Österreich

Interview: Hintergründe zur neuen Retro-Lackierung der AUA

Corinna Ververidis und Christian Scheuer mit einem Plan des "neuen" Retro-A320 - Fotos: Lukas Egger

Vorgestellt hat die AUA ihren neuen Retro-Jet. Wir sprachen mit Corinna Ververidis (Branding & Design) sowie Christian Scheuer (Aircraft Engineering) über die Hintergründe.

AW: Warum wurde die OE-LBO für die neue Sonderlackierung ausgewählt? Hätte man diese nicht auch wieder an der OE-LBP anbringen können?

Christian Scheuer: Grundsätzlich gab es keine Präferenz bei der Auswahl des passenden Flugzeuges. Nachdem die Erstellung der Bemalungszeichnung und des sogenannten Engineering Bulletins (Arbeitsanleitung) samt luftfahrtrechtlicher Zulassung einige Vorbereitungszeit in Anspruch genommen hat und nebenbei auch laufende Projekte koordiniert werden mussten, hat die Standzeit der OE-LBO am besten in den Zeitplan gepasst.

AW: Weshalb hat man sich gerade für diese Art der Livery entschieden?

Corinna Ververidis: Ein wichtiger Meilenstein für Austrian Airlines war die Bestellung der beiden Langstreckenflugzeuge A310-300. Der erste landete im Dezember 1988 in Wien. Der Airbus trug die Registrierung OE-LAA und den Taufnamen "New York". Ab 1989 begann die Langstreckenexpansion mit den beiden Flugzeugen in die USA und nach Japan (Anmerkung der Redaktion: Auf den Flügen nach Japan erfolgte ein Zwischenstopp in Moskau, bei dem ein russischer Navigator an Bord genommen wurde, um die Crew bei einer Notlandung in den Weiten der ehemaligen Sowjetunion mit Sprach- und Ortskenntnissen unterstützen zu können). Das Flugzeug hatte die Bemalung, die wir nun auf dem kleinen Bruder des A310, auf einem A320 mit der Registrierung OE-LBO umsetzen. Die Retro Livery ist als Hommage an die beiden erfolgreichen Langstrecken-Ziele zu verstehen.

AW: Wie viele Leute waren über welchen Zeitraum in den entsprechenden Entscheidungsfindungsprozess eingebunden?

Corinna Ververidis: Das Projekt wurde Ende 2018 gestartet. Viele Abteilungen, inklusive dem Austrian Vorstand, waren eingebunden. Brand Management und Aircraft Engineering arbeiten in der Umsetzung eng zusammen. Eine Retro-Bemalung ist natürlich immer ein Herzensprojekt.

AW: Wie lange dauert die "Standardlackierung" eines A320 im aktuellen Farbschema?

Christian Scheuer: Die Standardlackierung dauert acht Tage.

AW: Wie lange dauert die "Sonderlackierung" der OE-LBO?

Corinna Ververidis:Für die Sonderlackierung war unsere OE-LBO neun Tage bei der Firma „Air Livery“ in Bratislava zur Lackierung.

AW: Welche Besonderheiten gibt es zur Retro-Livery?

Christian Scheuer: Die Lackierung besteht aus drei unterschiedlichen Schichten: Grundierung, Zwischengrundierung, Decklack, wobei letzterer in zwei Lagen aufgebracht wird. Die Gesamtstärke aller Schichten und Lagen beträgt zwischen 0,1 und 0,2 mm. Die komplette Außenlackierung am Airbus A320 wiegt in etwa 120 Kilogramm.

AW: Was sind die Hauptfarben?

Corinna Ververidis: Die drei verwendeten Hauptfarben sind: Weiß, Austrian Red und Grau.  Weiß: Rumpfoberseite, Seitenleitwerk und Triebwerksverkleidungen. Rot: Chevron, AUSTRIAN, Türumrandungen und Seitenleitwerk. Grau: Rumpfunterseite, Tragfläche.

AW: Wie sieht es mit dem Seitenleitwerk aus?

Christian Scheuer: Das komplette Seitenleitwerk im Retro-Design repräsentiert zugleich auch die österreichische Flagge, daher ist auch keine separate Flagge am hinteren Rumpf angebracht. Diese Vorgangsweise entspricht der österreichischen Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung.

AW: Gibt es irgendwelche Besonderheiten?

Christian Scheuer: So wie eine Standardlackierung muss auch eine Sonderlackierung luftfahrtrechtlich zugelassen werden. Neben dem optischen Erscheinungsbild dient der Lack primär als Schutz für die darunter befindlichen Metall- und Verbundbauteile, damit diese keinen Schaden nehmen, zum Beispiel durch Korrosion. Es dürfen daher nur Lacke verwendet werden, welche den vorgegebenen Flugzeug-Standards entsprechen, und die genau vorgegebenen Kriterien erfüllen. Sämtliche Notausgänge sind mit einem 2 Zoll umlaufenden Farbband zu kennzeichnen. Der Wert des Reflexionsgrades dieser Farbe, in unserem Fall Rot, muss sich zum Reflexionsgrad der Farbe der umliegenden Struktur durch einen vorgegebenen Mindestwert unterscheiden. Vorgeschriebene Türbeschriftungen müssen natürlich auch wieder entsprechend angebracht werden. Zu guter Letzt muss auch die österreichische Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung, welche die Führung des Kennzeichens an Luftfahrzeugen und die Führung der Farben der Republik Österreich entsprechend regelt, eingehalten werden.

AW: Wir danken für das Gespräch.

Hintergrund
Die Lackierung - sie hält rund sieben Jahre - wurde von der Firma Air Livery am Flughafen der slowakischen Hauptstadt Pressburg/Bratislava durchgeführt. An diesem Standort ist die AUA der größte Auftraggeber des Spezialunternehmens, die Zusammenarbeit geht zurück bis in das Jahr 2008. Das größte Flugzeug, das dort lackiert werden kann, ist ein A321. Weil ein Lackierhanger enorm strenge Auflagen hinsichtlich des Umweltschutzes erfüllen muss, wäre es für die AUA nicht rentabel, eine eigene Einrichtung dieser Art zu betreiben.

Retro-Lackierungen erfüllen übrigens auch einen in der Öffentlichkeit kaum bekannten Zweck - Airlines halten nach wie vor die Markenrechte an früheren Außenauftritten. Damit diese Rechte erhalten bleiben, müssen die entsprechenden Zeichen und Logos auch weiterhin genutzt werden.

(red HP, LE)