Punktlandung

Entscheid zur dritten Piste am Flughafen Wien: Realitätsfremder geht's kaum noch

Die dritte Piste soll parallel zur hier abgebildeten 11/29 entstehen - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Am 9. Februar urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass die dritte Piste am Flughafen Wien nicht gebaut werden darf - Austrian Wings berichtete. Ein Urteil, das für viel Unverständnis sorgt.

Der europäische Luftverkehr ist eine Zukunfts- und Wachstumsbranche. Der Flughafen Wien bildet hier keine Ausnahme, wie auch die Passagierzahlen der vergangenen 62 Jahre eindrucksvoll belegen. Wurden im Jahr der Betriebsaufnahme, 1954, noch knapp 54.000 Passagiere gezählt, waren es 20 Jahre später - 1974 - bereits fast 2 Millionen Reisende. 1976/77 wurde wegen des stetig steigenden Passagieraufkommens eine zweite Piste (16/34) errichtet. Das Wachstum ging auch tatsächlich weiter: 1989 wurden schon schon beinahe 5 Millionen Gäste gezählt, 1999 mehr als 11 Millionen. Im Jahr 2012 wurden 22 Millionen Passagiere abgefertigt, 2016 nutzten mehr als 23,3 Millionen Passagiere den Wiener Flughafen. Ein Ende dieses erfreulichen Trends ist glücklicherweise nicht absehbar.

Dadurch, dass sich die Pisten 11/29 und 16/34 kreuzen, ist ein Parallelbetrieb nur eingeschränkt möglich, was die Anzahl der Flugbewegungen pro Stunde deutlich herabsetzt. Gerade in den Stoßzeiten in der Früh und am Abend kommt es seit vielen Jahren immer wieder zu Engpässen, Flugzeuge müssen auf dem Rollweg mit laufenden Triebwerken relativ lange warten oder gar Warteschleifen fliegen. Das alles führt zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch, belastet die Umwelt unnötig und kostet die Airlines eine Menge Geld.

Weitsichtige Airport-Manager haben deshalb bereits vor vielen Jahren die Notwendigkeit einer dritten Piste, die parallel zur bestehenden 11/29 errichtet werden sollte, erkannt und die notwendigen Schritte in die Wege geleitet. Rein rechnerisch hätte der VIE selbst dann noch eine Kapazität von "nur" 2,5 Pisten, aber es wäre definitiv eine Verbesserung zur gegenwärtigen Situation.

Die Pläne für die dritte Piste kippte jetzt - jedenfalls vorerst - das Bundesverwaltungsgericht. Die Richter begründeten ihren Urteilsspruch sinngemäß damit, dass mehr Flugverkehr auch mehr Umweltbelastung bedeute und dem Umweltschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen zu geben sei. Die Herren Juristen mögen damit sachlich gesehen grundsätzlich auf den ersten Blick sogar Recht haben, und doch zeigt es, dass nicht wenige heimische Richter in einem eigenen "Paragraphen-Paralleluniversium" leben dürften, das ihnen die Sicht auf die Realitäten des tatsächlichen Lebens versperrt.

Denn der Argumentation der Richter folgend, dürften keinerlei neue Industriebetriebe mehr errichtet werden, keine neuen U-Bahnen oder Straßenbahnen (auch sie verursachen Feinstaub - und das nicht zu knapp) sowie keine neuen Autos mehr zugelassen werden.

Und auch auf den zweiten Blick greift die Argumentation des BVwG nicht. Denn davon abgesehen, dass Flugzeuge nicht ewig mit Kerosin (Diesel) fliegen werden, sondern auf absehbare Zeit umweltfreundliche Alternativen als Antrieb zur Verfügung stehen werden müssen (einfach weil die Erdölreserven irgendwann erschöpft sind), wird der Flugverkehr trotzdem weiterhin wachsen, wenn es in Wien keine dritte Piste gibt. Der zusätzliche Verkehr wird sich dann eben zum Teil nach München, Pressburg/Bratislava oder Budapest verlagern. Auf dem Flughafen Wien - der eingeschränkt ebenfalls weiter wachsen wird - werden die Engpässe in den Stoßzeiten dagegen weiter zunehmen, was wiederum dazu führen wird, dass die Wartezeiten der Flugzeuge mit laufenden Triebwerken am Boden noch länger werden und noch mehr Jets in die Warteschleife müssen, was dann natürlich eine zusätzliche Belastung für die Umwelt darstellt.

Grüne, Bürgerinitiativen und die "Hauptsache gegen den Flughafen"-Querulanten, die seit Jahren zum Teil auf sehr emotionale unsachliche Weise gegen das Projekt dritte Piste gewettert haben, mögen im ersten Moment über das Urteil jubeln und sich über ihren "Sieg" freuen.

Doch bei objektiver Betrachtung haben ihnen die (welt- und lebensfremden) Richter des BVwG keinen Dienst erwiesen, da die Umweltbelastungen durch das Fehlen der dritten Piste - wie oberhalb beschrieben - eher zu- als abnehmen werden. Während gleichzeitig anderswo (München, Budapest, Pressburg/Bratislava u. a.) durch den dort zusätzlichen Flugverkehr neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die mit einer dritten Piste in Österreich entstanden wären. Mit anderen Worten: Der Richterspruch verhindert Arbeitsplätze und führt zu einer zusätzlichen Umweltbelastung.

Der Flughafen Wien hat bereits angekündigt, dieses unverständliche Urteil auf dem Rechtsweg bekämpfen zu wollen. Das ist gut. Denn es ist zu hoffen und auch anzunehmen, dass dieser Spruch der Richter des Bundesverwaltungsgericht von der nächsten Instanz aufgehoben wird. Zum Wohle des Wirtschaftsstandortes Österreich und der Umwelt.

Im übrigen ist der Autor dieser Zeilen der Meinung, dass die unsägliche Ticketabgabe sofort abgeschafft gehört.

(HP)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.