei kommt ein zunehmender Wettbewerb zwischen den Low Cost Airlines zum Tragen”, so Berster. “Durch das verstärkte Angebot von Günstigflügen an großen Flughäfen, insbesondere durch die Pläne von Ryanair innerdeutsche Verbindungen wie die Strecke Köln/Bonn-Berlin wieder aufzunehmen, wird dieser direkte Wettbewerb künftig weiter zunehmen.”
Berliner Flughäfen melden höchstes Passagieraufkommen
Im Jahr 2014 nutzten auf den 26 internationalen und regionalen Verkehrsflughäfen in Deutschland über 67 Millionen Passagiere Billigflieger, was einem Anteil von rund 32 Prozent bei insgesamt 209 Millionen Passagieren entspricht. “Insgesamt hatten die Berliner Flughäfen zusammen genommen mit rund 18 Millionen Passagieren im Low Cost Verkehr das höchste Aufkommen aller Flughäfen in Deutschland”, erläutert Berster. “Dahinter folgen die Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg”. An den Flughäfen Hamburg und Düsseldorf hat es durch die Umstrukturierung von Lufthansa und Germanwings aber auch durch den Ausbau der Angebote von flybe, Easyjet oder Norwegian eine hohe Zunahme im Low Cost Segment gegeben. Auch Köln/Bonn konnte das Angebot an Low Cost Flügen steigern. Dies ist beispielsweise auf einen Ausbau der Angebote von Ryanair zurückzuführen. Im Gegensatz dazu gab es Rückgänge auf Flughäfen wie Lübeck, wo Ryanair sich komplett zurückgezogen hat und stattdessen Flüge vom Flughafen Hamburg aus anbietet.
Zehn Prozent Zuwachs bei Ryanair in Europa
Großbritannien bleibt mit rund 7.700 Starts pro Woche europaweit das Land mit dem größten Billigflugangebot. Auf den weiteren Plätzen folgen Deutschland, Italien und Spanien. Dabei baut Ryanair seine europaweite Spitzenposition mit einer satten zehnprozentigen Steigerung aus: Mit fast 8.400 Flügen pro Woche auf mehr als 1.500 Strecken erreicht die irische Airline vergangenen Winter einen europaweiten Marktanteil von 24 Prozent im Low Cost Segment. Easyjet schafft es dahinter auf Platz zwei mit immerhin noch 17 Prozent. Europaweit führt Barcelona mit 1.185 Starts die Rangliste der Flughafen im Low Cost Bereich an. Zusammengenommen kommen die drei Londoner Flughäfen auf 2.767 Starts. “Auf europäischer Ebene ist zu erkennen, dass durch die Angebote von Norwegian ab Skandinavien und London auch der Langstrecken Low Cost Verkehr nach Nordamerika und Asien zunimmt “, ergänzt Berster.
Low Cost und traditioneller Linienflugbetrieb
Die Geschäftsmodelle der Fluggesellschaften vermischen sich zunehmend. Etablierte Fluggesellschaften greifen über Tochtergesellschaften verstärkt in den Markt der preisgünstigen Flugangebote ein, wie etwa in Spanien die Gesellschaften Iberia mit Iberia Express und Vueling. In Deutschland hat Lufthansa ihre innerdeutschen und europäischen Flüge außer an den Drehkreuzflughäfen Frankfurt und München an die Tochtergesellschaft Germanwings abgegeben, wodurch es zu einem starken Anstieg bei den Low Cost Angeboten gekommen ist. Hier ist es teilweise zu einer Verschiebung zwischen den Gesellschaften gekommen. Ebenso wie Germanwings bieten inzwischen auch andere klassische Low Cost Carrier mit Preisaufschlägen verbundene Leistungen an, die sich vornehmlich an Geschäftsreisende richten. So werden die vom DLR im Low Cost Monitor betrachteten Fluggesellschaften nicht aufgrund ihres Geschäftsmodells identifiziert, sondern sind solche, die eine hohe Anzahl von Angeboten im Niedrigpreissegment des Gesamtmarktes aufweisen. Typisch für das Low Cost Preissegment bleiben die niedrigen Preise, ihre generelle Verfügbarkeit und die in Abhängigkeit von der Vorausbuchungsdauer große Spreizung zwischen dem billigsten und dem teuersten Preisangebot auf einer Strecke. Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche in der ersten Jahreshälfte 2015. Die Flugpreise wurden in einer zehnprozentigen Stichprobe aller Low Cost Strecken Deutschlands für vier verschiedene Zeitpunkte (Vorausbuchungszeitraum: 1 Tag, 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate) ermittelt.
(red / DLR / Titelbild: Symbolbild Germanwings - Foto: Austrian Wings Media Crew)