u der Halbjahresbilanz sagt Dr. Stefan Schulte, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL): „Die Passagier- und Frachtzahlen wachsen stärker als in vergangenen Jahren, hier sehen wir eine deutliche Erholung. Allerdings legen die deutschen Fluggesellschaften und Flughäfen schwächer zu als der Gesamtmarkt. Damit setzt sich auch im ersten Halbjahr 2017 eine Tendenz der letzten Jahre fort: Deutsche Luftverkehrsunternehmen verlieren weiter Marktanteile.“ So haben die deutschen Fluggesellschaften an hiesigen Flughäfen seit 2011 insgesamt 6 Prozent Marktanteile verloren und liegen aktuell nur noch bei 56 Prozent. Größter Wachstumstreiber bleibt das Low-Cost-Segment.
Die Halbjahresbilanz der deutschen Luftverkehrswirtschaft unterstreicht den politischen Handlungsbedarf: „Wenn wir die gute Anbindungsqualität für Wirtschaft und Verbraucher erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrt stärken wollen, müssen wir gegensteuern. Unsere Unternehmen machen ihren Job bei der Zukunftssicherung, aber auch die Politik ist gefordert. Denn für die sinkenden Marktanteile der deutschen Unternehmen sind ganz wesentlich auch politische Rahmenbedingungen verantwortlich, die vom Gesetzgeber hausgemacht sind“, so Schulte weiter.
Zu diesem Ergebnis kommt auch das im Auftrag der Bundesregierung erarbeitete Gutachten zur Markt- und Wettbewerbsentwicklung im Luftverkehr. Die Gutachter identifizieren nationale und europäische Sonderlasten als Hemmnis für die deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Dazu Schulte: „Für die Stärkung der deutschen Luftfahrt brauchen wir keinen Protektionismus, sondern faire Wettbewerbsbedingungen. Die Gutachter der Bundesregierung und das darauf fußende Luftverkehrskonzept des Bundesverkehrsministers machen die richtigen Vorschläge zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu gehören der Abbau der Luftverkehrsteuer und die Teilübernehme der Luftsicherheitskosten in den Bundeshaushalt.“
Zu der vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen weiteren Beschränkung der Betriebszeiten an deutschen Flughäfen und Verschärfung der Lärmgrenzwerte sagte Schulte: „Erst Mitte Juli stellte der Hessische Verwaltungsgerichtshof fest, dass es keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Gesundheitsgefahren durch Fluglärm gibt, die über die im Fluglärmschutzgesetz berücksichtigten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinausgehen. Damit bestätigt der Verwaltungsgerichtshof, dass es keine Rechtfertigung für verschärfte Grenzwerte im Fluglärmschutzgesetz gibt. Auch eine Auswertung der bisherigen Lärmwirkungsstudien, die die Charité durchgeführt und publiziert hat, kommt zu diesem Ergebnis.“
Die Ergebnisse der Halbjahresbilanz 2017 im Einzelnen:
§ Fluggesellschaften: Weltweit wuchs der Passagierluftverkehr um 7,9 Prozent, in Europa um 8,8 Prozent. Dieses Wachstum kommt auch bei den deutschen Fluggesellschaften an. Sie weisen ein Wachstum von 6,1 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum auf. Dies ist eine wesentlich bessere Entwicklung als im Jahr zuvor, als die deutschen Fluggesellschaften zum Halbjahr Rückgänge hinnehmen mussten. Allerdings liegen die deutschen Unternehmen weiterhin hinter dem dynamischen Wachstum in anderen Weltregionen zurück.
§ Flughäfen: Auch die deutschen Flughäfen konnten in den ersten sechs Monaten des Jahres deutlich zulegen. Sie begrüßten fast 110 Millionen an- und abreisende Fluggäste und damit 6,4 Prozent mehr Passagiere als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Dabei ist der internationale Verkehr deutlich stärker gewachsen als der inländische Flugverkehr. Auch bei den Flughäfen fällt das Wachstum aber unterdurchschnittlich aus, andere europäische Luftverkehrsstandorte konnten stärkere Wachstumsraten aufweisen.
§ Marktanteile: Das Wachstum an deutschen Flughäfen wird ganz wesentlich von ausländischen Fluggesellschaften getrieben. Damit setzt sich eine problematische Entwicklung der letzten Jahre auch im laufenden Jahr fort: Die deutschen Fluggesellschaften verlieren Marktanteile, während ausländische Fluggesellschaften im deutschen Markt Kapazitäten aufbauen und ihre Marktposition stärken. So ist der Marktanteil der deutschen Fluggesellschaften an hiesigen Flughäfen von 62 Prozent im Jahr 2011 auf nunmehr 56 Prozent gesunken.
§ Low Cost: Größter Wachstumstreiber im Passagierluftverkehr bleiben Low-Cost-Verkehre. Seit 2011 nahmen die Low-Cost-Verkehre an den deutschen Flughäfen um 120 Prozent zu, was den Wettbewerbs- und Kostendruck weiter verschärft. Im gleichen Zeitraum konnten die europäischen Netzwerk-Fluggesellschaften wie British Airways oder Air France ihr Angebot um 8 Prozent ausbauen. Deutsche Netzwerk-Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air Berlin haben ihr Flugangebot hingegen um 23 Prozent reduziert, u.a. weil sie Flüge auf Low-Cost-Plattformen verlagert haben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
§ Konnektivität: Die Anbindungsqualität der deutschen Flughäfen ist nach wie vor sehr gut: Im Sommer 2017 können von deutschen Flughäfen 356 internationale Ziele direkt mit dem Flugzeug erreicht werden. Das ist gut für die Verbraucher und vor allem auch für die exportorientierte deutsche Wirtschaft, die auf eine gute Anbindung auf dem Luftweg angewiesen ist. Allerdings holen wichtige Wettbewerbsländer wie etwa die Niederlande und Spanien auf. Sie konnten ihre Konnektivität, also die Anzahl von direkten Zielen und Frequenzen, in den vergangenen Jahren deutlich steigern.
§ Luftfracht: Der weltweite Frachtluftverkehr wuchs im ersten Halbjahr 2017 um 10,4 Prozent. Das ist eine deutlich positivere Bilanz als im Vorjahr, wo der Frachtverkehr mit 0,5 Prozent stagnierte. Die europäischen Fluggesellschaften sind mit 13,6 Prozent sogar stärker gewachsen als der weltweite Schnitt. Maßgeblich dafür war die hohe Nachfrage zwischen Europa und Asien. Doch weder die Lufthansa Cargo noch die großen Frachtflughäfen in Deutschland haben in der Größenordnung des weltweiten Durchschnittswachstums zulegen können.
(red / BDL)