Ultraorthodoxe Juden und ihre Gemeinden stellen zwar nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil an der israelischen Bevölkerung dar, dafür verfügen sie über umso mehr politischen und wirtschaftlichen Einfluss im heiligen Land. Das bekommen regelmäßig auch der Flagcarrier EL AL sowie die Mehrheit der säkularen Passagiere zu spüren, nämlich dann, wenn Ultraorthodoxe eine religiös begründete Sonderbehandlung für sich beanspruchen – und die Airline regelmäßig nachgibt, sehr zum Ärger der säkularen Mehrheit der Reisenden.
Kürzlich war es wieder einmal so weit: Gleich zwei Flüge der EL AL von New York nach Tel Aviv mussten außerplanmäßige Zwischenlandungen in Rom beziehungsweise Athen einlegen, weil Tel Aviv nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit erreicht worden wäre. Was für die meisten Menschen auf dieser Welt und auch für die Mehrheit der säkularen jüdischen Israelis nicht das geringste Problem darstellt, bedeutet dagegen für ultraorthodoxe Juden einen sprichwörtlichen Weltuntergang, weil sie dann die für sie heilige Sabbat-Ruhe nicht einhalten könnten.
Wie die "Süddeutsche" berichtet, hätten deshalb ultraorthodoxe Juden, angeführt von Rabbiner Sholom Ber Sorotzkin, vor dem Büro von EL AL am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv ihre Vielfliegerkarten zerstört. Der Rabbi stehe außerdem einem 40 Organisationen umfassenden religiösen Netzwerk vor. EL AL befürchtet deshalb, dass der Boykottaufruf eine breite Wirkung in der ultraorthodoxen Gemeinschaft haben könnte. Zudem drohen der Airline Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe von jenen Reisenden, die Tel Aviv wegen der "religiösen" Zwischenlandungen nicht rechtzeitig erreichen konnten.
(red)