AUA-CEO Kratky: "Wir kaufen jetzt Defis für die gesamte Flotte!"
AED-Beschaffung billiger als das Wochengehalt des Lufthansa-Konzernchefs
Notfallmediziner von "PULS" bieten der AUA Unterstützung an
Wie schon 2013 berichtet, verzichtete die AUA bis dato bei ihrer gesamten Q400- und Fokker 70/100-Flotte (die bis 31. März 2015 im Einflussbereich der mittlerweile nicht mehr existenten Tyrolean Airways betrieben wurde) auf das Mitführen von halbautomatischen Defibrillatoren, so genannten AED. Dabei sind diese kleinen und von jedem Laien bedienbaren Geräte im Fall eines Kreislaufstillstandes einer Person an Bord lebensrettend, erhöhen sie doch die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten von mageren fünf (!) auf beträchtliche 70 Prozent, wie Notfallmediziner betonen. Obwohl internationale Studien diese Fakten unmissverständlich belegen, in den USA das Mitführen von "Defis" auf Verkehrsflugzeugen deshalb schon seit neun Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist, viele Airlines (darunter auch Low-Coster) freiwillig die gesamte Flotte mit solchen Geräten ausgestattet haben und der Europäische Rat für Wiederbelebung das Vorhalten von AED auf Verkehrsflugzeugen ausdrücklich empfiehlt, blieb die AUA bis vor wenigen Tagen bei ihrer ablehnenden Haltung. Die dafür vorgebrachte Begründung: Es gebe zu wenig Platz, um einen Defi sicher einzusetzen, außerdem sei eine rasche Landung im Ernstfall ausreichend.
Flugmediziner, Notärzte und Reanimationswissenschafter wiesen dies stets zurück und kritisierten, dass die bei der AUA für das Thema verantwortlichen Entscheidungsträger augenscheinlich nicht auf dem neuesten Stand der medizinischen Forschung sein konnten. Auch der Verein PULS, der sich dem Kampf gegen den plötzlichen Herztod verschrieben hat, bot der rot-weiß-roten Lufthansa-Tochter in Sachen Defis kostenlose Beratung an. Denn sich lediglich auf eine "zügige Notlandung" zu verlassen, oder angebliche "Sicherheitsbedenken" hinsichtlich eines AED-Einsatzes an Bord von Verkehrsflugzeugen vorzuschieben, stellt im Notfall unter Umständen höchste Nachlässigkeit zum Schaden des Patienten dar - darin sind sich Rettungsprofis einig.
"Jede Minute ohne suffiziente Wiederbelebungsmaßnahmen, zu denen die Defibrillation dazugehört, sinken die Überlebenschancen des Patienten um 10 Prozent", betonen Notfallmediziner. Selbst die raschestmögliche Notlandung auf dem nächsten erreichbaren Flughafen ist hingegen in weniger als 20 Minuten kaum denkbar. Realistisch vergehen eher gut 30 bis 45 Minuten, bis ein Patient also nach erlittenem Herzstillstand an Rettungskräfte am Boden übergeben werden kann, meinen erfahrene Piloten. Zu diesem Zeitpunkt wird der Herzpatient unter Umständen entweder nicht mehr zu retten sein, oder zumindest gravierende irreversible Hirnschäden erlitten haben, warnen Notärzte.
International anerkannte Experten: "Defi ist absolute Notwendigkeit!"
"Der Verein PULS sieht es als absolute Notwendigkeit an, jedes im Einsatz stehende Verkehrsflugzeug mit einem Defibrillator auszustatten", bekräftigt Dr. Markus Winnisch, Mitglied des PULS-Vorstandes, im Gespräch mit Austrian Wings. Und der Notfallmediziner weiß, wovon er spricht. Schließlich hat der Verein PULS unter anderem bereits den Flughafen Wien und die gesamte Wiener Polizei bei der Ausstattung mit AED fachkundig unterstützt.
Auch unterstreicht Winnisch die Verantwortung der AUA-Chefetage den Passagieren gegenüber: "Wir appellieren an Herrn Kratky persönlich im Sinne der Sicherheit seiner Fluggäste, jedes von Austrian Airlines eingesetzte Flugzeug mit einem Defibrillator auszustatten und sich so am Kampf gegen den plötzlichen Hertzod zu beteiligen." Und weiter: "Mit der richtigen Entscheidung können Sie, Herr Kratky, Leben retten!", richtet Notfallmediziner Winnisch aus.
AUA-Manager: "Defis werden nun auf gesamter Flotte eingeführt!"
Diese richtige Entscheidung hat der neue AUA-Chef, als eine seiner wohl ersten "Amtshandlungen", nun glücklicherweise getroffen. Als ausgebildeter Verkehrsflugzeugführer mit entsprechender Praxis, etwa auf Boeing 747 und MD-11, weiß er mit Sicherheit nur allzu gut selbst, wie lange es vom Erklären einer Luftnotlage bis zur durchgeführten Notlandung tatsächlich dauert. In einem persönlichen, vergangene Woche unserer Chefredaktion zugegangenen Schreiben bestätigt Kratky nun: "Wie ich vernommen habe, haben Sie sich (...) sehr für das Mitführen von Defibrillatoren an Bord der gesamten Austrian Flotte eingesetzt. Ich darf Ihnen daher mitteilen, dass wir das Thema nochmal gemeinsam mit unseren Fachbereichen (...) geprüft und beschlossen haben, die Defibrillatoren auf der gesamten Flotte (Dash, Fokker und später Embraer) einzuführen."
Weniger als ein Manager-Wochengehalt für alle Defis
Selbst in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten dürfte die dafür aufzuwendende Summe - insbesondere in Relation zu ihrem lebensrettenden Nutzen! - ohne gravierende Probleme stemmbar sein. Austrian Wings hat errechnet, dass die Beschaffung von Defibrillatoren für sämtliche noch unbestückten AUA-Maschinen weniger kosten würde, als Konzernmutter-Chef Carsten Spohr in einer einzigen Woche verdient.
Wann es endgültig Realität sein wird, dass auf allen Maschinen ein AED vorgehalten wird, steht allerdings noch in den Sternen. Die AUA-Pressestelle hierzu: "Im nächsten Schritt werden jetzt die Fachabteilungen einen Umsetzungsplan aufstellen, die Geräte müssen angeschafft werden, etc. Wir können daher jetzt noch nicht sagen, wann genau es soweit ist."
Nicht zuletzt die PULS-Experten begrüßen die nunmehrige Entscheidung der AUA und betonen, auch weiterhin für Unterstützung zur Verfügung zu stehen: "Das ist ein richtiger Entschluss. Wir stehen der AUA selbstverständlich jederzeit gerne beratend zur Seite, wenn sie dies wünscht", so Notfallmediziner Winnisch abschließend.
(red Aig / TUG / Titelbild: Q400 der AUA - bislang ohne Defi an Bord. AUA-CEO Kratky verspricht Abhilfe. - Foto: Austrian Wings Media Crew)