Nach dem Absturz einer Boeing 737 MAX 8 der Ethiopian Airlines mit 157 Todesopfern vor knapp zwei Wochen, wurden auch in Fachkreisen Stimmen laut, die hinter vorgehaltener Hand fragten, wie es um die Sicherheits- und Ausbildungsstandards bei Ethiopian Airlines bestellt sei. Schließlich ist die Sicherheitsbilanz des afrikanischen Star Alliance Mitgliedes nicht die Beste. Erst 2015 verunfallte ein Frachter bei der Landung (drei Verletzte) und 2010 stürzte eine Boeing 737-800 kurz nach dem Start in Beirut ins Meer, weil der als Pilot Flying agierende Kapitän schwere Fehler machte und vom Ersten Offizier keine Korrekturmaßnahmen erfolgten - alle 90 Menschen an Bord kamen ums Leben.
Jetzt berichtet die "Washington Times" unter Berufung auf FAA-Unterlagen, dass bereits im Jahr 2015 zwei Ethiopian Airlines Piloten Sicherheitsbedenken geäußert hätten. Die Flugzeugführer kritisierten demnach etwa Mängel in Trainingsprogrammen sowie mangelnde Sicherheitsverfahren ("poor safety procedures").
"Die Sicherheit wird für eine höhere Gewinnspanne und für die Expansion geopfert."
Ethiopian-Pilot gegenüber der FAA
Zudem verbreite das Management ein "Klima der Angst" ("fearbased management culture"), die Sicherheit "werde für Gewinn und Expansion geopfert" ("safety is being sacrificed for expansion and profit margin"). Die Airline befindet sich in Staatsbesitz und sowohl die Menschenrechtssituation als auch die Pressefreiheit (Platz 150 von 180 laut "Reporter ohne Grenzen") in dem Land gelten als problematisch.
Auch verfüge Ethiopian Airlines gar nicht die Infrastruktur, um die rasch wachsende Boeing- und Airbus-Flotte entsprechend zu betreuen, kritisierten die Piloten. Außerdem würden Pilotenhandbücher und Checklisten nicht regelmäßig an die neuesten Erkenntnisse angepasst. Die Aufsichtsbehörden wurden ebenfalls kritisiert: Sie wüssten von den Mängeln, schritten aber nicht ein.
"Insgesamt bietet Ethiopian Airlines (Piloten-)Training auf unterdurchschnittlichem Niveau an."
Einer der Piloten gegenüber der FAA
Im Fall des Absturzes der 737 MAX gibt es mittlerweile Vermutungen, dass die Piloten nicht, zu spät oder komplett falsch auf das Problem reagiert haben könnten. Wie berichtet, deuten Indizien nämlich darauf hin, dass der Bordcomputer die Höhenrudertrimmung automatisch kopflastig stellte. In so einem Fall müssen Piloten umgehend entsprechende Gegenmaßnahmen durch Betätigen der "STAB TRIM CUTOUT" Schalter einleiten und das Flugzeug manuell trimmen. Dieses Standardverfahren sollte jedem Berufspiloten auf der 737 bekannt sein.
Eine Austrian Wings Anfrage, welche Lehren hinsichtlich Sicherheitskultur und Trainingsstandards die Airline aus dem Crash von 2010 gezogen habe, lässt Ethiopian Airlines trotz mehrfach Urgenz seit mittlerweile elf Tagen unbeantwortet.
(red)