Für die Versuche fliegen zwei DLR-Forschungsflugzeuge in typischen Reiseflughöhen zwischen neun und zwölf Kilometern hintereinander in Formation in einem dafür gesperrten Luftraum. „Angeführt wird die Formation vom zweistrahligen Airbus A320 ATRA, der vom Flughafen in Manching startet und zuvor mit einer bis zu 48-prozentigen Mischung aus einem alternativen Treibstoff und herkömmlichem Jet-A1 betankt wurde“, sagt der Leiter des DLR-Forschungsflugbetriebs Oliver Brieger. „Der zum Flugversuchsträger umgebaute Mittelstrecken-Passagierjet ist ein ideales, repräsentatives Forschungsobjekt für die Wissenschaftler mit seinen weltweit tausendfach eingesetzten Triebwerken der Baureihe V2500.“ Dahinter fliegt die mit zahlreichen Messgeräten ausgestatte Falcon. Sie startet vom DLR-Standort in Oberpfaffenhofen und misst die Abgaszusammensetzung und Kondensstreifen-Eigenschaften in einer Entfernung von weniger als 100 Metern bis 20 Kilometern hinter ATRA. Zudem finden nach jedem Flug ergänzende Abgasmessungen am Boden statt.
Abwechselnde Zusammensetzung des Treibstoffs
„Bei den verschiedenen Messflügen setzen wir jeweils einen alternativen Treibstoff mit einer anderen Zusammensetzung ein“, erklärt der Leiter des Projekts ECLIF (Emission and Climate Impact of Alternative Fuels) Dr. Patrick Le Clercq. Die zwei V2500-Triebwerke des ATRA werden gleichzeitig mit verschiedenen zugelassenen voll- und teilsynthetischen alternativen Treibstoffen betrieben. „Wir variieren dabei den Anteil der zyklischen Kohlenwasserstoffe in einem Bereich von 10 bis 19 Prozent und messen die Änderungen im Abgasstrahl“, so Le Clercq, der im DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart tätig ist. Die zyklischen Kohlenwasserstoffe, unter Forschern auch Aromaten genannt, sind maßgeblich für die Rußbildung bei der Verbrennung im Triebwerk verantwortlich. Ruß wiederum liefert im Flugzeugabgas Kondensationskeime für die Bildung von Kondensstreifen bei geeigneten meteorlogischen Bedingungen. Zum Vergleich gibt es Versuchsflüge mit dem reinen konventionellen Flugtreibstoff Jet-A1.
Fokus liegt auf Eiskristallen
Das Atmosphärenforschungsflugzeug Falcon ist vollgepackt mit Instrumenten, die die Anzahl und Größe der Rußpartikel, ebenso wie die Anzahl und Form der resultierenden Eiskristalle messen. „Anzahl, Größe und Form der Eiskristalle bestimmen die Strahlungswirkung von Kondensstreifen“, sagt Dr. Hans Schlager vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. „Wir wollen herausfinden, wie die Zusammensetzung der verschiedenen Treibstoffe die strahlungswirksamen optischen Eigenschaften der resultierenden Eiskristalle verändern.“ Die Instrumentierung der Falcon erlaubt eine vollständige Erfassung der Emissionen im Abgasstrahl und der gebildeten Eiskristalle über den gesamten Größenbereich der Partikel. Dazu wurde auf der Falcon erstmals eine zusätzliche Laser-Partikelsonde eingesetzt, die einzelne Eispartikel in Kondensstreifen und resultierenden Zirruswolken abbilden kann.
Langfristig können die Erkenntnisse aus den jetzigen Flugversuchen eingesetzt werden, um verbesserte Flugtreibstoffe zu designen. „Denkbar ist beispielsweise die Synthese von Treibstoffen aus erneuerbaren Energiequellen für den Luftverkehr in Richtung klimagünstigerer Emissionen weiterzuentwickeln“, sagt Dr. Patrick Le Clercq. „In Bezug auf die CO2-Bilanz sowie auf die gesellschaftliche Akzeptanz sind dabei langfristig besonders Biomassequellen wie Camelina, Jatropha und Algen interessant, die nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehen.“
NASA führte auch Versuche durch
Schon heute zeigt der für den Luftverkehr zugelassene Biotreibstoff HEFA (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids) tendenziell eine günstigere Umwelt- und Klimaverträglichkeit im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin. Das konnten gemeinsame Flugversuche von DLR und NASA 2014 zeigen. Dabei führte die Falcon des DLR gemeinsam mit der DC-8 und einer Falcon der NASA Testflüge mit HEFA vom kalifornischen Palmdale aus durch. Messungen in Abgasstrahlen und Kondensstreifen von Flugzeugen erfordern viel Erfahrung und eine spezielle Messausrüstung. Diese hat das DLR in den vergangenen Jahren bei Messungen im Nachlauf von Flugzeugen aufgebaut. Seit dem Jahr 2000 wurde die DLR-Falcon bereits in verschiedenen Messkampagnen bei der Untersuchung von Emissionen und Kondensstreifen hinter Verkehrsflugzeugen eingesetzt.
Über ECLIF
Insgesamt werden im Projekt ECLIF die Emissionen alternativer Treibstoffe mit der ganzen Bandbreite der im DLR zur Verfügung stehenden Methoden analysiert, von der Verbrennungsanalyse in Laboren des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik, über Tests in Brennkammerprüfständen des DLR-Instituts für Antriebstechnik, bis hin zu den nun stattfindenden Abgasmessungen des Instituts für Physik der Atmosphäre im Flugversuch. Wissenschaftler der NASA vom Langley Research Center, und der Universität Oslo beteiligen sich an den ergänzenden Bodenmessungen bei Standläufen mit dem A320 ATRA auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) in Manching. Die WTD 61 unterstützt das DLR ebenfalls bei der logistischen Abwicklung der Flugversuche.
(red / DLR / Titelbild: A320-Forschungsflugzeug des DLR - Foto: Nicoloas Eschenbach)