Nach der Eröffnungsrede von Luftfahrtverbands Präsidenten Mario Rehulka, der wie immer darauf hinwies, dass weltweit bei täglich rund 105.000 Flügen, die daran beteiligten Mitarbeiter einen hervorragenden Job machen und alles bestens funktioniert, die Politik sich kaum einzumischen braucht und am besten gar nicht einmischen sollte, schon gar nicht mit Subventionen, sondern den Airports, Airlines u.v.m. einfach ihren Job machen lassen soll. Vier Milliarden Passagiere jährlich könnten diese Aussage Rehulkas durchaus bestätigen. Je mehr Passagiere, desto mehr Arbeitsplätze entstehen bei Airports, Airlines und auch im non-aviation Bereich. Der Standort Flughafen Wien entwickelt sich prächtig, der in Kürze zu errichtende Office Park 4 wird von Firmen, die den Flughafenstandort als große Chance sehen, fast gestürmt und neue Airlines geben sich in VIE die Klinken in die Hand, so Rehulka. Sorgen bestehen aber sehr wohl um die sich in der Insolvenz befindliche Air Berlin, die in VIE nach der LH-Group, einen großen Anteil am Passagieraufkommen generiert. Air Berlin und ihre Tochter "NIKI" hatten ehemals einen 15-prozentigen Anteil am Gesamtaufkommen, das aber nach der Insolvenz sowie der Umstrukturierung von NIKI, auf rund 7,2 Prozent geschrumpft ist. Rehulka hofft, dass vor allem die Mitarbeiter, bei NIKI, rund 800, nicht ihren Job verlieren werden. Sollte Air Berlin tatsächlich in die Pleite schlittern, so werden andere diese Lücke schließen und stehen eigentlich schon fast im Starthaus. Eurowings, easyJet und andere low-cost-carrier (LCC) sind schon am Planen. Ganz positiv sieht Rehulka "seine" ehemalige AUA, die erstens ein positives Halbjahresergebnis abgeliefert hat und zweitens die Umflottung der ehemaligen Fokker Jets auf Embraer 195 mehr als nur top gemeistert hat. Dies hat auch Stephan Hannemann, Verkaufsdirektor von Embraer für Mitteleuropa, neidlos anerkannt und bestätigt. Díe dahindarbende Alitalia war für Rehulka ein warnendes Beispiel, wie man als Belegschaft und Staat, eine ehemals renommierte Airline in den Konkurs führen kann. Ryanair und O`Leary wird's freuen, meinte Rehulka, der mit seiner Airline gut 40 Prozent Marktanteil und jede Menge Slots aus einer möglichen Alitalia Pleite generieren könnte.
Diesmal war auch Verkehrsminister Mag. Jörg Leichtfried als Redner geladen, der betonte, dass man die Verkehrspolitik viel attraktiver gestalten und auch die einzelnen Verkehrsträger besser vernetzen sollte. Leichtfried konnte aber nicht verhehlen, dass sein großes Steckenpferd aber die "schnelle" Bahn ist. Immer wieder verwies er auf die in Bau befindliche Koralmbahn sowie auf die Errichtung des Semmering-Basis-Tunnels, die dann bei der Inbetriebnahme eine wesentlich schnellere Verbindung in den Ballungsraum Wien sowie zum Wiener Flughafen ermöglichen. Österreich braucht einen attraktiven Luftverkehrsstandort, Stichwort: Export, Cargo usw., deswegen wird die Bundesregierung alles unternehmen, um die Konnektivität zur Standortverstärkung auszubauen. Der Standort Österreich ist auch ein wichtiger Markt für die Weltraumtechnologie, die ebenfalls staatlich gefördert wird. Der Minister sagt ja zur Luftfahrt, sieht sie aber auch kritisch. Flugverkehr bringt Menschen zueinander, trennt sie aber auch, meinte er und wollte seinen bemerkenswerten Satz nicht definieren. Airline Angelegenheiten sind natürlich auch Angelegenheiten von der EU, so der ehemalige Europaabgeordnete Jörg Leichtfried. Über die gänzliche Abschaffung der Flugverkehrsabgabe konnte bzw. wollte er aufgrund des Wahlkampfes keine Aussage mehr treffen.
Der Generalsekretär des Industriellenverbandes, Christoph Neumayer, war ganz begeistert vom Luftfahrtstandort Österreich und stellte fest, das rund 80.000 Jobs in Österreich von der Luftfahrt abhängen, die dritte Piste in VIE mehr als nur essenziell wäre und die Luftfahrt für die Industrie einen enorm hohen Stellenwert genießt. Er freut sich mit den Flughafen Wien Vorständen, dass der Verfassungsgerichtshof der Klage der Flughafen Wien AG, die dritte Piste nicht errichten zu dürfen, stattgegeben hat.
Die beiden Vertreter der großen Flugzeugproduzenten, von Airbus Julien Manhes und von Boeing Andrew C. Magill, hoben die Bestseller ihrer Produkte, A320 Familie bei Airbus und B737MAX bei Boeing besonders hervor. Jeder von beiden hatte hohe Verkaufs- und Auslieferungszahlen mitzuteilen. Bei Boeing sind es vor allem die LCC, die besonders gerne die B737MAX orderten, während auf Seiten von Airbus die A320 Familie großen Absatz findet. Die A321Neo sowie die B737MAX eignen sich auf für Langstreckenziele über den Nordatlantik und bremsen hier altgediente Langstreckenmuster aus. Von den Auslieferungen im Jahre 2016 war bei Airbus der A321Neo mit 41 Prozent Anteil, das am meisten ausgelieferte Flugzeug. Bei den Widebodies sind der A330Neo sowie die A350XWB, beide um einige dB leiser als die B787, die Verkaufsschlager bei Airbus. Boeing ist auf der Langstrecke mit der B787-1000 und B777NG auf der Erfolgswelle.
Stephan Hannemann, Verkaufsdirektor von Embraer für Mitteleuropa mit Sitz in Amsterdam betonte, dass 1200 E-Jets bei rund 70 Airlines weltweit in Betrieb sind und Embraer Marktführer bei den 70 bis 130 Sitzen ist. Von den E-Jets gibt es vier verschiedene Produkte, alle ohne Mittelsitze, d.h. man sitzt entweder am Fenster- oder Gangplatz, sie haben eine um 30 Prozent bessere Ökobilanz, sind daher sehr beliebt bei den Airports und damit auch kostengünstiger für ihre Betreiber. Der optimale Flügel macht die Embraer zum Leichtgewicht unter den NG-Flugzeugen, so Hannemann und daher wird er durch die geringeren Sitzplatzkosten auch sehr interessant für die LCC. Hannemann lobt auch die AUA, die es in kürzester Zeit geschafft hatte, seine Fokker Flotte durch 17 E-Jets mit "allen Drum und Dran" , wie Umschulungen usw. zu ersetzen.
Wer mit Wem? Versucht Ulrich Schulte-Strathaus, Direktor für Luftfahrt Strategie und Konzepte in Brüssel darzustellen. Luftfahrt, sagt er, sollte man nicht nur infrastrukturell betrachten, sondern auch politisch. Google weiß mehr über das Passagierverhalten als die Airlines selbst, sagt Strathaus. Hubs in Europa verlieren zusehends Passagiere an Hubs in den Golfstaaten, weil die EU die Flughafeninfrastruktur beschränkt. Flughäfen beteiligen sich somit an Flughäfen, dies wird immer mehr zum Geschäftsmodell der großen Hubs. Airlines beteiligen sich an Airlines. Der Kuchen der "sterbenden Airline" wird unter den "Lebenden" aufgeteilt, Zitat Schulte-Strathaus. Ein gutes Beispiel ist hier Air Berlin. Zwar noch nicht weg vom Fenster, aber schon wird sie unter den noch "Lebenden", um in der Diktion von Schulte-Strathaus zu bleiben, aufgeteilt. Lufthansa, Ryanair, Condor und EasyJet kämpfen schon um die besten Stücke der Airline. Innereuropäisch habe die LCC das beste Konzept, während transatlantisch die großen Systemcarrier die Nase vorne haben, meint Strathaus. Ryanair beförderte im letzten Jahr weit über 100 Millionen Passagiere mit 13.000 Mitarbeitern, LH beförderte auch über 100 Millionen Passagiere, hat aber mehr als 100.000 Mitarbeiter, sagte Strathaus. Etihad, Emirates und Qatar Airways sind nicht mehr die große Bedrohung der europäischen Luftfahrt meint Schulte-Strathaus, weil sie eben selbst mit großen Problemen zu kämpfen haben. Etihad muss seine Strategie neu ausrichten, Verluste mit Air Berlin und Alitalia sind nicht spurlos vorübergegangen, Emirates, der größte Betreiber von A380 muss danach trachten, wie er sie befüllt und Qatar hat große Probleme mit seinen Nachbarstaaten. Allein dreihundert tägliche Flüge über den Nordatlantik bietet das neue Bündnis von Delta/AF/KLM und Virgin Atlantik an und eine Ende der Reise ist noch nicht abzusehen. Ferner werden Regelungen über den Umgang mit Drohnen, Internet und Cybercrime in der Luftfahrt dringend geboten. Hier ist die EU sehr gefordert. Brexit und die Planungssicherheit, wie sie die Luftfahrt kennt, sind auch noch nicht geklärt, sagt Schulte-Strathaus.
Im abschließenden Club-Talk und Leitung von Mag. Pohanka, wurde wie schon seit Jahren, über die zu errichtende dritte Piste am Flughafen Wien diskutiert, alle am Podium waren und sind der Meinung, dass sie unbedingt kommen muß. Zuviel Zeit und auch Geld ist da schon investiert worden, aber doch zum Vorteil der betroffenen Bevölkerung. Leider werden noch Jahre ins Land ziehen (Gerichtsentscheid) bis es zum tatsächlichen Baubeginn kommen wird. Seitens der Austro Control betonte Dr. Sommerbauer, dass der SES (single european sky) eine sehr zähe Geschichte darstellt, einen Schritt vorwärts, bedeutet drei Schritte zurück usw.. Es sind hier halt nationale Eigenheiten, um nicht zu sagen Eitelkeiten zu bekämpfen. Sehr wohl hat man aber mit einigen östlichen Nachbarstaaten, vor allem mit Slowenien, was die Flugsicherung betrifft, eigene Wege beschritten. Sommerbauer freut sich aber auch, das easyJet das österreichische AOC erhalten hat. Grund waren wohl sehr gute Verhandlungen, der bevorstehende Brexit, die top Qualität und die Serviceorientierung der österreichischen Flugsicherung. Wir waren ein Kandidat von vielen und haben durch unsere konsequente Art, den Zuschlag erhalten. Flughafenvorstand Jäger hofft somit, dass easyJet dann letztlich auch eigene Flugzeuge am Flughafen Wien stationieren wird. Mehr Arbeitsplätze inklusive. AUA Chef Kratky betonte, dass die Zusammenarbeit mit Airport und Homecarrier gut ist, aber noch viel besser sein könnte. Airport und sein Homecarrier sollten sich ergänzen, wie auch immer das gemeint ist. Die Behörde, vertreten durch Frau Mag. Ursula Zechner, versprach hilfreich zur Seite zu stehen, Reden mit allen Stakeholdern, auch über die umwelt- und soziale Frage sowie eine Taskforce einzurichten, um Flughäfen und Airlines optimal zu entwickeln.
Text & Fotos: Franz Zussner