Niemand weiß genau, was so manchen AUA-Marketingstrategen durch den Kopf gehen dürfte, wenn es den Markenauftritt der Airline betrifft. Schade eigentlich. Denn wenn es beispielsweise um die Qualität von Technik oder Crew Resource Management geht, können wohl zahlreiche Fluggesellschaften von der rot-weiß-roten Lufthansa-Tochter Austrian Airlines lernen. Was hingegen die Bereiche Marketing und Öffentlichkeitsarbeit anbelangt, so dürfte die AUA selbst wohl noch einige Nachhilfestunden gebrauchen.
Aktuellster Streich: eine groß angekündigte "myAustrian"-Kampagne. Mit viel Pomp und Trara wurde der erste "my"-Jet im vergangenen Jahr gefeiert. Jetzt ist von der Euphorie und dem Lobgesang nicht mehr viel übrig. Man hat eher den Eindruck, die für diesen Kurzzeit-Hype Verantwortlichen haben intern, still und heimlich, ein Requiem angestimmt, während nach außen mit Müh und Not versucht wird, die Bruchlandung der Kampagne als eine "von Anfang an geplante Strategie" zu erklären.
Jedenfalls gestalten sich die momentanen Auswirkungen derart, dass aktuell vier verschiedene Austrian-Designs am Start sind. Da gibt es die seit vielen Jahren etablierte AUA-Livery mit blauer "Bauchbemalung", einen Airbus A321 (OE-LBC) im "myAustrian" Design samt schattiertem AUA-Pfeil, darüber hinaus zwei B767, eine B777, einen Airbus A319 und einen Embraer in "myAustrian"-Farben ohne Pfeilschattierung, sowie - ganz aktuell - die erst vorgestern eingetroffene OE-LDG (Airbus A319) mit "neuem" Design, ohne schattiertem Pfeile-Logo, und mittlerweile auch ohne "my" vor dem Austrian-Schriftzug.
Dass rund um Markenauftritt & Co. die Kranich-Tochter ihre Flughöhe des öfteren wenig stabil halten konnte, zeigen verschiedenste Beispiele aus der Vergangenheit.
Schon etwa nach dem Ankauf der Rheintalflug, als es hieß, sämtliche bestehenden Konzernmarken (Austrian, Tyrolean, Lauda und eben Rheintalflug) sollten "mit jeweils eigener Daseinsberechtigung" bestehen bleiben. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Rheintalflug in Tyrolean integriert wurde.
Eine Kaskade weiterer Geniestreiche gelang nach Übernahme der Lauda Air. Diese wollte man als "Tourismusmarke" unbedingt erhalten. Weshalb man in der Folge allerdings alle bis auf eine Ex-Lauda-B737 auf AUA-Farben umlackieren und, quasi im selben Atemzug, zwei AUA-A320 auf Lauda-Design umpinseln musste, erschließt sich kaum.
Auch an der Marke Tyrolean wollte man mit der Zeit nicht mehr so richtig festhalten. Es gab fortan nur noch AUA-Flugnummern und die im AUA-Design gehaltene Kurzzeitmarke "Austrian Arrows", versehen mit dem Zusatz "operated by Tyrolean".
Apropos "operated by Tyrolean" - dies galt selbstverständlich auch für den noch verbliebenen Lauda-Flieger im AUA-Konzern. Dieser musste sohin Botschafter für gleich drei Marken werden: "Lauda, the Austrian way to holidays, operated by Tyrolean" prangte es auf der Maschine. Das reichte, um täglich Passagiere und Bodenpersonal - angesichts der zwischenzeitlich von Niki Lauda neu gegründeten Billigfluglinie NIKI - zur Verzweiflung zu bringen. Ein ehemaliger NIKI Check In-Agent berichtet: "Täglich standen Fluggäste bei mir am NIKI-Schalter, die ein Lauda-Ticket in Händen hielten - und umgekehrt. Niemand verstand, weshalb man diese Submarke mit Gewalt aufrecht erhalten wollte."
Was das Thema "mit Gewalt" angeht, hinterließ auch der von CEO Jaan Albrecht auf Biegen und Brechen durchgepeitschte und später für rechtswidrig erklärte Betriebsübergang seine Spuren im AUA-Markenauftritt. Denn kurzzeitig zierte der Hinweis, "operated by Tyrolean", sämtliche Maschinen der Airline. Mit entsprechender Rezeption bei den Passagieren, wie eine Reisebüromitarbeiterin berichtet: "Tyrolean war eine jahrelang etablierte Marke im Regionalflugbereich. Plötzlich fragten mich Kunden bei einer USA-Flugbuchung, als sie den 'operated by Tyrolean'-Zusatz am Bestellschein sahen, ob sie tatsächlich mit einer Dash oder Fokker über den Atlantik befördert würden..."
Ebenfalls interessant anmutende Ausflüge gab es in jüngerer Vergangenheit beim Uniform-(Re-)Design. Kurz vor Jaan Albrechts Abbestellung wurde noch die Neubeschaffung von umgestalteten Outfits für Flug- und Bodencrews angekündigt, inklusive Presse-Event mit Modeschau von "Beispielentwürfen". Die Mitarbeiter selbst dürften davon wenig begeistert gewesen sein - nicht zuletzt deshalb, weil die Neuentwürfe den existierenden Uniformen frappant ähnlich sahen.
Viel Kopfschütteln um viele Marken-Ideen. So dürfte es vermutlich auch dem neuen AUA-CEO Kay Kratky ergangen sein, als dieser per Sommer 2015 die Geschicke des Konzerns zu leiten begann. Statt einer neuen kleidenden Tracht für die Crews setzte es eine (virtuelle) Tracht Prügel für die Verantwortlichen dieser Projekte - und das Thema war begraben. Das dafür veranschlagte Geld sei, angesichts einer wirtschaftlich gerade erst halbwegs sanierten Gesellschaft, in anderen Bereichen deutlich besser aufgehoben, war zu hören.
Und auch der "my"-Idee schien der neue Austrian-Boss wenig abgewinnen zu können. Was aus Insiderkreisen bereits zu vernehmen war, wurde nun zur Realität - die Flugzeugbemalung im "my"-Design wurde gestoppt. Alle weiteren Maschinen werden zwar in den neuen Farben, aber ohne den "my"-Schriftzug gestaltet. Und plötzlich heißt es aus dem Konzern, rund um das kurz zuvor noch eisern verteidigte Neudesign, dass man angeblich "von Anfang an" vorhatte, die "my"-Bemalung nur punktuell auf einzelnen Maschinen einzusetzen. Obgleich dies sämtlichen Ausführungen der Vergangenheit entgegen steht.
Austrian Airlines betreibt eine eigene Abteilung "Brand Management & Uniform Services". Deren Erfolgsbilanz dürfte angesichts der "my"-Bremse und des Uniform-Debakels ziemlich bescheiden ausfallen, nachdem Kratky die Anschnallzeichen aktiviert hat.
Nach dramatisch wirtschaftlichen Turbulenzen während der vergangenen Jahre hat die AUA es geschafft, sich wieder in Richtung Steigflug zu manövrieren. Zum Erfolg eines Unternehmens gehört zweifellos auch eine solide Marketing-Schiene, auf die es schnellstmöglich zuzusteuern gilt. Wenn diese künftig eine ebenso hohe Qualität wie die Leistung des technischen Personals oder die Ausbildung von Cockpit und Cabin Crew aufweist, würde dies mit Sicherheit auch deutlichen Aufwind für den rot-weiß-roten Carrier bedeuten.
Text: TUG, AG
Alle Fotos: Austrian Wings Media Crew
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.