Vor ziemlich genau drei Jahren hat der damalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) den Ausstieg aus dem Eurofighter verkündet. Ab 2020 werde ein Nachfolger verfügbar sein, ab 2023 der Eurofighter am Boden bleiben. Seien Sie nicht überrascht, dass auch das – wie so vieles andere – klassisch leere Meter des Verteidigungsressorts waren.
Zu den damals zurecht geschnitzten Zahlen der „Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung", die eine Eurofighter-Flugstunde auf €100.000,- hochgerechnet hatte, hieß es schon zu Zeiten von Doskozils Nachfolgers Kunasek, dass „neue Informationen" vorlägen, die die Betriebsstunde mit 60.000 Euro beziffern. Jüngeren Datums ist eine beantwortete parlamentarische Anfrage aus dem Februar diesen Jahres. Dort heißt es „60 bis 65 Mio." bei 1.400 Flugstunden. Macht 46.428 Euro pro Stunde.
Eurofighter-Betrieb nicht teurer als der des Draken
Kleiner Vergleich gefällig? Eine Draken-Flugstunde kostete im Jahr 2000 37.600 Euro (RH-Bericht Bund 2002/3). Nimmt man die Flugstunde im Jahr 2020 mit 60.000 Euro an, dann entspräche das etwa 2,3% jährlicher Inflation. Das Bruttoinlandsprodukt ist derweil um ca. 3% pro Jahr gestiegen. Von Mehrkosten des zweistrahligen Eurofighters gegenüber dem einstrahligen Draken kann also gar keine Rede sein.
Aber je nach politischer Großwetterlage darf man sich halt was rauspicken aus den Gruselstorys der Politikerriege. Der geneigte Wähler und Steuerzahler wird's schon fressen.
Also: Bis Mitte des Jahres sollte eine Entscheidung gefällt werden wie es weiter geht, was passiert. Und die Entscheidung ist gefallen. Sie lautet „Nichts". Die 105 geht sterben.
Ok, das ist eine korrekte Entscheidung. Hier flösse kein Cent mehr in irgend eine nachhaltig brauchbare Zukunft. Nachfolger gibt's aber keinen. Bleibt nur noch der Eurofighter, dessen teure Flugstunden ja als das Grundübel identifiziert wurden. Der muss jetzt weiter fliegen - und mehr fliegen.
Übrigens, mit Stichtag 13. Dezember 2019 standen 22 Piloten für die Saab 105Ö und 16 Piloten für den Eurofighter Typhoon zur Verfügung. Womit man sich jetzt die Frage stellen darf was denn mit den zweiundzwanzig 105er Piloten passiert, die ab Ende des Jahres ohne Arbeitsgerät dastehen. Mit ihnen steht und stirbt jede mögliche Entwicklung und Hoffnung hin zu einer 24h-Überwachung des Luftraumes.
Schweizer investieren in Ausbau ihrer Luftwaffe
Der Tag hat 24 Stunden, das Jahr meist 365 Tage, macht 8.760 Stunden jedes Jahr in denen unser Luftraum genutzt wird. Davon können wir derzeit 3.650 Stunden auch Flugzeuge hoch schicken. Den Rest der Zeit kann man nur den Punkt am Radar verfolgen. Es gibt aber zwischen 4.500 und 6.000 Überflüge ausländischer Militärflugzeuge pro Jahr – im Schnitt also alle 90-120 Minuten eines.
Die Schweizer bereiten sich gerade vor ihre nächtliche „Luftlücke" zu füllen. Auch dort hat man nachdem kalten Krieg ordentlich schleifen lassen. Jetzt weht der Wind wieder in die andere Richtung. Bis zu sechs Milliarden Franken will man investieren um ausreichend Flugzeuge für rund-um-die-Uhr-Betrieb zur Verfügung zu haben. Auf dem Papier war man in Österreich schon Ende der1990er Jahre so weit. Das Grundlagenpapier zur Draken-Nachfolge hat 2.700 Flugstunden für eine 24/365 LRÜ veranschlagt. Die Anzahl der Piloten die man benötigt ist auch relativ leicht errechnet.
Die Woche hat 7 Tage, der Tag 24 Stunden macht 168. Auf Basis einer 40 Stunden-Woche macht das 4,2 Köpfe. Fliegen soll eine Rotte (2 Maschinen mit je einem Piloten) ergibt 8,4. Je zwei Mann Reserve für Urlaub, Krankenstand, Kurse und Ausbildung. Ergibt abgerundet 14 Piloten nur für den 24h Alarmdienst. Wenn man genau darüber nachdenkt fehlt da aber noch so einiges. Wenn die nur herumsitzen und warten, dass der Alarm los geht können die Piloten ja recht wenige sonstige Dinge erledigen. Man kann nicht gleichzeitig sein Simulatortraining absolvieren und Alarmdienst schieben. Und mit aktuell rund 30-35 Alarmstarts pro Jahr kommt man während des Alarmdienstes auch nicht auf sein Flugstundenpensum. Es braucht also mehr Piloten. Irgendwo im Bereich 20-24 beginn das Rad sich ordentlich zu drehen.
Aber man braucht ja nicht nur Piloten. Auch an Bodenpersonal benötigt man mehr. Tower, Feuerwehr, Techniker muss dann auch 24/365 verfügbar sein. Insgesamt Kostenfaktoren, die offenbar über dem liegen was das Bundesheer an Geld zur Verfügung hat.
Sinnvolles Sparen ist das Gebot der Stunde
Man sollte also sparen. Beim größten Kostenfaktor, den Eurofighter-Flugstunden, ginge das am leichtesten. Statt dessen werden die jetzt mehr. Gut. Airbus hatte ein neues Wartungspaket zu deutlich günstigeren Konditionen angeboten. Aber mit Airbus spricht man ja – zumindest offiziell – nicht. Man hat für Österreich inzwischen schon drei gebrauchte Eurofighter-Zweisitzer im Angebot. Die Nachrüstung einer Basisausstattung an elektronischen Identifikations- und Selbstverteidigungseinrichtungen sowie einem Infrarot-Außenbehälter mit dem der Pilot in der Nacht was sehen könnte kommt alles nicht auf Unsummen. Würde nur noch ein neuer Trainer fehlen und Österreich wäre praktisch autark.
Wäre. Praktisch weiß man nicht wo man hin will. In den Eurofighter soll nichts investiert werden, das käme auf eine Verlängerung der Systemlebensdauer und auf eine Bestätigung, mit dem Flugzeug weiter zu machen, hinaus. Das ist politisch ein „No Go". Man weiß aber auch nicht wie man eine Neubeschaffung argumentieren soll. Selbst auf Leasingbasis gäbe es hohe Anschubkosten für den Systemumstieg. Nicht zu vergessen ist der Eurofighter ja ein vitales Wirtschaftsgut der Republik. Das auf einen Schlag abzuschreiben führt zu einem ordentlichen Fettfleck in den Büchern des Finanzministers.
Und verkaufen ist auch nicht. Wäre schon schwierig genug – aber wohl nicht völlig unmöglich - einen Kunden für gebrauchte Tranche 1 zu finden. Aber selbst wenn - die Bundesrepublik Deutschland müsste dem zustimmen da die Republik Österreich hier per Endnutzer-Vereinbarung gebunden ist. Und Airbus als Hersteller und Ersatzteilquelle müsste auch mit eingebunden werden. Das bräuchte tragfähige Beziehungsbrücken und keine seit mehr als zehn Jahren schwelende Streitigkeiten und anhängige Gerichtsverfahren.
Ohne zu wissen welches Jagdflugzeug man langfristig betreiben will, macht es auch kaum Sinn sich langfristig an ein neues Jettrainer-System zu binden. Nur wenn das toll ineinander greift, bekommt man die höchste Effektivität fürs Geld. Man sollte es nicht glauben, aber die Republik und ihre Politik haben es doch wirklich fertig gebracht, ohne fertiges Konzept zur Saab 105-Ablöse dazustehen. Wundern darf das nicht. Das hat man schon beim Draken nicht zusammengebracht und gehört offenbar zum guten Ton der Österreichischen Verteidigungspolitik.
Ohne sich all zu weit aus dem Fenster zu lehnen kann man wohl gesichert sagen, dass um 20.000 bis 25.000 Euro pro Flugstunde wahrscheinlich kein Überschall-Jäger zu finden ist. Die 2.700 Stunden pro Jahr allein mit einem leistungsfähigen System kann man also vergessen. Man braucht aber leistungsfähige Abfangjäger um zu „erwischen" was auch für noch so gute Jettrainer einfach zu schnell ist. Der richtige Mix macht es also. Man muss den leistungsfähigen Abfangjäger innerhalb des Budgetrahmens so beschränken, dass die Mittel für ausreichend Flugstunden auf einem deutlich billiger zu betreibenden Jettrainer frei werden.
Luftraumüberwachung muss sein
Unsere Heimat liegt, wie unsere schöne Bundeshymne zu verkünden weiß „dem Erdteil inmitten". Das bedeutet auch, dass wir Mitten auf der Verkehrsachse zwischen potentiellen NATO-Einsatzbasen im Norden und Westen und Süden und potenziellen Krisenherden im Norden, Osten und Süden liegen. Und da Luftstreitkräfte überall Krisenreaktionskräfte erster Ordnung sind, kann auch ganz rasch und unmittelbar entsprechender Flugverkehr auftreten.
„Kopf in den Sand" war „mit allen zu Gebote stehenden Mitteln" wohl nicht gemeint. Auch wenn man noch so sparsam sein möchte. Die Zweckmäßigkeit einer Luftraumüberwachung muss trotzdem gegeben bleiben. Mikado ist keine Lösung. Zeit war genug! Es sind jetzt rasche und zweckmäßige Entscheidungen von der Politik einzufordern!
Text: Martin Rosenkranz
Der Autor ist internationaler Militärluftfahrtexperte und gründete im Jahr 1997 das österreichische Militärluftfahrtmagazin "Airpower.at"
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