Die Unterlagen, welche der 34jährige Wiener uns vorgelegt hat, sprechen eine klare Sprache: Darin fordert das Unternehmen "T-1" im Auftrag des BP-Tankstellenpächters satte 180 Euro vom Kfz-Zulassungsbesitzer, droht ansonsten mit Besitzstörungsklage. Man wirft dem Fahrzeuglenker vor, den Wagen "länger als die erlaubte Parkzeit" am Tankstellengelände abgestellt zu haben. Die Zahlungsaufforderung erhielt der angebliche Täter bereits drei Tage nach dem Vorfall.
Dabei hatte der Kfz-Lenker, wie er gegenüber Austrian Wings ausführt, seinen Wagen infolge eines technischen Gebrechens außerplanmäßig am Tankstellengelände abgestellt, und zur Klärung sofort mit einem Mechaniker telefonisch Kontakt aufgenommen. Außerdem habe er das gebührenpflichtige Tankstellen-WC aufgesucht und einen Imbiss am BP-Kiosk erworben. Als er schließlich vom Mechaniker den Rückruf mit der Entwarnung bekam, setzte er seine Fahrt unmittelbar fort. "Ich war geschätzte 40 bis 45 Minuten am Tankstellengelände, bin von dort nicht weggegangen und habe darüber hinaus an der Tankstelle auch eine Konsumation getätigt", schüttelt der Betroffene den Kopf. "Dafür bezichtigt man mich jetzt einer Besitzstörung und droht mit Klage."
Bei der "T-1 Parkraumüberwachung" sieht man es anders: "An dieser Tankstelle herrscht jedenfalls eine nicht übliche Situation, da durch die Vielzahl der widerrechtlich parkierten Fahrzeuge eine tatsächliche Störung des Geschäftsbetriebes eintritt. Es ist für unseren Auftraggeber nicht mehr tolerierbar, dass dadurch diese Behinderung in Kauf genommen werden muss", so Parkwächter Gerhard Zemina auf Anfrage. Zudem sei das Fahrzeug deutlich länger, nämlich angeblich gut eine Stunde, am Gelände der Tankstelle gewesen.
Lenker wurde nicht angesprochen: Verletzung der Schadensminderungspflicht
Zemina räumt jedoch ein, dass sich "der Lenker während des gesamten Beobachtungszeitraumes im oder in unmittelbarer Nähe seines Fahrzeuges" befunden hatte. Die Tatsache, dass er somit nicht direkt angesprochen wurde - und dadurch Gelegenheit gehabt hätte, nicht nur seine Konsumation, sondern auch den technisch bedingten Nothalt darzulegen - wirft ein zweifelhaftes Licht auf den Privatüberwacher, da so rasch der Eindruck entsteht, es gehe nicht um die tatsächliche Entschärfung angespannter Parksituationen, sondern ausschließlich um bequeme Erwirtschaftung von Körberlgeld. Aber: "Ein Geschädigter hat, neben seinen Rechten, auch die Pflicht, auf zumutbare Weise an einer Schadensminderung mitzuwirken. In diesem Fall scheint dies sogar bewusst unterblieben zu sein", so ein Rechtsexperte. Das bedeutet: Obwohl man den Lenker direkt hätte ansprechen können, wie "T-1" auch einräumt, hat man dies augenscheinlich bewusst unterlassen, bereits mit dem offensichtlichen Hintergedanken, stattdessen eine kostenpflichtige Privat-Abmahnung zu schicken.
BP-Pressesprecherin Mag. Melanie Milchram-Pinter verteidigt den Einsatz des Privatsheriffs: "Die Vorgangsweise der Parkraumüberwachungsfirma ist genau definiert und erfolgt entsprechend den Vorgaben. Zunächst erfolgt eine kostenpflichtige Abmahnung mitsamt Aufforderung zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung durch den Rechtsvertreter unserer Tankstellenpächterin. Wird die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet und der Betrag nicht fristgerecht einbezahlt, kommt es zu einer Klage", erklärt die Unternehmensvertreterin.
"T-1" fiel bereits mehrfach unangenehm auf
Das in Wien ansässige Einzelunternehmen "T-1 Parkraumüberwachung" geriet bereits mehrfach auf Grund dubios empfundener Praktiken in die Schlagzeilen - etwa im Bereich des Wiener Motorikparks, wo der Grundstückseigentümer einer angrenzenden, brach liegenden Fläche sich der Dienste von "T-1" zu bedienen wusste, um unzählige Fahrzeuglenker, die auch nur mit zwei Reifen im Bankett parken, mit 180 Euro zur Kasse zu bitten. Auch in der Mödlinger City Center Parkgarage wurden bereits zahlreiche "Parksünder" auf ähnliche Art und Weise abgestraft, obgleich für viele Kfz-Lenker der Unterschied zwischen den Park & Ride-Tagesstellflächen und den zum Einkaufszentrum gehörenden Kurzparkplätzen nicht klar ersichtlich war. Besonderes Unverständnis rief in diesem Zusammenhang ein Fall hervor, bei welchem eine stillende Mutter abgestraft wurde - ebenfalls ohne vorherige persönliche Ansprache.
In Mödling hat man jedenfalls mittlerweile den von vielen als pure Abzocke empfundenen Machenschaften des "T-1" Einzelunternehmers Zemina eine Absage erteilt und setzt seit einigen Wochen auf ein transparentes Parkkonzept mit Hilfe von Ticketautomaten und 2-Stunden-Gratisparkzeit. Verstöße kosten nun auch keine Wucherbeträge mehr, sondern 40 Euro - die Überwachung obliegt der "Park & Control" (APCOA-Gruppe).
Privat-Abzockerei mit System
Die Praktik, sich mit derartigen "Geschäftsmodellen" ein lukratives Einkommen zu sichern, ist nicht neu. So schlug etwa der Fall von privater Anmietung ehemaliger Supermarkt-Parkplätze einer nicht mehr existenten Handelskette hohe Wellen. Offensichtlich hatte der Mieter diese Liegenschaften lediglich zum Zweck gemietet, Autolenker in eine "Park-Falle" tappen zu lassen und anschließend mit horrenden Beträgen abzustrafen.
Alternativen zur Flughafen-Tankstelle
Wer sich Ärger an der Flughafen-BP-Tankstelle ersparen möchte, findet in der näheren Umgebung mehrere Alternativen. Richtung Osten befinden sich im knapp 4 Kilometer entfernten Fischamend Tankstellen in der Reichsstraße 2 (Avanti) und der Wiener Straße 38 (Eni). Richtung Westen kann der Tank etwa im gut 8 Kilometer entfernten Schwechat vollgefüllt werden, dort sind in der Bruck Hainburger-Straße gleich vier Tankstellen (Jet, Avanti, Eni und Shell) angesiedelt.
(red Aig)