Punktlandung

Austrian Airlines (AUA): We fly for your smile ... tatsächlich?

In der jüngsten Vergangenheit machte die österreichische Lufthansa-Tochter Austrian Airlines in erster Linie durch Crewmangel, angebliche Krankenstandswellen bei den Besatzungen (die von Insidern als "Lüge" des Vorstandes bezeichnet werden, was dieser wiederum zurückweist) und daraus resultierenden Flugstreichungen von sich reden - im negativen Sinn. Auch am heutigen Samstag musste die Airline schon wieder Flüge streichen, weil Piloten fehlten. Nachfolgend schildert ein Passagier in einem Gastkommentar seine ganz persönlichen Erfahrungen mit der rot-weiß-roten Airline und ihrer Mutter Lufthansa.

We fly for your smile – das ist die Werbekampagne der Austrian. Leider zauberte die Vorgehensweise der Austrian und Ihres Mutterkonzerns, der Lufthansa, am vorletzten Wochenende kein Lächeln auf die Lippen ihrer Fluggäste, die auf den Flug OS 456 von London Heathrow T2 nach Wien Schwechat gebucht waren, eher schon Tränen in die Augen.

Guter Dinge nahm ich am Samstag dem 18.07.2015 das Erlebnis, einen Flug London – Wien in Angriff. Doch die Dinge sollten einen anderen Lauf als erwartet nehmen.

Samstag, 18.07.2015

14:14 Uhr: Ich erhalte ein SMS mit dem Inhalt "Ihr Flug wurde storniert" plus Link. Das ist im Ausland natürlich sehr hilfreich, denn da bezahlt man mal gleich jede Menge Roaminggebühren. Da ich aber schon um circa 14:20 Uhr beim Flughafen eintreffe, begebe ich mich gleich zum Schalter Lufthansa/Austrian/Swiss der in London im Terminal 2 von Menzies Aviation betrieben wird. Dort ist schon viel los. Zuerst mal eine halbe Stunde warten, klar der Weltkonzern LH/AUA/Swiss kann sich ja nicht mehr als 3 Angestellte leisten, die zur Kundenbetreuung vor Ort sind.

Circa 15:00 Uhr: Nun geht es los, und die sehr nette Dame ist wirklich bemüht. Aber aufgrund der aus Wien ankommenden Informationen ist auch sie bald verzweifelt. Die Informationen aus Wien zum Ausfall OS 456 widersprechen sich zum Teil, es kommt schon der Gedanke auf, dass in Wien nicht gerade ein sehr versiertes Team in dieser Schicht arbeitet. In weiterer Folge wird uns mitgeteilt, dass wir nach Frankfurt/Main (FRA) umgebucht werden und dort übernachten müssen. Wir haben aber das Hotel am Flughafen inklusive Shuttle zum Hotel und Verpflegung, heißt es. Nun gut, dann nehmen wir halt den Kranich in Anspruch.

Es ergeben sich aber schon die nächsten Probleme. Da mein Ticket bereits Änderungen hinter sich hat, kann es nicht so einfach umgebucht werden, auch von versierten Agenten nicht. Der Chef muss einspringen und nach einer guten Stunde ist auch das geschafft. Die Schlange hinter mir weitet sich aus, die letzten Reisenden sieht man gar nicht mehr. Auch mein Vorschlag, in LHR ein Hotel zu bekommen und am Sonntag nach Wien zu fliegen, wird nicht angenommen. Anscheinend sieht man sich nicht in der Lage, auf einen der British oder anderen Flüge am Sonntag zu buchen, die Anweisungen aus Wien sehen anderes vor.

16:50 Uhr: Hurra, geschafft. Ab zur Gepäckabgabe. Sitzplatz zum Aussuchen gibt's natürlich nicht, Gutscheine für Verpflegung auch nicht. Man kommt ja schon um 22:00 Uhr in FRA an.

17:40 Uhr: Auch die Sicherheitskontrolle ist geschafft. Na, dann noch etwas zum Essen gekauft. Inzwischen habe ich mit anderen „Gestrandeten“ des Fluges OS 456 Kontakt, es verwundert mich, dass jeder eine andere Erklärung zum Ausfall des Fluges bekommen hat. Da ist von technischen Problemen die Rede, auch davon dass die Crew nicht zum Abflug erschienen wäre. Das ist alles schon ein wenig suspekt.

18:11 Uhr: Erster Tiefpunkt, auf der Rollbahn 27R hebt die Austrian Q400 OE-LGO als Flug Swiss 2325 nach Genf ab. Klar, muss man verstehen. Flugzeuge zu verleasen bringt mehr Geld als ein paar (50 und mehr) Kunden von London nach Wien zu fliegen.

19:10 Uhr: Das Boarding auf Flug LH 919 nach FRA beginnt.

19:20 Uhr: Ich erhalte ein Mail dass Flug LH 919 bereit ist zum Boarding. Hat nur einen kleinen Fehler. Der A321-100 D-AISV ist bereits auf dem Weg zur Rollbahn 27R.

21:46 Uhr: Ankunft in FRA. Wir geistern auf dem Taxiway herum, finden kein Gate. Erst um 22:00 Uhr dürfen wir endlich an einem Gate andocken. Was jetzt folgt, ist einer Bankrotterklärung des Lufthansa-Konzerns und seiner Töchter gleichzusetzen.

Am Gate ist niemand um die umgeleiteten Fluggäste in Empfang zu nehmen. Da steht auch kein Mitarbeiter von Airline oder Flughafen, den man fragen könnte. Also ab Richtung Ausgang. Nächste Hürde Transferdesk, dort ist alles abgesperrt, erst mit Nachdruck erhält man von Lufthansamitarbeitern die Auskunft, dass man zum Schalter in Halle B gehen muss.

22:10 Uhr: Passkontrolle, von 12 Schaltern sind 8 offen. Sinnvollerweise sind die Schalter, an denen man mit Reisepässen der Europäischen Union passieren kann, geschlossen.
Somit stellen sich alle an den Schaltern „alle Pässe“ an, und man muss natürlich lange warten. Gleichzeitig sind Flüge aus Nicht-EU-Ländern angekommen, und die Grenzbeamten müssen umständlich Visa überprüfen. Eine Glanzleistung des Flughafens Frankfurt am Main.

22:30 Uhr: Nachdem wir uns zu dritt eine kurze Reihe gesucht haben, sind wir auch schon durch die Passkontrolle. Jetzt suchen wir die Halle B. Der beschilderte Durchgang ist um diese Zeit schon gesperrt, also außen herum. Das ist ganz schön dürftig für den Heimatflughafen der Lufthansa. Nach Angestellten dieser Firma sucht man vergebens, alle sind schon auf dem Weg nach Hause. Schließlich erklärt man uns mit einem schnoddrigen „Da müssen se außen rum“ den Weg.

Endlich den Lufthansa-Schalter in der Halle B gefunden. Die Hälfte ist schon zu, klar in der Nacht ist ja nichts los, glaubt man. Ein Schalter ist frei und wir sind schon dort. Aber der Lufthansa Mitarbeiter weiß von nichts. Der Flug aus London war ja pünktlich. Also müssen wir ihm umständlich erklären, dass wir eigentlich gar nicht in FRA sondern in Wien sein sollten. Dann folgt der erste Versuch die Hotelgutscheine auszudrucken. Das funktioniert natürlich nicht. Erst als ich mitbekomme dass an einem anderen Schalter bereits 2 unserer „Gestrandeten-Reisegruppe“ Gutscheine haben, stelle ich den Kontakt zwischen den beiden Lufthansa- Mitarbeitern her. Dabei kommen wir drauf, dass die beiden sich am Telefon vom Hotel-Desk gegenseitig blockiert haben. Die LH-Mitarbeiterin hat mit dem Ausdruck auch gleich alle Hotelreservierungen gelöscht und die anderen LH-Mitarbeiter blockiert. Also alles nochmal neu und wieder ist gut eine Stunde verloren. Das wäre natürlich nicht geschehen, hätte der Weltkonzern Lufthansa einen Mitarbeiter mit den bereits ausgedruckten Gutscheinen an das Ankunftsgate von Flug LH 919 gestellt. Muss man aber verstehen, vielleicht hätte ja jemand auf sein Recht verzichtet und man hätte Geld gespart. Das Bilanzergebnis des Konzerns scheint wichtiger zu sein als Kundendienst.

23:15 Uhr: Endlich die Gutscheine in der Hand, zwar falsch beschriftet, aber man hat sie mal. Hier die nächste Niederlage, der Weiterflug am nächsten Morgen startet um 6:50. Trotzdem bucht man uns in Hotels bis zu 50 km Entfernung. Unseres, das Hotel Maritim Rhein-Main in Darmstadt, liegt 25 Kilometer vom Flughafen entfernt. Idyllisch mitten in der Stadt am Südende des Darmstädter Hauptbahnhofes. Die Küche hat um 22:45 zugesperrt und Frühstück gibt es erst ab 6:30 Uhr. Diejenigen wenigen, die im Würfelspiel um die Unterbringung das Hotel Kempinski am Flughafen gewonnen haben, bekommen einen € 20.- Gutschein für Verpflegung. Wir nicht einmal was aus der LH-Lounge am Flughafen, weder am Abend noch am Morgen. Und dürfen auch noch eine halbe Stunde früher aufstehen. Mein Vorschlag, uns auf den Nachtzug nach Wien zu buchen wurde natürlich abgelehnt, es gibt ja keine Kooperation zwischen ÖBB und Austrian oder Lufthansa und der DB ...

Zwei Mitreisende haben inzwischen ihr Gepäck bei der Gepäckausgabe abgeholt. Nanu, das sollte ja nach Wien durchgecheckt sein und am Rollband in FRA keine Runden fahren. Ich erwische den Supervisor des LH-Schalters und spreche ihn darauf an. Er beteuert dass dem so sein sollte. Wenn jetzt niemand unser Gepäck als Souvenir vom Rollband mitgenommen hat, dann sollte es auch in Wien sein, auf den Kranich kann man sich verlassen. Ich merke mir den Herrn Schneider als Referenz, denn die Qualität hat seit London nur bei der Crew im Flieger gestimmt. Auf den Verpflegungsnotstand angesprochen, zuckt der Herr Schneider nur mit den Achseln. Wahrscheinlich braucht der Kranich seine Verpflegung für Vorstandssitzungen.

23:20 Uhr: Vor dem Flughafen wird's turbulent. Es sind keine Taxis da. Klar, am Weltflughafen Frankfurt ist ja nachts nichts los. Wir stoppen die ankommenden Taxis und schicken zuerst Familien mit Kindern in ihre Hotels. Nicht einmal das bekommt die Lufthansa hin. Seit London sind wir selber am Organisieren und nur mit Nachdruck und Beharrlichkeit kommt man zu seinem Recht.

23:45 Uhr: Dank eines sehr guten Taxifahrers kommen wir, unter voller Ausnützung der deutschen Straßenverkehrsordnung, bereits vor Mitternacht im Hotel an. Dort hat man uns wenigstens Getränke zum Mitnehmen vorbereitet. Essen gibt’s aber keins, im Umkreis von 200 Metern um das Hotel ist auch kein Standort einer Fast-Food- Kette oder ein Restaurant auszumachen.

Sonntag, 19.07.2015

00:20 Endlich im Zimmer; groß, geräumig, schön, aber ein bisschen geruchsintensiv. Speziell aus der Porzellanabteilung (auch WC/Bad genannt). Frische Wäsche ist natürlich nicht, wir wussten ja nicht dass unser nach Wien durchgechecktes Gepäck in FRA am Gepäckkarussell Runden dreht. Noch das Fenster geöffnet und, hurra, ein Gruß von der DB Netze AG, wir schlafen direkt am Bahndamm und das geht bis zum frühen Morgen durch.

04:30 Uhr: Tagwache, ein Flieger will erreicht werden. Man hätte ja auch auf den Frühflug OS 128 um 07:50 umbuchen können. Aber wahrscheinlich braucht die Lufthansa das Geld, oder die Kommunikation der Konzernmutter mit ihren Töchtern ist ein wenig gestört.

Wenn ich mit dem Flug OS 128 geflogen wäre, dann hätte ich auch mein bestelltes Menü von Do & Co bekommen können. Das hätte man ja abends nach FRA schicken können. Aber diese kundenfreundliche Lösung kann man von durchschnittlich begabten Mitarbeitern in der Austrian-Disposition wahrlich nicht verlangen.

04:55 Uhr: Unser selbst organisiertes Taxi bringt uns unter denselben Bedingungen wie am Abend wieder schnell zum Flughafen. Natürlich zum Terminal B. Sicherheitshalber haben wir unser Taxi selber organisiert denn die Lufthansa scheint nicht mit den Taxiunternehmen zu kommunizieren.

05:10 Uhr: Am Terminal B checken wir ein. Vor der Sicherheitskontrolle steht bei Flug LH 1232 noch Gate B angeschrieben, danach plötzlich Gate A28. Wahrscheinlich haben die Mainzelmännchen den Flieger mal schnell rumgeschoben. Die sind ja in der Gegend zu Hause und hatten vielleicht nichts anderes vor.

05:20 Uhr: Auch am Gate A28 und in der LH-Lounge gibt es für uns kein Frühstück. Nur einen einsamen Kaffeeautomaten und 2 LH-Mitarbeiter, die aber anscheinend nur schauen und für nichts zuständig sind.

06:20 Uhr: Allerdings bekomme ich jetzt wieder ein Mail vom Kranich. Unser Abfluggate hat sich geändert, na sowas, diesmal wenigstens vor dem Taxi zur Rollbahn. Wir checken in den A321 D-AIRC ein.

08:10 Uhr: Wir kommen in Wien an und die nette Purserin verspricht uns, dass wir in Kürze am Gate anlegen. Doch nicht einmal das Versprechen kann die Lufthansa einlösen. Wir stehen am Apron und haben eine Busreise zum fast leeren Skylink gewonnen. Hat der Kranich seine Flughafengebühren für LH 1232 nicht bezahlen können weil wir soviel Geld gekostet haben ? Fast könnte man Schuldgefühle entwickeln.

Conclusio:

Lufthansa, nie wieder. Die Austrian hängt da mit drin, denn seit der Übernahme geht es im Kundendienst, speziell Abweichungsmanagement und After-Flight-Service steil bergab.

Konkret:

Beim Ausfall des Fluges wurde die EU-Verordnung 261/2004 als nicht existent befunden. Entweder die Austrian und die Lufthansa sind davon befreit, oder man hat bewusst, zur Kostenminimierung, versucht den Kunden Leistungen vorzuenthalten. De facto:

  • Alternativvorschläge seitens der Kunden (Übernachtung in London/Flug am Sonntag Morgen nach Wien, ab Frankfurt im Nachtzug der ÖBB nach Wien) wurden ignoriert.
  • Die Hotels wurden in einer nicht zumutbaren Entfernung zum Flughafen in Abhängigkeit zum Zeitpunkt des Weiterfluges gebucht.
  • Es wurden die Fluggäste bei der Verpflegung ungleich behandelt. Diejenigen, die in ein Hotel gebucht waren, welches um 23:00 noch Verpflegung anbot bzw. um 04:00 Frühstück, waren klar bevorzugt (Kempinski Airport).
  • Es gab auch am Sonntag Morgen keinen Zutritt zu den Lufthansa Lounges in Frankfurt.
  • Familien mit Kindern wurden nachts unzumutbar in Hotels weitab geschickt, es wurden keine späteren Flüge nach Wien gebucht, damit man im Hotel wenigstens ein Frühstück zu sich nehmen konnte.
  • Erklärungsbedarf besteht über die divergierende Auskunftserteilung bezüglich des Ausfalles des Fluges OS 456. Nach eigener Recherche waren ein Großteil der A319/320/321-Flotte am Samstag dem 18. 7. 2015 auf Reisebüro- bzw. Charterflügen unterwegs. Somit kann die Austrian nicht höhere Gewalt für den Ausfall des Fluges geltend machen, sondern sich bestenfalls für schlechte Disposition oder mangelhafte Einteilung des Fluggerätes und der Crew entschuldigen. (Eine Liste mit den durchgeführten A319/320/321-Flügen dieses Tages liegt der Redaktion vor, Anm.)

Hinweis der Redaktion: Von Austrian Wings mit diesen Vorwürfen konfrontiert, erklärte eine AUA-Sprecherin: "Wir entschuldigen uns vielmals für die entstandenen Unannehmlichkeiten und sind untröstlich." Man werde den Fall zur konkreten Überprüfung an die Abteilung für Kundenbeziehungen (Neudeutsch für Beschwerdestelle) weiterleiten.

Text: Gerold Rauter
Titelbild: A321 der AUA im Landeanflug, Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.