Streiken JA, aber bitte ohne Wirkung – das ist die Grundaussage einer neuen Studie, die die Lobby-Organisation Airlines for Europe (A4E) vorgelegt hat. „Mit fadenscheinigen Argumenten wird hier nach den jüngsten Arbeitsniederlegungen von Fuglotsen in Europa offenbar ein gezielter Angriff auf das Streikrecht gestartet. Eines der Grundrechte der Beschäftigten ist damit in Gefahr, und hier müssen wir entschieden dagegen auftreten“, so Daniel Liebhart, stellvertretender Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft vida und selbst Fluglotse.
Gefährliche Manipulation
Die Studie im Auftrag der europäischen Fluglinien-Vereinigung, der unter anderem auch die Lufthansa, Air France-KLM, aber auch Billigflieger wie Ryanair angehören, behauptet, dass Streiks einen immensen wirtschaftlichen Schaden anrichten würden. „Wir wissen mittlerweile, und das bestätigen auch unabhängige Experten, dass die angegeben Zahlen völlig übertrieben sind“, ärgert sich auch Johannes Schwarcz, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt: „Mit derartigen Studien sollen eindeutig Medien und auch Passagiere manipuliert und Stimmung gegen die Beschäftigten und ihre Rechte gemacht werden!“
Letzter Ausweg: Streik
Streik ist immer ein Zeichen sozialer Schwierigkeiten, so Liebhart: „Es ist wirklich das allerletzte Mittel, wenn wir auf sozialpartnerschaftlicher Ebene keine Lösung mehr finden und sämtliche Verhandlungsversuche gescheitert sind. Streiks gibt es also nur im äußersten Notfall. Unsere Streikgeschichte beweist, dass wir so immer am besten gefahren sind!“ Für den Gewerkschafter steht außer Zweifel, dass an der Versammlungsfreiheit bzw. am Streikrecht nicht gerüttelt werden darf: „Dafür machen wir uns selbstverständlich auch im Rest von Europa stark.“
Weg mit Minimum Service
In vielen Ländern ist das Streikrecht bei den Fluglotsen mit einem sogenannten Minimum Service verbunden. Es muss ein Notdienst eingerichtet werden. „Damit verliert der Streik jedoch an Stärke und Arbeitnehmerrechte werden zugunsten des Kapitals gekürzt“, kritisiert Liebhart. In Europa sei es mittlerweile so, dass gerade in Ländern mit Minimum Service am meisten gestreikt werde, etwa in Frankreich, Spanien oder auch Portugal: „Dort haben wir die absurde Situation, dass an Streiktagen mitunter mehr Menschen im Dienst sind als an normalen Arbeitstagen“, so der Gewerkschafter. Sollte Minimum Service bei den Lotsen flächendeckend eingeführt werden, geht Liebhart davon aus, dass Airlines diesen Notdienst ebenfalls einfordern werden, „damit Gewerkschaften bei einem eventuellen Streik nicht mehr alle Flugzeuge am Boden halten können.“
„In Österreich haben wir kein Minimum Service. Das heißt: Wenn wir streiken, steht wirklich alles still. Daher unterstützen wir die Forderung der Europäischen Transportarbeiter-Föderation, das Minimum Service abzuschaffen und das Streikrecht bedingungslos zu wahren“, so Liebhart. Auslöser vieler Streiks in Europa sind sicherheitsrelevante Themen wie zu wenig Personal oder technische Mängel, die nicht behoben werden. Es wird also sehr oft für die Sicherheit der Passagiere gestreikt.
Trauriges Schauspiel der großen Airlines
„Entlarvend finde ich, wie sich die fünf größten europäischen Airlinegruppen von Ryanair instrumentalisieren lassen“, ergänzt Johannes Schwarcz. „Die Studie und die darin enthaltenen Forderugnen sind 1:1 von Ryanair abgekupfert. Dass sich hier Air France und Lufthansa anschließen, ist letztklassig. Wir alle wissen, dass Ryanair prekäre Beschäftigungsverhältnisse fördert. Die Mitglieder der A4E sind gut beraten, sich nicht auf dieses Niveau zu begeben und sich stattdessen für mehr soziale Standards stark zu machen, anstatt zu versuchen, das Streikrecht weiter auszuhöhlen“, so der Vorsitzende.
(red / Gewerkschaft vida via APA-OTS)