Ein Kinderbuch aus den 1960er-Jahren bezeichnete die Boeing 707 als den Vater und die B727 als Mutter des kleinen Jets namens „Bobby“. Dieser Name hat sich durchgesetzt. „Für Lufthanseaten und Flugzeugfans ist die B737 seit jeher der Bobby. Viele Passagiere und Mitarbeiter verbinden mit diesem Flugzeugmuster eine ganz besondere Zeit. Wir bedanken uns bei der B737 für fast 50 Jahre zuverlässige und erfolgreiche Operations“, sagt Klaus Froese, CEO Lufthansa Hub Frankfurt, anlässlich der Verabschiedung dieses Musters.
737-100
Anfang der 1960er Jahre war die Deutsche Lufthansa auf der Suche nach einem wirtschaftlichen zweistrahligen Kurz- und Mittelstreckenflugzeug. Da der Kranich bereits die Boeing 707 und Boeing 727 betrieb, lag es für ihn auf der Hand, wieder bei Boeing einzukaufen, obwohl mit der BAC-1-11 und der DC-9 zwei neue Muster anderer Hersteller zur Verfügung standen. Doch Boeing konnte sich zunächst nicht zur Entwicklung eines neuen Typs durchringen. Erst auf massiven Druck der Lufthansa stimmte das Management in Seattle schlließlich zu, dass Projekt Boeing 737 zu starten. Die öffentliche Bekanntgabe des Projektstartes erfolgte am 19. Februar 1965 - und Lufthansa hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 19 Maschinen fest bestellt.
Um Zeit und Entwicklungskosten zu sparen, übernahm Boeing für die 737 zahlreiche Technologien, die bereits bei den Vorgängermustern Boeing 707 und Boeing 727 zum Einsatz gekommen waren - obwohl auch das 737-Cockpit eine große Ähnlichkeit mit dem der 707 und der 727 aufwies, verzichtete man auf einen Flugingenieur. Dadurch konnten die Betriebskosten deutlich gesenkt werden.
Der Erstflug erfolgte am 9. April 1967, und bereits im Februar 1968 übernahm Lufthansa ihre erste Boeing 737-130, 21 weitere Maschinen sollten zeitnah folgen. Diese Variante war rund 29 Meter lang und bot Platz für maximal 124 Passagiere, wobei Lufthansa dieses Limit nicht voll ausschöpfte, sndern die Flugzeuge mit nur 103 Plätzen ausstatte. Die letzten 737-130 verließen die Flotte des Kranichs im Jahr 1982.
737-200
Bereits im Jahr 1968 stellte Boeing die 737-200 vor, die über einen rund zwei Meter längeren Rumpf als das Basismodell verfügte und Platz für bis zu 130 Passagiere bot. Auch diese Variante stellte Lufthansa rasch in den Dienst, darunter auch sechs Maschinen der Version "QC", was für "Quick Change" stand.
Tagsüber beförderten diese "QC"-Maschinen Passagiere, in der Nacht Luftfracht. Zum schnelleren Be- und Entladen verfügten sie auf der linken vorderen Rumpfseite über eine Frachtluke. Insgesamt setzte Lufthansa 30 Maschinen der Baureihe -200 ein, die zwischen 1994 und 1998 ausgeflottet und durch den Airbus A319 ersetzt wurden.
737-300
Mitte der 1980er Jahre stellte Boeing die 737-300 vor, die abermals über einen verlängerten Rumpf verfügte, der nun bis zu 149 Passagiere aufnehmen konnte. Zudem wurde die -300 nicht mehr von JT8D-Turbinen (wie die Baureihen -100/200) angetrieben, sondern durch damals hoochmoderne CFM56.
Obwohl erste Bildschirme ins Cockpit einzogen, blieb auch das Cockpit der 737-300 ein recht konventioneller "Uhrenladen".
Insgesamt beschaffte Lufthansa 41 Maschinen dieses Typs, von denen die letzten - wie berichtet - am 29. Oktober 2016 ausgemustert wurden.
737-400
Im Juni 1986 gab Boeing die Entwicklung einer gestreckten Version mit der Bezeichnung 737-400 für maximal 189 Passagiere bekannt. Diese Version war als Konkurrent zum A320 sowie als Ersatz für die in die Jahre gekommene 727 gedacht, die im Betrieb durch ihre drei JT8D-Triebwerke und den Flugingenieur im Cockpit, zu teuer geworden war.
Äußerlich war die -400 gegenüber der 737-300 durch einen zweiten Notausstieg über der Tragfläche auf jeder Seite zu erkennen. Lufthansa kaufte 1991 sechs mit 141 Sitzplätzen ausgestattete Maschinen, die von 1992 bis 1997 im Dienst standen.
737-500
Die Boeing 737-500 war in etwa so groß wie die 737-200, aber natürlich wesentlich kosteneffizienter dank ihrer modernen treibstoffsparenden Triebwerke. Sie wurde 1987 vorgestellt und hob zwei Jahre später erstmals ab.
Noch im gleichen Jahr übernahm Lufthansa ihre erste Maschine der Baureihe -500. Im Laufe der Jahre betrieb der Kranich 30 Boeing 737-500, von denen die letzte im Frühjahr 2016 stillgelegt wurde.
Nachdem sich Lufthansa bereits Anfang / Mitte der 1990er Jahre auf die A320-Familie als zukünftiges Kurz- und Mittelstreckenmuster festgelegt hatte, bestellte die Airline keine Boeing 737 der neueren Baureihen mehr - sehr zum Leidwesen zahlreicher Luftfahrtenthusaisten. Aus operationeller Sicht bietet die A320-Familie jedoch unter anderem den unbestreitbaren Vorteil, dass im Unterflurfrachtraum Container befördert werden können - im Gegensatz zur 737. Trotzdem bleibt die 737 bis heute das erfolgreichste Verkehrsflugzeug aller Zeiten. Aktuell liegen Boeing mehr als 13.500 Bestellungen für seinen Bestseller vor, rund 9.200 Maschinen wurden bisher ausgeliefert.
In den vergangenen 48 Jahren legten die insgesamt fast 150 Boeing 737 der Lufthansa rund 2,3 Milliarden Kilometer zurück - das entspricht mehr als 57.000 Erdumrundungen - und beförderten dabei etwa 250 Millionen Passagiere.
Flugkapitän Ulrich Pade, der am 29. Oktober den allerletzten 737-Linienflug bei Lufthansa durchführte, wehmütig: "Das Fliegen ist hier noch direkter zu spüren als in einem Airbus. Aber natürlich macht es für die Lufthansa Sinn, auf der Kurzstrecke nur ein Muster zu betreiben. Das sind Synergieeffekte, die man realisieren will."
Bye, bye, Bobby! We will miss you ...
(red / Titelbild: Lufthansa-Techniker in Berlin Schönefeld verabschieden die Bobby - Foto: Lufthansa)