Reportagen

Von Doris Day, einem Ohrwurm und jeder Menge Legenden

Auch 2015 ist ein Gedenkjahr. Jährte sich voriges Jahr der Beginn des Ersten Weltkriegs zum hundertsten und die Alliierte Invasion in der Normandie zum siebzigsten Mal, so stehen heuer neben Anderem die Feierlichkeiten zum Gedenken an Die "Battle of Britain" vor 75 Jahren und dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren auf dem Programm. Dies schlägt sich auch im Programm vieler Flugshows sowohl in Europa als auch in Übersee nieder. Da unser letzter Besuch einer "Flying Legends" Show in Duxford nun doch schon einige Jahre zurücklag und die vorangekündigte Teilnehmerliste jedem Warbird-Enthusiasten das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen musste, beschlossen wir also, heuer wieder einmal im Juli dem Vereinigten Königreich einen Besuch abzustatten und uns für die zweitägige Show in Duxford unters Volk zu mischen. Auf dem Programm standen die wohl noch immer beste historische Flugshow in Europa, jede Menge Warbirds und ihre - ehemaligen und gegenwärtigen - Piloten, Reenactors, einige fliegende Premieren und schlußendlich besagter Ohrwurm, der das Ganze irgendwie auch stimmungstechnisch abrunden sollte. Dazu jedoch später mehr.

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Duxford ist für einen richtigen Enthusiasten vor allem Eins - Emotion pur. Auch heuer bildete keine Ausnahme, wo sonst kann man eine zweistellige Zahl an flugfähigen Spitfires, vier Mustangs, zwei Corsairs, vier Curtiss Hawks, zwei Gloster Gladiator, drei Hawker Doppeldecker aus der Zwischenkriegszeit oder die einzige noch flugfähige Bristol Blenheim weltweit bestaunen, und das alles im Flug und aus der Nähe am Boden?

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Auch viele Veteranen mischten sich auch heuer wieder unter die Besucher und beanworteten geduldig die Fragen vieler junger und älterer Besucher, während sie Bücher signierten. So war heuer zum Beispiel Keith Quilter zu Gast, einer der letzten noch lebenden "Fleet Air Arm"-"Corsair" Piloten. Er schilderte seine Erlebnisse während der erbitterten Schlachten während der letzte Monate des Kriegs im Pazifik, als sich die "FAA" gemeinsam mit den Amerikanern der Bedrohung durch die Kamikaze gegenüber sahen. (Wer mehr über Quilter, die "FAA" und den Kampf der "Royal Navy" im Pazifik während der letzten Kriegsmonate 1945 erfahren möchte, dem sei das neue Buch "The Kamikaze Hunters" von Will Ireland ans Herz gelegt, das Quilter bereitwillig während der Show signierte.)

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Wie schon erwähnt ist Duxford aber nicht nur eine Flugshow, sondern ein richtiger Event, von dem wir ja schon mehrfach berichten durften. Wer die neuesten Bücher suchte wurde genauso fündig wie Modellbauer auf der Suche nach Neuheiten oder schon lange vergriffenen Kits, Fliegerjacken gab es ebenso zu kaufen wie Gemälde namhafter Künstler wie Robert Taylor oder Nicholas Trudigan.

Und wer einfach in die Atmosphäre der 40er eintauchen wollte, konnte dies ebenso zwischen den großen Hangars tun, wo die "Manhattan Dolls" auch dieses Mal wieder ihre Bühne aufgebaut hatten, und in der Tradition der "Andrews Sisters" Hits und Oldies von anno dazumals zum Besten gaben.

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Es liess sich also ganz gut aushalten bis zum Beginn des Flugprogramms. Und das hatte es dieses Mal in sich, stand doch die Airshow-Premiere einer englischen Legende auf dem Programm. Die einzige weltweit noch flugfähige Bristol Blenheim war nach mehrjähriger Restauration endlich wieder in der Luft zu sehen, wo sie eine andere Legende, John Romain, äußerst dynamisch präsentierte. Die Blenheim war solo und in Formation mit mehreren Spitfire MkI und einer Hurricane zu bestaunen und erinnerte an den dramatischen Sommer 1940, als das Schicksal der englischen Nation an einem seidenen Faden hing, der "Fighter Command". das Royal Air Force Fighter Command sollte schlußendlich über die deutsche Luftwaffe triumphierten und somit die deutschen Invasionspläne zu Nichte machen.

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Daß der Krieg dann noch bis Mitte 1945 dauern sollte, lag neben vielen anderen Gründen auch daran, daß beide Seiten ihre Luftstreitkräfte kontinuierlich hochrüsteten und mit immer moderneren Kampfflugzeugen ausstatteten und es somit lange Zeit keiner Seite gelang, aus den erbitteten Kämpfen am Himmel Europas als klarer Sieger hervor zu gehen. Diese Entwicklung konnte man gut erkennen, wenn man sich die vorgeführten Maschinen genauer ansah. Von den Doppeldeckern der Vorkriegszeit, wie der Gloster Gladiator und der Hawker Fury, über die frühen Spitfires, Messerschmitts und Curtiss Hawks bis hin zu den Griffon Spitfires, SeaFurys, Corsairs und Mustangs der letzten Kriegsjahre reichte das Spektrum der vorgeführten Warbirds.

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Sie zauberten eine Soundkulisse in den Himmel über Duxford, die beeindruckend war. Vor allem zwei Typen seien hier zu nennen; Steve Hinton, eine weitere legendäre Gestalt unter den Warbird-Piloten hatte eine P-36 aus den USA mitgebracht, und sie flog gemeinsam mit der Hawk 75, der in Duxford beheimateten P-40 und einer weiteren P-40 späterer Bauserie in einer wohl einzigartigen Vierer-Formation.

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Aber auch die "andere Feldpostnummer" war zu bestaunen, und zwar in Form der zwei schon traditionell in Duxford fliegenden Buchons, spanischer Messerschmitt BF-109 Nachbauten mit englischem Merlin Motor, sowie der BF-109G der deutschen Messerschmitt Stiftung, die von einem originalen Daimler Benz Motor angetrieben wird. Die Zelle einer spanischen Buchon wurde hier mit einem originalen Triebwerk nachgerüstet, somit handelt es sich also nicht um eine 100% originale "Hundertneun" - der Begeisterung tat das aber keinen Abbruch.

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Auch die in Salzburg beheimateten "Flying Bulls" waren angereist, mußten ihre F4U-4 Corsair jedoch leider daheim lassen, sie hatte Motorprobleme. Dafür gaben sich die Lightning und die Mitchell jede Mühe und zauberten ein beeindruckendes Display in den Himmel. Netterweise ergab sich sogar die Möglichkeit, ein paar Worte mit Raimund Riedmann und Eric Goujon zu wechseln, die in einem der Zelte ein neues Magazin mit Fotografien von John Dibbs signierten, der unter vielen Anderen auch die Corsair und die Lightning der Bulls ins rechte fotografische Licht gerückt hat. (Dieses Magazin - "Air-to-Air" gibts übrigens mittlerweile auch hier bei Morawa zu kaufen-nicht gerade billig, aber für Enthusiasten gubts von mir durchaus eine Kaufempfehlung).

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Es erübrigt sich hier, alle Displays aufzuzählen, wir lassen hier lieber die Bilder für sich sprechen. Und so verging die Zeit wieder einmal wie im Flug und das große "Balbo" bildete den Schlußpunkt unter eine grandiose Show, die am Samstag, dem Tag mit besserem Wetter, mehr als 25.000 Leute nach Duxford gelockt hat. Der nächste Höhepunkt steht bereits ins Haus, am 19. und 20. September findet die große "Battle of Britain" Show statt. Man plant einen Massen-Alarmstart mit mehr als zehn Spitfires und einige weitere Highlights, sollte also jemand zufällig in der Nähe sein, ein Besuch lohnt sich. Allerdings gehen die Veranstalter für diese Show neue Wege der Vermarktung und so wird es die Eintrittskarten nur mehr im Vorverkauf geben, an den Tagen der Show wird man keine Karten mehr kaufen können. Man will damit genauer abschätzen können, wieviele Besucher zu erwarten sind, um diesen ein noch besseres Programm und eine bessere Nutzung der Flächen auf dem Gelände zu ermöglichen. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen.

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Ach ja, der Ohrwurm! Nun, einer der Songs, den die "Manhattan Dolls" zum Besten gaben war "Sentimental Journey", einer der ersten Hits einer 1945 noch relativ unbekannten Sängerin, die später mit dem Titel "Que Sera Sera" weltberühmnt werden sollte-Doris Day. Meine Freundin summte die Melodie dieses Songs dann die restliche Zeit unseres England-Urlaubs, und e voila, der Ohrwurm ward gepflanzt. Rückschauend muß ich sagen, daß dieser Titel genauso gut als Hyme für "Flying Legends" durchgehen könnte und somit ein mehr als würdiger Ohrwurm ist. Ich halte es nun mit einer anderen großartigen Sängerin aus der selben Zeit, Vera Lynn. Duxford "We´ll meet again!" Wir haben unseren Besuch mehr als genossen und werden Duxford sicher wieder einen Besuch abstatten.

Zum Abschluß noch ein kleiner Auszug aus der fotografischen Ausbeute des diesjährigen Besuchs.

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Text: Phil Weber
Fotos: Julia Wallner & Phil Weber