"Ich flog von Rio nach Tel Aviv mit Zwischenstopp in Rom", so Profi-Musikerin Dr. Myrna Herzog gegenüber Austrian Wings. Wie schon unzählige Male zuvor, wollte die Bratschistin ihr wertvolles, im 17. Jahrhundert gefertigtes Instrument mit in die Kabine nehmen. "Man sagte mir, dies wäre nicht möglich, auch nicht gegen Aufpreis, denn der Flug sei bis auf den letzten Platz gebucht", erinnert sich die Flugreisende an das Boarding am 2. Jänner 2018. Doch das Airline-Personal versicherte sofort, dass man die wertvolle, antike Fracht per Hand ein- und ausladen und für sicheres Verstauen sorgen werde.
Beim Zwischenstopp in Rom fragte Herzog am Gate ihrer Anschlussverbindung bei Alitalia nach, ob weiterhin gesichert sei, dass das sensible Instrument händisch verladen werde. "Anders als in Rio, war das Personal in Rom relativ unfreundlich", berichtet die Orchesterspielerin unserer Redaktion. "In sehr barschem Ton sagte man mir, man müsse gar nichts prüfen, die Viola sei außerdem schon ins Flugzeug verladen worden."
Ankunft in Tel Aviv: Instrument schrottreif
In Tel Aviv gelandet, wurde das Instrument allerdings nicht im "Special Handling"-Bereich ausgeliefert. "Also ging ich zum Fundschalter", so die Musikerin. Dort erklärte man schließlich, dass das Gepäck "beschädigt" angekommen sei, und nun Formulare auszufüllen wären. "Nachdem ich das getan habe, brachten sie mir meine Sachen, und der Anblick war erschreckend. Sogar das Flughafenpersonal zeigte sich erschüttert", erklärt Herzog, die aus ihrere langjährigen Tätigkeit als international reisende Musikerin weiß, dass in Israel normalweise "ziemlich umsichtig mit Instrumenten umgegangen wird". Nicht zuletzt, weil es im Land eine enorme Anzahl an Musikern gebe. "Ich denke, dass das Instrument beim Anschluss in Rom ruiniert wurde", vermutet die Vielfliegerin, die mehrmals pro Jahr in ihre Heimat Brasilien reist, um ihre Familie zu besuchen.
"Schon meine Mutter war Musikerin", erzählt Dr. Herzog. "Als sie schließlich an Alzheimer erkrankte, blieb zuletzt nur noch die Musik als letztes Kommunikationsinstrument, als es mit Worten nicht mehr funktionierte. Immerhin, das war dennoch ein wirklich effektiver Weg." Diese Methode brachte sie schließlich mit nach Israel, wo sie unter anderem als Solistin auf der Viola da Gamba ehrenamtlich über lange Zeit hinweg für Demenz-Patienten musizierte.
Auf allen Reisen war das Instrument stets in einem speziellen Behältnis verpackt, um es vor Beschädigung bestmöglich zu schützen. Auch mehrere "Zerbrechlich!"-Aufkleber befanden sich auf dem Koffer. "Aber egal, wie man diese Viola verpackt hätte - der Gewalteinwirkung, welcher sie jetzt ausgesetzt gewesen sein musste, hätte keine Schutzhülle standgehalten", bilanziert die Musikerin. Auf Grund der Art der Beschädigung vermutet sie, dass die Fracht aus großer Höhe herabgefallen und anschließend von einem Fahrzeug überrollt worden sein dürfte.
Bei Alitalia konnte sie vorerst niemanden erreichen, der sich für zuständig erklärt hätte, bei der Schadensregulierung weiterzuhelfen. "Selbst mein Ansprechpartner vom Reisebüro verbrachte nur erfolglos Zeit in der Telefon-Warteschleife, und auf mein E-Mail erreichte mich lediglich eine Standardantwort", ist die Musikerin frustriert.
"Ich verstehe nicht, weshalb es offensichtlich kein Problem ist, dass man einen Kinderwagen bis zur Flugzeugtüre mitnehmen kann, und dieser dann von dort per Hand vorsichtig verladen wird", ärgert sich die Reisende. "Ein Instrument hingegen wird herumgeschmissen und demoliert. Da muss sich die Vorgehensweise von Fluggesellschaften ändern."
Alitalia: "Händisches Verladen kann niemand garantieren!"
Während Alitalia, so die Auskunft Dr. Herzogs, sich nach der Reklamation überhaupt nicht bei der Kundin zurückmeldete, reagierte auf Austrian Wings-Nachfrage Pressesprecherin Giorgia Lanciotti, die den Vorfall bedauerte und zusicherte, dass alle nötigen Untersuchungen durchgeführt würden. Lanciotti betonte, dass für alle Gepäckstücke, die über das zulässige Handgepäcksmaß hinausgehen, ein zusätzlicher Sitzplatz gekauft werden müsse. Der Darstellung von Alitalia zufolge hätte man diese Option auch im Zuge der Gepäckaufgabe der Musikerin angeboten.
Dem widerspricht hingegen die betroffene Passagierin, die seit vier Jahrzehnten regelmäßig Flugreisen unternimmt und ihr Instrument dabei üblicherweise im Passagierraum mitführt, erneut vehement: "Das Gegenteil ist der Fall. Man hat mir diese Möglichkeit von vornherein verwehrt, da es hieß, die Maschine sei ausgebucht." Es sei ihr daraufhin versichert worden, dass sie sich keine Sorgen machen müsse, da man "das Instrument nicht mit dem regulären Gepäck abfertigen, sondern per Hand zum und vom Flugzeug bringen" würde. - Alitalia dazu: "Solch ein Service kann niemand garantieren, schon gar nicht auf der Route Rio - Rom - Tel Aviv."
Reparatur: 1 Jahr und kaum abschätzbare Kosten
Nun befindet sich die antike Viola bei einem Restaurator. "Die Kosten dafür sind noch nicht abzuschätzen, und eine Wiederherstellung wird zumindest ein Jahr in Anspruch nehmen", so Dr. Herzog über den Stand der Dinge.
Alitalia-Sprecherin Lanciotti abschließend: "Es tut uns zutiefst leid, was Frau Herzog widerfahren ist. Alitalia wird, sobald die Fakten feststehen, Entschädigung im Einklang mit den in Kraft befindlichen internationalen Bestimmungen leisten."
(red Aig)