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Kahlschlag: AUA streicht bis zu 800 Jobs

Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Auch für 2020 wird Verlust befürchtet.

Die bisher schlimmsten Erwartungen sind noch einmal übertroffen worden. Statt 500 wird die AUA 700 bis 800 Stellen streichen, um das von der Konzernmutter Lufthansa vorgegebene Einsparungsziel von 90 Millionen Euro zu erreichen. Das Bodenpersonal werde stärker betroffen sein als Flugbegleiter und Piloten. Für heuer hat die rot-weiß-rote Traditionsfluggesellschaft bereits eine Gewinnwarnung herausgegeben, auch im nächsten Jahr drohen Verluste. Die AUA hielt dazu heute Mittag eine Pressekonferenz ab.

Der AUA-Vorstand bei der heutigen Pressekonferenz - Foto: Franz Zussner für Austrian Wings

Der Mitarbeiterabbau soll im Idealfall über natürliche Abgänge erfolgen, heißt es. Auch die Miami-Strecke soll per sofort gestrichen werden. Ein neues Langstreckenziel - das namentlich noch nicht genannt wurde - soll dafür aufgenommen werden.

"Die Langstrecke ist profitabel, aber nicht sehr. Trotzdem entwickelt sich das Langstreckennetz in die richtige Richtung. Wir sind aber noch weit von dem Niveau entfernt, das wir eigentlich haben müssen."
AUA-CEO Alexis von Hoensbroech

Der jetzt eingeleitete Sparkurs ist nach Angaben des Managements Folge eines harten Preiskampfs am Flughafen Wien. Austrian Airlines CEO Alexis von Hoensbroech: „Wir müssen uns neu aufstellen, um im brutalen Wettbewerb gegen die Billig-Flieger zu bestehen. Die Maßnahmen sind zum Teil schmerzhaft, weil sie uns Substanz nehmen, die wir in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut haben. Sie sind aber gleichzeitig notwendig, um die Zukunft von Austrian Airlines als führende Fluggesellschaft in Österreich zu sichern.“

"Wir wollen in Wien keinen Millimeter zurückweichen. Wir bleiben im Spiel."
AUA-CCO Andreas Otto

Marktseitig will Austrian Airlines den Billigfliegern jedenfalls Paroli bieten. Über das Strategieprogramm #DriveTo25 plant die Airline ihre Flottenstärke in Wien zu bündeln, indem sie alle in Österreich verfügbaren Flugzeuge in der Hauptstadt stationiert, wo der Preiskampf tobt. Schützenhilfe kommt dabei vom Konzern: Deutschland-Flüge aus den Bundesländerflughäfen werden sukzessive von Lufthansa geflogen. Schon im Dezember wird die Strecke Salzburg-Frankfurt von „OS“ auf „LH-Flugnummer“ umgeklappt und damit Flugzeuge freigespielt. Die dezentralen Crewbasen in den Bundesländern werden geschlossen. Betroffene Mitarbeiter erhalten Wechselangebote nach Wien.

Zur Verteidigung des Standorts Wien baut Austrian Airlines gleichzeitig ihre Flotte um: 18 kleine Turboprops sollen gegen zehn größere Mittelstrecken-Jets des Typs Airbus A320 ausgetauscht und damit erhebliche Produktivitätsverbesserungen gehoben werden. Schon im November geht der erste der zusätzlichen A320 an den Start, wir berichteten. Erst vor wenigen Tagen traf der zweite der "neuen" A320 in Wien ein.

„Durch den Tausch der Flugzeuge und der engeren Zusammenarbeit mit unserer Konzernschwester Eurowings bündeln wir in Wien unsere Flottenstärke“, sagt CCO Andreas Otto an, „wir weichen keinen Millimeter zurück und halten an unserer Premium-Strategie fest.“

Austrian Airlines will sich gleichzeitig als Unternehmen schlagkräftiger aufstellen. „Schlagkräftiger“ bedeutet produktiver und effizienter. Denn größere Flugzeuge bedeuten geringere Stückkosten, weil vereinfacht gesagt, mit weniger Crews mehr Passagiere befördert werden können. Die Flottenharmonisierung bedeutet letztendlich auch eine Reduktion von Komplexität: Mit dem Wegfall eines Flugzeugmodells fallen auch Kosten für die eigene Ausbildung von Piloten, Flugbegleitern und Technikern sowie die Lagerung von Ersatzteilen weg.

CFO Wolfgang Jani: „Alleine durch die Flottenharmonisierung können wir einen signifikanten Beitrag zur Ergebnisverbesserung leisten.“

Austrian Airlines plant zudem Verbesserungen in den Unternehmensabläufen durch Automatisierung, Digitalisierung, Zentralisierung und Kürzungen bei den Sachaufwendungen. In den kommenden zwei Jahren sollen über Produktivitäts- und Prozesseffizienzmaßnahmen 90 Mio. Euro eingespart werden. „Diese wollen wir in Ruhe mit unserem Betriebsrat besprechen“, kündigt der Austrian Finanzchef an.

In diesem Zusammenhang hofft er die Sozialpartner und die heimische Politik als Verbündete zu gewinnen. „Es müssen bei uns hochqualifizierte Arbeitsplätze wegfallen, weil über die Billigflieger deutlich schlechtere Lohn- und Sozialstandards geboten werden. Fairer Wettbewerb ist ok, aber bitte ohne Sozial-Fouls“, sagt Jani.

Zusammenarbeit mit Eurowings, Kurskorrektur bei Langstrecken-Angebot
Ab Jänner 2020 wird die Konzernschwester Eurowings aus ihrer Wiener Basis heraus mit vier Flugzeugen im „Wet Lease“ für Austrian Airlines fliegen. Damit wird eine deutlich engere Abstimmung des Streckenangebots möglich und erlaubt neue Direktflüge im Austrian Airlines Flugplan nach Barcelona, Birmingham, Nürnberg, Rom oder Zadar. Auf der Langstrecke wird Austrian Airlines im kommenden Sommerflugplan 2020 die Urlaubsdestination Miami aus dem Programm nehmen. Die Strecke, welche bisher ausschließlich saisonal im Sommer bedient wurde, war trotz aller Bemühungen nicht mehr wirtschaftlich. Die letzte Austrian Airlines Maschine aus Miami landet morgen, den 8. November 2019, in Wien. Die Strecke Wien-Los Angeles, welche ebenfalls nur im Sommer bedient wird, wird im kommenden Sommerflugplan 2020 fünf statt wie bisher sieben Mal angeboten. Was mit der gewonnenen Kapazität auf der Langstrecke passiert, ist derzeit noch offen.

Strategie bleibt aufrecht: Investitionsfähigkeit erlangen, Flotte modernisieren
Das im Jänner angekündigte Strategieprogramm #DriveTo25 behält trotz Billig-Angriff seine Gültigkeit. Dabei geht es kurz gefasst um das Erreichen der Investitionsfähigkeit und die Erneuerung der für den Standort Wien so wichtigen Langstrecke.

„Unsere langfristige Strategie bleibt gültig: Wir wollen Austrian Airlines modernisieren, profitabel und investitionsfähig machen“, sagt CEO Alexis von Hoensbroech, „investitionsfähig heißt, dass das Unternehmen die notwendigen Investitionen selbst tragen kann.“

Die Gewerkschaft Vida sieht auch die Wirtschaftskammer für den Ist-Zustand mit verantwortlich. Diese habe sich einem Branchen-KV verweigert und dadurch zu Lohn- und Sozialdumping bei den Billigfliegern beigetragen.

„Diese Katastrophe war absehbar. Dass es soweit kommen musste, dafür ist die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) zum Gutteil mit in die Verantwortung zu ziehen. Sie hat seit Jahren Sozialpartnerverhandlungen über einen Branchen-Kollektivvertrag für die Airlines mit Heimatbasen am Flughafen Wien verweigert und die WKÖ-Standortpolitik an die ausländischen Vorstandsetagen diverse Airlines delegiert", kritisiert Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, dass die Wirtschaftskammer in der Luftfahrt „seit Jahren verfehlte Standortpolitik auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreibt".   

„Gerade die Wirtschaftskammer hat uns gebetsmühlenartig erklärt, dass der Abschluss eines Branchen-KV für den Standort Wien zur Folge hätte, dass aufgrund möglicher Abwanderungen von Airlines aus Österreich zahlreiche Jobs in Gefahr seien. Jetzt vernichtet der beinharte Wettbewerb die ersten 500 Jobs, das hat die WKÖ zu verantworten. Mit einer Sozialpartnereinigung über einen Branchen-KV und einer gemeinsamen Standortpolitik im Sinne der österreichischen Volkswirtschaft hätte das verhindert werden können", unterstreicht Christina Pratl, stellvertretende Vorsitzende des vida-Fachbereichs Luftfahrt.   

„Dass es am Flughafen Wien stationierte Airlines mit Dumping-Lohn-Leiharbeitsverträgen um 1.130 Euro brutto im Monat oder Fluglinien ohne Betriebsrat und Kollektivvertrag, die eine Flugbegleiterin gerade einmal mit einem garantierten Monatsgehalt von 1.000 Euro brutto abspeisen, gibt, das geht ganz klar auf das Konto der verfehlten WKÖ-Politik", so Liebhart weiter. 

„Es wurde aber auch verabsäumt, nationale Spielregeln vorzugeben. Unter der letzten Bundesregierung wurde bedingungslos die Ticketabgabe gesenkt. Diese Senkung hätte nur für jene Unternehmen erfolgen dürfen, die sich auch an vordefinierte Sozialkriterien halten", kritisiert Liebhart. Die Bundesregierung sei dringend gefordert, endlich faire Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen, ergänzt Pratl. Manche Unternehmen leisten durch die Abfuhr der Einkommenssteuer in Österreich einen Beitrag zur Entwicklung unseres Landes. Andere hingegen, wie etwa die Wizz Air, würden ihre Einkommenssteuer auf niedrigerem Niveau im Ausland abführen. „Das ist unfair und darf nicht sein. Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, hier unverzüglich tätig zu werden, weil derartige Wettbewerbsverzerrungen sonst noch weitere hunderte Jobs in Österreich kosten werden", verlangt die vida-Gewerkschafterin. 

„Es ist klar, dass Airlines wie etwa die AUA, die faire Löhne nach Kollektivvertag bezahlen, im Wettbewerbsgemetzel der Billigflieger und Lohndrücker immer mehr unter Druck kommen", setzt Liebhart nach. „Hier ist insbesondere die WKÖ aufgefordert, unfaire Wettbewerbsbedingungen nicht weiter zu hegen und zu pflegen, sondern mit der Gewerkschaft endlich faire Spielregeln zu etablieren. Dazu gehört auch ein Branchen-KV für das in Österreich stationierte fliegende Personal. Oder will sie lieber erneut die Verantwortung für neue Dumpingverträge außerhalb des österreichischen Rechtsrahmes und weitere Arbeitsplatzvernichtung in Österreich übernehmen?", fragt Liebhart abschließend.

(red / OS / Vida)