Punktlandung

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Vorwürfe gegen Eurowings Europe: Abstreiten, Mauern und Schweigen ...

Symbolbild Eurowings Flugbegleiter - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Unzählige Missstände, die teils auch die Flugsicherheit betreffen können, wurden von Mitarbeitern der österreichischen Lufthansa-Tochter Eurowings Europe nun in einem verzweifelten Hilfeschrei an die Öffentlichkeit getragen. Doch seitens Eurowings wird - bisher wenig glaubwürdig - beschwichtigt. Eine Punktlandung aus gegebenem Anlass.

Die Probleme aus ihrer Sicht legen Mitarbeiter der Eurowings ausführlich in einem offenen Brief da. Die Vorwürfe werden von der Gewerkschaft ebenso bestätigt, wie von sämtlichen Eurowings Europe Mitarbeitern (Cockpit und Kabine) mit denen Austrian Wings Redakteure gesprochen haben.

In der Eurowings-Konzernzentrale in Deutschland sowie in der Österreich-Dependance schrillten ob dieser unangenehmen Enthüllungen die Alarmglocken. Die Pressestelle wurde ausgeschickt, um Schadensbegrenzung zu üben. Doch statt auf die Vorwürfe im Einzelnen einzugehen, sie durch Beibringung von Zahlen, Daten, Fakten zu widerlegen, werden kritische Journalisten mit 08/15-Phrasen abgewimmelt, in der Hoffnung, dass sie nicht weiter nachfragen und sich damit zufrieden geben.

Fast schon gebetsmühlenartig erhielten und erhalten anfragende Medienvertreter O-Töne von Eurowings Europe Geschäftsführer Robert Jahn, worin dieser nicht müde wird, zu betonen, dass der eingangs erwähnte offene Brief der Eurowings Europe Mitarbeiter „falsche Behauptungen“ enthalte und „geschäftsschädigend“ sei.  Mehr war bislang selbst auf wiederholte Nachfrage nicht zu erfahren, was denn genau falsch sei - dazu äußerte sich Jahn nicht. Und genau das ist auffällig. Denn wenn die Vorwürfe der Mitarbeiter und der Gewerkschaft tatsächlich unzutreffend sein sollten, dann wäre es doch für das Unternehmen ein Leichtes, sie umgehend zu widerlegen und seinen guten Ruf (wieder) herzustellen.

Die Eurowings Europe Geschäftsführung, aber auch die Konzernmutter Lufthansa, wären daher gut beraten, sich rasch und umfassend zu folgenden Punkten zu äußern und zwar eher gestern als heute:

  • Trifft es zu, dass auf Palma stationierte Mitarbeiter der Eurowings Europe im Krankheitsfall weniger Gehalt bekommen?
  • Trifft es zu, dass dieser Punkt und andere die Sicherheit betreffenden Umstände von Mitarbeitern schon wiederholt an die zuständigen Stellen innerhalb des Unternehmens herangetragen wurden, bis dato aber keine zufriedenstellende Lösung erreicht wurde?
  • Trifft es zu, dass die Mitarbeiter der Eurowings Europe unterschiedliche Verträge mit unterschiedlichen Gehältern für die gleiche Tätigkeit haben? Falls ja, weshalb?
  • Trifft es zu, dass die Mitarbeiter von Eurowings Europe im Vergleich zu den Kollegen der deutschen Eurowings bei der gleichen Tätigkeit weniger verdienen und weniger freie Tage pro Monat haben? Falls ja, weshalb?
  • Trifft es zu, dass Piloten der österreichischen Eurowings Europe ihre Loss of Licence Versicherung selbst bezahlen müssen, während ihre Kollegen bei der Eurowings Deutschland diese vom Unternehmen bezahlt bekommen? Falls ja, weshalb?
  • Trifft es zu, dass die Mitarbeiter der Eurowings Europe unterstehenden Basis in München die besseren deutschen Verträge haben als ihre österreichischen Kollegen? Falls ja, weshalb?
  • Trifft es zu, dass in den Verträgen für das Personal von Eurowings Europe von Arbeitgeberseite eine Kündigungsfrist von nur 15 Tagen vorgesehen ist?
  • Trifft es zu, dass Eurowings Europe Crews (insbesondere die Mitarbeiter des Kabinenpersonals) keinerlei Crew Meals bekommen, egal wie lange der Dienst dauert? Falls ja, wie ist das aus Sicht des Unternehmens mit der von der Gewerkschaft vida zitieren EASA-Regelung zu vereinbaren, wonach gesetzlich geregelt sei, dass jeder Mitarbeiter im Flugdienst nach spätestens 8 Stunden Dienstzeit Anspruch auf eine warme Mahlzeit samt Getränk hat?
  • Trifft es zu, dass die fliegenden Mitarbeiter von Eurowings Europe (insbesondere das Kabinenpersonal) pro Dienst nur 1,5 Liter Wasser kostenfrei bekommt und für alles, was mengenmäßig darüber hinaus geht, selbst bezahlen muss?
  • Trifft es zu, dass Mitarbeiter des fliegenden Personals durch die Kabinenchefin Nicole J. wiederholt massiv unter Druck gesetzt wurden, an freien Tagen Dienste zu übernehmen?
  • Trifft es zu, dass Kabinenchefin Nicole J. Flugbegleitern, die sich woanders bewerben wollten, im Voraus mitgeteilt hat, dass dies sinnlos sei, sie würde Namenslisten an die anderen Airlines schicken, damit die Kandidaten, nicht genommen werden?
  • Trifft es zu, dass Eurowings Europe Flugbegleiter, die sich dennoch bei anderen Airlines (des Lufthansa-Konzerns) beworben haben, anschließend von Kabinenchefin Nicole J. zu einem Gespräch zitiert wurden?
  • Trifft es zu, dass Flugbegleiter bei Dienstzeiten von teils 13 Stunden täglich durchschnittlich nicht mehr als 1.200 Euro im Monat verdienen, im Falle einer Kündigung innerhalb des ersten Jahres aber mehrere Tausend Euro an Ausbildungskosten zurückerstatten müssen?

So lange sich Eurowings Europe nicht unmissverständlich, ohne ausweichende Phrasen, klipp und klar zu diesen Punkten einlässt und ihre Antworten auch hieb- und stichfest belegen kann, bleibt zumindest ein mehr als schaler Beigeschmack. Denn alles abzustreiten und sinngemäß zu behaupten, die betroffenen Piloten und Flugbegleiter würden die Unwahrheit sagen, wirkt nicht nur unprofessionell, es ist auch eine Unverschämtheit gegenüber dem wichtigsten Kapital, das eine Firma hat: die eigenen Mitarbeiter, die tagtäglich dafür sorgen, dass die Passagiere sicher von A nach B befördert werden.

Diese Fragen wurden selbstverständlich auch direkt an die Geschäftsführung von Eurowings Europe in Wien übermittelt. Am Abend des 1. November übermittelte die Pressestelle einen "Faktencheck", der zumindest teilweise auf die gestellten Fragen einging. Austrian Wings wird diesen Faktencheck prüfen sowie Eurowings Europe Mitarbeitern mit der Bitte um Rückmeldung vorlegen.

Text: P. Huber

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.