Gegen 11:40 Uhr schwebte der aus Aspern kommende EC135 mit der Kennung OE-XEA ein und setzte punktgenau auf der Dachlandeplattform des neuen Stützpunktes auf. Dieser ist mit einer beheizten Landeplattform, eigener Tankstelle, Aufenthalts- sowie Materialräumen ausgestattet und verfügt sogar über zwei Stellplätze (einer im Hangar, einer im Freien), sodass gegebenenfalls auch eine Ersatzmaschine oder ein anderer Helikopter, der einen außerplanmäßigen Tankstopp einlegt, problemlos abgestellt werden kann.
Bis zur Eröffnung dieser modernen und zentral gelegenen Basis von Christophorus 9 war es allerdings ein weiter Weg. Doch der Reihe nach. - Ursprünglich wurde die Flugrettung im Großraum Wien von der Flugpolizei durchgeführt. Der Notarzthelikopter Martin 3 war in der Kaserne in Wien Meidling stationiert und mit Pilot, Flugretter und Mediziner besetzt. Während das medizinische Personal von der Berufsrettung Wien (MA70) gestellt wurde, war der Pilot ein Angehöriger der Flugpolizei. Doch Ende der 1990er Jahre zeichnete sich ab, dass sich die Flugpolizei aus dem Luftrettungsbereich zurückziehen würde und daher wurde am 18. 10. 2000 zwischen dem Innenministerium und dem ÖAMTC ein Assistenzvertrag abgeschlossen. In diesem §15a-Vertrag wurde der Christophorus Flugrettungsverein vom Innenministerium mit der Durchführung von Rettungsflügen in jenen Gebieten beauftragt, die bis dahin von der Flugpolizei abgedeckt worden waren - davon betroffen war auch Wien.
Innerhalb weniger Monate musste der ÖAMTC nun für den neuen Wiener Notarzthubschrauber einen geeigneten Standort finden und wurde schließlich auf dem Areal der Opel Austria Werke fündig. An diesem historischen Ort - auf den Überresten der Pisten des alten Flughafens Aspern - entstand zunächst ein provisorischer Stützpunkt mit einem Zelt als Hangar und Containern als Aufenthalts- und Schlafräume für die Crew, damit der als Christophorus 9 bezeichnete Helikopter pünktlich am 1. April 2001 den Betrieb aufnehmen konnte. Die Crew des ersten Tages bestand aus dem damaligen Stützpunktleiter Cpt. Gerhard Trötzmüller, Notarzt Dr.Michael Zupancic und Flugretter Gottfried Gögginger und hatte gleich drei Einsätze zu bewältigen.
Der Sprit für den Helikopter kam in diesen Tagen aus einem Tankwagen.
Doch dieser Zustand konnte natürlich nicht von Dauer sein, denn "im Winter war es eiskalt, im Sommer unerträglich heiß", wie ein altgedienter Flugretter gegenüber Austrian Wings schildert.
Und so machte man sich beim ÖAMTC daran, eine solide Basis samt modernem Hangar und unterirdischem Treibstofflager zu errichten. Die Bauarbeiten starteten im November 2001, und bereits im Mai 2002 konnte das Gebäude bezogen werden.
Im Hangar befinden sich außer der Stellfläche für den Hubschrauber die Mannschaftsspinde sowie Depots für Kleidung, Verbrauchsmaterial und Werkzeug. Die Mannschaftsräume bestehen aus Wohnküche, Büro sowie Ruheräumen für die Crew. Zudem sind Sanitärräume vorhanden.
Ursprünglich hätte der ÖAMTC den Stützpunkt gemäß Pachtvertrag noch mehrere Jahrzehnte nutzen können, doch aus mehreren Gründen entschlossen sich die Verantwortlichen, C9 nun auf dem Dach der neuen ÖAMTC-Zentrale in Wien Erdberg zu stationieren.
Einerseits rückte mit der Seestadt ein neuer Stadtteil mit tausenden Wohnungen und Büros recht nah an die alte Basis heran, wodurch es mit Sicherheit zu vermehrten Beschwerden einzelner Bürger wegen des "Fluglärms" gekommen wäre. Andererseits ist ein im Norden der Stadt errichteter Heliport nicht optimal. Durch die Nähe zu den Donauauen liegt er gerade im Herbst und Winter oft im Nebel, wodurch Christophorus 9 in seiner Einsatzbereitschaft eingeschränkt wird. Außerdem ist er schlichtweg nicht zentral gelegen.
Das Einsatzgebiet des Notarzthubschraubers Christophorus 9 erstreckt sich über den gesamten Großraum Wien, das nordöstliche Niederösterreich sowie das nördliche Burgenland. Mit gut 2 Millionen Einwohnern im Einsatzbereich des Christophorus 9 deckt dieser Stützpunkt die dichtest besiedelte Region von ganz Österreich ab. Durch den neuen zentral gelegenen Stützpunkt sind die Anflugzeiten zu den Einsatzorten nun "ausgeglichener", und auch die Nebelproblematik wird nicht mehr so brisant sein wie zuvor.
Austrian Wings wünscht den Besatzungen von Christophorus 9 auch weiterhin "always happy landings" und eine glückliche Heimkehr von ihren Einsätzen!
Impressionen vom neuen Stützpunkt (Fotos: Austrian Wings Media Crew sowie Peter Hollos)
(red)