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Smartwings-Zwischenfall: Saß Chefpilot im Cockpit?

Boeing 737-800 von Smartwings - Foto: GF / Austrian Wings Media Crew

Im Fall jenes Smartwings-Fluges, dessen Crew zweieinhalb Stunden mit nur einem Triebwerk zum Zielflughafen weiter flog gibt es einen neuen Verdacht.

Wie berichtet, ereignete sich am 22. August 2019 auf dem Smartwings-Flug von Samos nach Prag ein Triebwerksausfall. Doch anstatt den internationalen Vorschriften für einen solchen Zwischenfall folgend, auf dem nächstgelegenen für eine Boeing 737-800 geeigneten Flughafen zu landen, setzten die Piloten den Flug fast zweieinhalb Stunden mit nur einem funktionierenden Triebwerk bis zum Zielflughafen Prag fort. Mittlerweile ermitteln die tschechischen Behörden gegen die Airline und die Crew.

Gegenüber tschechischen Medien erklärte eine Smartwings-Sprecherin sinngemäß, dass "keine Gefahr bestanden" habe, der "Chefpilot sehr erfahren" sei, und die Crew "die Lage unter Kontrolle" gehabt habe.

Doch die internationalen Gepflogenheiten zum Betrieb zweimotoriger Flugzeuge entlarven das Statement der Sprecherin als reine Schutzbehauptung. Denn bei zweimotorigen Flugzeugen ist beim Ausfall eines Triebwerkes im kommerziellen Flugbetrieb in jedem Fall die Flugsicherung zu informieren und der nächstgelegene Flughafen anzusteuern. Einige Airlines schreiben ihren Piloten sogar zwingend vor, eine Luftnotlage (Mayday-Call) zu deklarieren.

Bereits kurz nach dem Vorfall wurde in Branchenkreisen sowie in tschechischen Medien immer wieder ein Name genannt: Pavel Vesely. Dabei handelt es sich um den Director Flight Operation der betreffenden Fluggesellschaft, womit die Formulierung "Chefpilot", die die Sprecherin gegenüber tschechischen Medien bereits gebrauchte, zutreffend wäre.

"Jeder Triebwerksausfall bei einem zweimotorigen Flugzeug ist ein gravierender Verlust an Redundanz und kann sehr schnell weitere Probleme nach sich ziehen. Airmanship - der gesunde Flieger-Menschenverstand - würde in diesem Fall immer eine zeitnahe Landung auf dem nächsten geeigneten Flugplatz nahelegen. Auch, wenn den Passagieren in diesem Fall nichts passiert ist, ist das ein Vorfall mit einem ganz üblen Nachgeschmack."
Ein A320-Ausbildungskapitän gegenüber Austrian Wings

Mehrere Mailanfragen an die Smartwings-Pressestelle und an Pavel Vesely selbst, ob er tatsächlich der Pilot des betreffenden Fluges war, blieben bis dato unbeantwortet. Sollte Vesely der Pilot in Command gewesen sein, würde das generelle Fragen nach der Sicherheitskultur im Unternehmen aufwerfen.

"Aus unserer Sicht ist der Vorfall keine banale Angelegenheit. Wir wollen das Vorgehen der Besatzung untersuchen, weil wir dies nicht für standardgemäß halten."
Vítězslav Hezký, Sprecher der CZ-Luftfahrtbehörde gegenüber tschechischen Medien

Vesely ließ auch eine Anfrage unbeantwortet, wie er als Director Flight Operation das Verhalten der Crew beurteile, sollte er nicht selbst der Pilot gewesen sein. Ebenso konnte oder wollte er die Frage, welche Konsequenzen es für Kapitän und Ersten Offizier gegeben habe, nicht beantworten.

(red)