Punktlandung

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Irrsinn bei den neuen LaudaMotion-Verträgen: Die Macht der Konsumenten

LaudaMotion-Passagiere am Flughafen Wien - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

In der - völlig berechtigten - öffentlichen Aufregung über möglicherweise sittenwidrige Klauseln in den neuen LaudaMotion-Verträgen wird eines gerne vergessen: die Kunden tragen eine Mitverantwortung für solche Zustände. Sie haben aber auch die Macht, eine Änderung herbeizuführen. Ein Kommentar aus gegebenem Anlass.

Das, was bei LaudaMotion, die nicht nur laut meiner persönlichen Einschätzung nichts anderes ist als Ryanair in rot-weiß-roter Lackierung zu PR-Zwecken, derzeit vor sich geht, ist unfassbar und bedrückend zugleich: Mitarbeiter, die bei Krankheit "Einschüchterungsschreiben"  erhalten (sie liegen Austrian Wings vor, das Unternehmen streitet diesen Sachverhalt trotzdem ab). Flugbegleiter, die wegen 14 Tagen Krankenstand innerhalb eines Jahres (der österreichweite Durchschnitt liegt übrigens bei 13 Tagen) nicht nur gekündigt, sondern in dem Kündigungsschreiben auch noch regelrecht "beflegelt" werden, weil sie durch ihre Abwesenheit den Betrieb gefährdet hätten und das den Kollegen und Passagieren nicht mehr zumutbar sei. Ungültige Klauseln in den Geschäftsbedingungen, die erst kürzlich vom Gericht kassiert wurden. Und jetzt auch noch Verträge mit einer Leiharbeitsfirma, laut denen Uniformen selbst gekauft werden müssen (das Unternehmen bestreitet das), man als Dienstnehmer dem Dienstgeber bei Krankheit die Diagnose des Arztes offen legen muss (laut einem OGH-Urteil nicht zulässig) und vieles mehr, das auf jeden Fall ethisch fragwürdig, in einigen Fällen laut Arbeitsrechtlern aber sogar sittenwidrig erscheint.

Unbestritten ist wohl, dass derartige Zustände nicht tragbar sind. Gleichwohl muss aber auch gesagt werden, dass die Konsumenten, ob sie es nun hören wollen oder nicht, durch ihr eigenes Verhalten zu genau solchen Zuständen beigetragen haben. Ja, jene Menschen, die immer "billiger, billiger" rufen und um 19 oder 29 Euro quer durch Europa fliegen wollen. Es ist einfach Irrsinn, wenn ein Flug billiger als die Taxifahrt zum Flughafen ist. Die Zeche für derartige Billigtickets zahlen die Beschäftigten bei Airlines und Flughäfen. Und nein, es gibt kein "Menschenrecht auf billige Tickets". Qualität darf, nein, muss, etwas kosten. Nur ist dieses Bewusstsein in unserer konsumorientierten "Geiz ist ja so geil"-Gesellschaft unglücklicherweise (zu) vielen Menschen abhanden gekommen.

Auch die selbst ernannten zumeist jungen Klimaaktivisten mit ihrer Doppelmoral, die jeden Freitag brav demonstrieren gehen, anstatt sich um ihre Schulbildung (Demonstrieren könnte man auch nach der Schule) zu kümmern, und dann über das Wochenende auf einen "hippen" Städtetrip fliegen (gebucht über das eigene stets moderne Smartphone, das womöglich unter für die Umwelt und die Arbeiter fragwürdigen Bedingungen produziert wurde) nehme ich hier besonders in die Pflicht. Ein Beispiel: Noch in den 1990er Jahren kostete ein Flug Wien - Berlin - Wien im Sonderangebot und/oder mit Wochenendbindung (Sunday-Rule) zwischen 3.500 und 5.000 Schilling, 1:1 umgerechnet zwischen 250 und 360 Euro. Und heute? Da empören sich Konsumenten darüber, dass 150 Euro "viel zu teuer" seien. Dass schon diese 150 Euro in Wahrheit viel zu günstig sind und womöglich nur durch gnadenloses "Auspressen" des Personals möglich werden, kommt ihnen dabei nicht in den Sinn - leider. Es regiert vielfach die Mentalität: "I wüi billig fliagn, der Rest is ma wurscht".

"Ich ganz persönlich empfinde meine Arbeitsbedingungen mittlerweile zunehmend als modernes Sklaventum. Für die neuen Kollegen wird es wohl noch schlimmer. Wo bleibt der Gesetzgeber, der so etwas verhindert? Ich weiß nicht, wie lange ich den Druck bei dieser Firma noch aushalte."
Eine LaudaMotion-Mitarbeiterin

Ebenso wie der Konsument also Mitverantwortung für derartige negative Auswüchse bei den Arbeitsbedingungen von Ryanair/Laudamotion (und manch anderen Billigairlines) trägt, kann er auch dagegen ankämpfen. Denn der Kunde entscheidet am Ende des Tages, bei welcher Airline er bucht. Wenn der Kunde sich entschließt, dass er solche ethisch und rechtlich fragwürdigen Arbeitsverhältnisse nicht (weiter) unterstützen will - spätestes jetzt kann niemand mehr sagen, er wisse nicht, wie es dort zugeht - und sein Buchungsverhalten entsprechend ändert, dann ist das schmerzlich für die Airline und zwingt das Management vielleicht zum Nachdenken.

Eine solche Entscheidung muss jeder für sich treffen und mit seinem eigenen Gewissen ausmachen. Ich selbst habe das schon lange getan: Ich liebe die Fliegerei und das Reisen. Aber bevor ich ein System der Ausbeutung wie bei Ryanair/LaudaMotion durch meine Buchung mit meinem Geld unterstütze, fahre ich lieber mit dem Zug oder dem Auto - oder bleibe schlichtweg daheim. Wenn man sich einen Flug zu einem angemessenen Preis im Augenblick nicht leisten kann, muss man eben etwas länger darauf sparen. Das erhöht doch auch die Vorfreude auf die Reise und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Und glauben Sie mir: Als Familienvater sitzt das Geld bei mir auch nicht besonders locker. Aber gerade deshalb wertschätze ich Qualität umso mehr und versuche das auch meinen Kindern zu vermitteln. So waren wir schon seit mehreren Jahren nicht mehr mit dem Flugzeug auf Urlaub.

Denn - wie schon erwähnt - es gibt kein "Menschenrecht auf günstige Tickets". Und jeder, der sich das dennoch einredet oder fordert, sollte sich selbst an der Nase nehmen sich fragen: "Würde ich zu derartigen Bedingungen arbeiten wollen? Für 960 Euro in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen, ohne Auszahlung von Überstunden?" Ich meine, die Antwort bereits zu kennen ...

Text: HP

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