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Neue Erkenntnisse zum Aerotoxischen Syndrom

In diesen Minuten findet in Berlin eine Pressekonferenz statt, auf der neue Erkenntnisse zum Aerotoxischen Syndrom präsentiert werden.

Hintergrund ist der Fall von Warren Edward Brady. Brady war ein 46 Jahre alter Flugbegleiter bei British Airways und in Heathrow, UK stationiert. Er war 19 Jahre im Dienst der britischen Fluggesellschaft und wurde überwiegend auf Lang- sowie Ultra-Langstreckenflügen auf Maschinen des Typs Boeing 747 eingesetzt. Am 22. Juni 2014 war er Besatzungsmitglied eines Non-Stop-Fluges von Sao Paulo in Brasilien nach London Heathrow. Dieser Flug wurde mit zwei kompletten Besatzungen durchgeführt, die sich auf dem Flug abwechselten. Nachdem Brady die ersten drei Stunden des Fluges gearbeitet hatte, zog er sich zum Schlafen in das Crew-Rest-Compartment (spezielle Schlafkabinen für Crewmitglieder an Bord des Flugzeuges) im Heck der Boeing 747 zurück.

Einige Stunden vor der Ankunft in Heathrow hätte er sich eigentlich wieder zum Dienst in der Kabine melden müssen um seine Kollegen abzulösen. Er meldete sich jedoch nicht. Der Purser (Chef der Kabinenbesatzung) ging daraufhin in das Crew-Rest-Compartment und fand Brady dort leblos vor. Ein Arzt, der sich als Passagier an Bord befand, erklärte ihn für tot. Der Kapitän wurde informiert und kontaktierte daraufhin den BA Operations Control Room über das Satellitentelefon. Nach der Landung wurde der Leichnam von Bord und ins Leichenschauhaus gebracht. Im Auftrag des Senior Coroners of London West wurde eine Autopsie durchgeführt. Weder durch die Autopsie noch durch die toxikologische Untersuchung konnte die Todesursache festgestellt werden. Der Pathologe konstatierte daraufhin, Brady sei „an einem Herzstillstand mit einem morphologischen Herzen“ verstorben. Mit anderen Worten: er hatte einen Herzstillstand, trotz eines gesunden Herzens. Während der Autopsie wurde auch Gewebeproben des Herzens entnommen und im Auftrag des Rechtsbeistands von Bradys Mutter zur weiteren Untersuchung an Dr. Frank van de Goot geschickt. Van de Goot ist ein niederländischer forensischer Pathologe, der bereits früher zwei Autopsien an verstorbenen Besatzungsmitgliedern vorgenommen hatte: an Richard Westgate, einem 43 Jahre alten British Airways Piloten, der im Dezember 2012 starb und an Mathew Bass, einem 34 Jahre alten Besatzungsmitglied von British Airways, der im März 2014 tot aufgefunden wurde.

Dr. van de Goot untersuchte Bradys Herzgewebe (Myocardium) und stellte fest, dass der Muskel mit einer hohen Anzahl sogenannter T-Lymphozyten durchsetzt war. Diese hatten den Herzmuskel geschwächt, ein Phänomen, das auch als lymphozytäre Herzmuskelentzündung bekannt ist und einen tödlichen Zustand des Herzens beschreibt. Auch bei den Untersuchungen der Herzen von Richard Westgate und Mathew Brass hatte Dr. van de Goot bereits dasselbe Phänomen entdeckt.

Es gibt laut dem deutschen Fachjournalisten Tim van Beveren nur drei mögliche Ursachen für eine lymphozytäre Herzmuskelentzündung: 1. Krebs. Dies wurde durch die Autopsie ausgeschlossen. 2. Eine bakterielle oder virale Entzündung. Diese wurde durch die Autopsie ausgeschlossen. 3. Eine Aufnahme giftiger Substanzen.

Angesichts dessen, was über die Kontamination von Flugzeugbesatzungen an Bord bekannt ist (sowohl auf störungsfreien Flügen als auch bei sogenannten „fume events“), ist das laut van Beveren die wahrscheinliche Ursache für eine lymphozytäre Herzmuskelentzündung.

Angesichts der Tatsache, dass dies der dritte Fall ist, bei dem eine lymphozytäre Herzmuskelentzündung festgestellt wurde und angesichts der Tatsache, daß alle drei Verstorbenen Flugbesatzungsmitglieder waren, ist dies eine äußerst ernstzunehmende Angelegenheit. Dies hat bereits im Februar 2015 den amtlichen Leichenbeschauer („Senior Coroner“ - im England im Range eines Untersuchungsrichters) des County of Dorset zu einer öffentlichen Aufforderung an die Fluggesellschaft British Airways sowie die britische Luftaufsichtsbehörde (Civil Aviation Administration, CAA) veranlasst, um zukünftige Todesfälle zu vermeiden. Es gibt Belege, daß Warren Brady bereits einige Zeit vor seinem Tod Symptome des aerotoxischen Syndroms entwickelt hatte. Die Ermittlungen dauern an.

Anlässlich der Premiere der Filmdokumentation „Ungefiltert Eingeatmtet - Die Wahrheit über das Aerotoxische Syndrom“ des Berliner Journalisten und Filmemachers Tim van Beveren, die heute Premiere feiert, befinden sich alle an der Untersuchung beteiligten Wissenschaftler und Mediziner heute in Berlin, wo sie zur Stunde an einer Pressekonferenz teilnehmen.

Sowohl Dr. van de Goot, Professor Jeremy Ramsden als auch Dr. Michel Mulder (die drei Mediziner hatten bereits die Todesumstände von Richard Westgate untersucht) stehen den Anwesenden für  Fragen zur Verfügung. Ebenso ist der schottische Luftfahrt-Anwalt Frank Cannon anwesend sein, der bereits die Interessen des verstorbenen Piloten Richard Westgate vertreten hat. Cannon bereitet derzeit in England eine Sammelklage von 40 Betroffenen vor, darunter sowohl Besatzungsmitglieder als auch Passagiere.

(red / Tim van Beveren / Titelbild: Bei einem "Fume event", dem Eindringen toxischer Öldämpfe in die Flugzeugkabine, können Piloten Sauerstoffmasken aufsetzen, während die Passagiere den potentiell tödlichen Chemikalien schutzlos ausgeliefert sind, Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew