Nach einem umstrittenen Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2013, in dem die Annahme durch das Europäische Parlament aufgrund von Bedenken hinsichtlich einer unzureichenden wissenschaftlichen Grundlage der Vorschriften nicht sicher war, treten am heutigen Donnerstag die neuen EU-Vorschriften zu Flugdienstzeiten für Flugbesatzungen in Kraft.
„EU-weit einheitliche Regelungen sind ein logischer Schritt, denn die durch Ermüdung ausgelösten Gefahren für die Flugsicherheit machen schließlich nicht an Landesgrenzen halt“, so Dirk Polloczek, Präsident des europäischen Pilotenverbandes ECA. „Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA wird die neuen Vorschriften auf Basis von Betriebsdaten in den nächsten drei Jahren wissenschaftlich überprüfen und in einzelnen Punkten ggf. nachbessern. Das gilt insbesondere für die sehr belastenden Nachflüge und Standby-Regelungen, bei denen wir davon ausgehen, dass die neuen Regelungen verbessert werden müssen.“
Die neuen Regelungen zielen darauf ab, der Ermüdung von Flugbesetzungen zu begegnen, die eine Gefahr für die Flugsicherheit darstellt. Sie gehen allerdings noch darüber hinaus und verlangen auch die proaktive Einführung eines eigenen Risikomanagements in den Betrieben. Doch die Komplexität der Regeln, deren unterschiedliche Auslegung und nur langsame Fortschritte hin zu einem echten Risikomanagement für Ermüdung lassen vermuten, dass auch nach der Übergangszeit von zwei Jahren viele Betreiber und nationale Behörden für den Wechsel noch nicht bereit sein werden.
„Aufgrund ihrer Komplexität stellt die Umsetzung der neuen Flugdienstzeitenregelung eine große Herausforderung dar. Ihre EU-weit einheitliche Interpretation ist nicht nur für Behörden und Unternehmen schwierig, sondern auch für den einzelnen Piloten“, so Markus Wahl, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit. „Entscheidend für die korrekte und einheitliche Auslegung sowie Anwendung der neuen Vorschriften ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit.“
Eine Umfrage unter 6.000 europäischen Piloten hat gezeigt, dass Ermüdung ein ernstes Problem in europäischen Cockpits darstellt. Das wahre Ausmaß des Problems wird durch diese Daten noch nicht einmal deutlich, da mehr als 70 Prozent der Vorkommnisse gar nicht gemeldet werden. Das soll jedoch mit der Einführung der neuen EU-Vorschriften ein Ende haben, denn die Meldung solcher Ereignisse ist ab sofort verpflichtend. Zusammen mit einer auf dem Just-Culture-Prinzip basierenden Sicherheitskultur in den Unternehmen, in der Flugbesatzungen aufgrund der Meldung solcher Vorfälle keine Repressalien zu befürchten haben, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung.
(red / Vereinigung Cockpit / Titelbild: Piloten bei ihrer Arbeit im Cockpit, Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew)