Österreich

Pilotenfehler Ursache für Turkish-Unfall in Pristina

Eine Boeing 737-800 von Turkish Airlines im Landeanflug, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew

Am 2. Mai 2016 schoss eine Boeing 737 der Turkish Airlines in Pristina über das Pistenende hinaus. Nun enthüllt der offizielle Abschlussbericht ein verheerendes Pilotenversagen als Unfallursache.

Das Star Alliance Mitglied Turkish Airlines ist in Fachkreisen unter anderem für seine schlechte Sicherheitsbilanz bekannt, weshalb die Airline beispielsweise auch im JACDEC-Ranking nur auf einem der letzten Plätze zu finden ist. Nur einer von zahlreichen Un- und Zwischenfällen der jüngeren Vergangenheit war der Landeunfall einer Boeing 737-800 am 2. Mai 2016 in Pristina - wir berichteten damals.

Knapp vier Jahre später liegt nun der offizielle Abschlussbericht vor, und auch das nur, weil sich der Unfall außerhalb der Türkei ereignet hat. Denn die Türkei veröffentlicht - entgegen den Empfehlungen der ICAO - überhaupt keine Flugunfallberichte.

Laut dem Bericht war der Unfall in Pristina auf ein Versagen der Cockpitbesatzung zurückzuführen. So sei das Crew Ressource Management mangelhaft gewesen und die Piloten hätten dabei auch noch gegen die Vorgaben (SOP) ihres Arbeitgebers Turkish Airlines verstoßen.

Der als Pilot Monitoring agierende Erste Offizier habe es nämlich unterlassen, seinen Kapitän auf Flughöhe und Entfernung zur Piste hinzuweisen. In der Endphase des Anfluges sei die Sinkrate unter anderem so hoch gewesen, dass das Warnsystem EPGWS den akustischen "Sink Rate"-Alarm auslöste. Aber selbst dann sei das Einleiten eines Durchstartmanövers, wodurch der Unfall verhindert worden wäre, nicht erfolgt. Stattdessen setzte die Maschine erst rund 1.000 Meter nach Beginn der 2.500 Meter langen Piste 35 des Flughafens Pristina auf.

Als der Kapitän bemerkte, dass er die Boeing 737 nicht rechtzeitig vor dem Pistenende anhalten würde können, versuchte er, mit hoher Geschwindigkeit nach links in einen Rollweg abzubiegen, was misslang.

Schlechte Sicherheitsbilanz in der Türkei
Die Sicherheitsbilanz türkischer Fluglinien im Allgemeinen und die von Turkish Airlines im Speziellen ist auffällig negativ. Dafür verantwortlich sind etliche Faktoren, die Austrian Wings bereits im Jahr 2017 mit Unterstützung progressiver türkischer Piloten in einer Punktlandung ausführlich beleuchtete.

Großer Druck auf Crews
Unter anderem sei der Druck auf Besatzungen bei türkischen Carriern ist laut Insidern enorm. Austrian Wings sind Fälle bekannt, wo Piloten von türkischen Fluglinien nach Durchstartmanövern zum "Rapport" mussten oder in denen Verträge nicht verlängert wurden, weil Kapitäne aus Sicherheitsgründen auf Ausweichflughäfen gelandet waren.

"Es gibt viele sehr gute Piloten in der Türkei. Aber sie haben in dem bestehenden System kaum eine Chance, weil ihre Existenz sehr rasch vernichtet werden kann. Die einzige türkische Fluglinie, wo ich persönlich derzeit einsteigen würde, ist SunExpress, denn dort achtet die Lufthansa darauf, dass das Sicherheitsniveau passt", so ein türkischer Flugkapitän anlässlich eines kürzlich erfolgten Unfalls einer Pegasus Maschine gegenüber Austrian Wings.

(red)