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Happy Birthday! Der Jumbo wird ein halbes Jahrhundert jung

Boeing 747-400 im Steigflug - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Die Boeing 747 feiert exakt heute - am 9. Februar 2019 - ihren 50. Geburtstag. Und auch, wenn das Zeitalter dieses vierstrahligen Giganten der Lüfte im Passagierverkehr aufgrund moderner zweistrahliger Alternativen zu Ende geht, so fasziniert der Jumbo die Menschen bis heute. Ein Rückblick von Dieter Steffen, Flugingenieur a. D., Autor des Buches "Prägung".

Joe Sutter und seine "The Incredibles" Ende Oktober 1958 flogen die ersten Passagierflugzeuge mit Strahltriebwerken über den Atlantik. Bis dahin wurden die Passagierflugzeuge von fehleranfälligen Kolbentriebwerken und wartungsaufwändigen Propellern angetrieben. Die Triebwerke waren so anfällig für Störungen und Ausfälle, dass die meisten Fluggesellschaften Ersatztriebwerke auf den entlegenen Stationen eingelagert hatten.

Die Boeing 707 und die De Havilland Comet IV lösten die Lockheed Super Constellation und die Douglas DC-7 ab. Die 707 brauchte nur die halbe Zeit zwischen London und New York, gemessen an den Propellerflugzeugen. Sie konnte doppelt so viel Passagiere transportieren. Die Düsentriebwerke waren um ein Vielfaches zuverlässiger als die Sternmotoren. Und sie wurden mit preiswertem Kerosin betankt statt mit teurem hochoktanigem Benzin. Fluggesellschaften, die rechtzeitig Boeing 707 oder ähnliche Typen bestellt hatten, besaßen nun sprichwörtliche Gelddruckmaschinen.

Als Folge ließ die Fluggesellschaft Pan Am, mit Juan Trippe an der Spitze, ein 60-stöckiges Verwaltungsgebäude in Manhattan errichten. Mit Hubschrauberlandeplatz. Juan Trippe hatte weitere Pläne. Bei einem Treffen 1965 mit dem damaligen Boeing Vorstand Bill Allen wurde die Idee vom Jumbo, der Boeing 747, geboren. Die meisten der Boeing Ingenieure arbeiteten zu der Zeit an dem Überschallflugzeug Boeing ST 2707 oder waren mit Entwicklung des Kurzstreckenflugzeuges Boeing 737 beschäftigt. Die Konstruktion der Saturn V Rakete für die NASA brauchte ebenfalls Ingenieure.  

Joe Sutter gehörte zum 737 Team, als er von Bill Allen zum Chef der Boeing 747 Entwicklung auserwählt wurde. "Doch braucht die Welt wirklich ein Passagierflugzeug für 400 Passagiere mit einer größeren Reichweite, als die der Boeing 707?", fragte sich Joe Sutter. Heute kennen wir die Antwort. Joe Sutter hatte genügend Fantasie und Fähigkeiten, um ein Großraumflugzeug zu entwickeln, aber würde er auch die vielen Hindernisse überwinden? Der Mangel an guten Ingenieuren war eines der kleineren Probleme. Da war der Zeitdruck von Pan Am. Da waren Änderungen der Spezifikationen von Pan Am. Da war der schier unüberschaubare Finanzbedarf (2 Milliarden US-Dollar, der Boeing fast in den Konkurs geführt hat). Das Flugzeug sollte auf Zuwachs konstruiert werden, denn stärkere Triebwerke würden bald auf dem Markt sein. Aber es gab auch wichtige und hilfreiche Tatsachen. Seit 1960 entwickelte man bei Lockheed ein Raumtransporter für militärische Zwecke.

Die dazugehörigen Triebwerke wurden von Pratt and Whitney, von General Electric und von Rolls Royce entwickelt. Das war ein großer Vorteil für die Entwicklung der Boeing 747, Triebwerke gab es also schon. Für Sutter war das "Money on the bank". So schreibt er in seinem Buch "747". Auch das bis heute markante Doppeldeck war schon bei dem Lockheed Großraumtransporter verwirklicht. Das ist eine Voraussetzung um das Frachtflugzeug durch Bug-Ladetüren zu beladen. Ende August 1965 bestand das 747-Team aus Joe Sutter und 100 Ingenieuren. Das Team wuchs auf 4.500 Ingenieure und wurde firmenintern "The Incredibles" genannt (die Unglaublichen). Denn in nur 29 Monaten wurde aus Zeichnungen ein Flugzeug. Joe Sutter wurde dadurch der Vater des Jumbo, der Vater von zwei Gängen in der Passagierkabine, der Vater von großen Passagiertüren, 1,97 m hoch und 1,07 m breit, und der Vater bezahlbarer Tickets.

Die legendäre Pan Am war Erstkunde für die 747 - ohne ihren Gründer Juan Trippe hätte es den Jumbo nie gegeben - Foto: Archiv Flughafen Wien

Damit hat Joe Sutter der Völkerverständigung einen historischen Vorschub geleistet. Bis September 2018 wurden 1547 Boeing 747 ausgeliefert. 21 Frachtflugzeuge sind noch nicht ausgeliefert. Mit Stand Juli 2018 sind 594 Maschinen der Boeing 747 zugelassen und befinden sich im aktiven Dienst. Joe Sutter starb am 2018 in Bremerton, Washington USA. Er wurde 95 Jahre alt.

Das jüngste - und wohl auch letzte - Modell des Jumbos ist die 747-8; für die Passagierversion war Lufthansa Erstkunde - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Text: Dieter Steffen

Über den Autor: Jahrgang 1935, war mehrere Jahrzehnte lang als Flugingenieur bei Lufthansda tätig. Seine Karriere startete er auf der legendären Lockheed Constellation in den 1950er Jahren. In seinem Buch "Prägung" (auf Deutsch und auf Englisch erschienen) schildert der studierte Techniker die Geschichte eines Berufsstandes, der heutzutage so gut wie ausgestorben ist. Steffen schulte nach seiner Zeit auf der Constellation auf die 707 um und beendete seine Karriere auf der Boeing 747-200.