Punktlandung

Defis bei Ryanair: Halbe Sachen mit Halbautomaten

Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew

Dass es in der Luftfahrt zahlreiche Vorschriften gibt, ist nicht neu. Lebensrettende Defibrillatoren an Bord mitzuführen, bleibt in Europa allerdings noch immer eine freiwillige Entscheidung der Airlines. Wer ein Mindestmaß an Verständnis für Sicherheit hat, hält derartige Geräte selbstverständlich an Bord vor. Bei manchen dauert es allerdings etwas länger.

Wer billige Flugtickets kauft, darf sich über fehlenden - oder zumindest aufpreispflichtigen - Komfort nicht wundern. Soviel steht außer Frage. Beim Thema Sicherheit hingegen sollte der Rotstift allerdings nichts zu suchen haben. Das hingegen steht wiederum nicht für alle außer Frage.

Sicherheit hat in der Luftfahrt viele Gesichter. Das beginnt bei der Schulung des Personals, funktionierendem Crew Resource Management, hochqualitativer technischer Wartung, schließt aber auch sekundäre Sicherheitsaspekte nicht aus. Denn ereilt einen Fluggast ein medizinischer Notfall hoch über den Wolken, ist die Zeitspanne bis zur nächstmöglichen rettungsdienstlichen Versorgung selbst auf Kurzstreckenflügen sehr lange.

Halbautomatische Defibrillatoren (kurz "Halbautomaten" oder "AED") finden sich zur Bekämpfung des plötzlichen Herztods daher schon in zahlreichen öffentlichen Gebäuden und auch in den Streifenwagen der Wiener Polizei. In europäischen Flugzeugen gehören die kleinen Lebensretter, welche auch ohne spezifische Ausbildung von jedem Laien gefahrlos bedient werden können, allerdings noch nicht zum festgeschriebenen Standard-Equipment.

Halbautomatischer Defibrillator AED Symbolbild Sujetbild Foto Huber Austrian Wings Media Crew
Halbautomatischer Defibrillator, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew

Derartige Geräte an Bord mitzuführen, ist jedoch selbst für viele Billigflieger absoluter Standard. Bei easyJet etwa finden sich auf allen Maschinen AED als unverzichtbarer Bestandteil der Standardausrüstung. Und Platzhirsch Ryanair? - Da hat Tim Howe Schröder, Corporate Sales & Marketing Manager für Österreich, Deutschland und die Schweiz, im August 2015 gegenüber Austrian Wings noch vollmundig angekündigt: "Ja, Defibrillatoren kommen nun auch mit an Bord!"

Ende Oktober 2016 klangen die Töne beim irischen Low Coster schon dissonanter. Die Beantwortung der einfachen Frage, wie es denn nun mit der Defi-Vorhaltung auf den Maschinen bestellt sei, glich einer Odysee. Die Konzernkommunikation wand sich mit abstrusesten Ausreden, anstatt einfachste, klare Antworten zu geben. Schließlich aber bekräftigte Kommunikationsschef Robin Kiely, dass man "auf allen Flugzeugen Defibrillatoren eingeführt" habe.

Spricht man allerdings mit Ryanair-Flugbegleitern, klingt die offensichtliche Realität jedoch ganz anders. "Wenn überhaupt", so ein Beschäftigter des Billigfliegers gegenüber unserer Redaktion, habe man "gerade einmal die Hälfte der Maschinen mit Defibrillatoren ausgerüstet". Von flächendeckender Vorhaltung sei man jedenfalls meilenweit entfernt. Doch wer weiß - womöglich versteht man beim Low-Coster unter "Einführung" etwas anderes als eine tatsächliche Umsetzung. Oder aber die Geräte sind auf der Hälfte der Maschinen so gut versteckt, dass sie selbst für das Flugpersonal bis dato unentdeckt blieben. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen, die ein Passagier mit dem "Servicecenter" des irischen Billigfliegers gemacht hat. "Auf schriftliche Nachfrage, ob es denn an Bord Defis gibt, erhielt ich überhaupt keine Antwort. Telefonisch wurde mir dann wiederholt gesagt, dass gar keine AED vorhanden sind", schildert der betroffene Fluggast gegenüber Austrian Wings.

Ob und wie viele AED es in Ryanair-Maschinen aktuell demnach gibt, scheint nicht einmal unternehmensintern bekannt zu sein.

Gehaltvoll sind bei Ryanair offensichtlich also weiterhin nur die Versprechungen. In der Umsetzung bleibt beim Billigflieger auch rund um das Thema Passagiersicherheit offensichtlich noch sehr vieles sehr billig.

(AG)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.