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LaudaMotion-Mitarbeiter: "Wenn die Türen zu sind, existiert Ryanair nicht!"

Der Todestag von Airlinegründer Niki Lauda sei gleichzeitig der Todesstoß für einen Job mit Perspektive gewesen, sagen LaudaMotion-Beschäftigte - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Prekäre Arbeitsbedingungen, fehlende Sicherheitskultur und mangelnde Hygienekonzepte in Zeiten von SARS-CoV-2 - worin für viele der Zwiespalt zwischen "Traumjob Flugbegleiter" und "Albtraum LaudaMotion" liegt...

Bei der Ryanair-Tochter LaudaMotion, welche in Kürze zur maltesischen "Lauda Europe" werden soll, hagelt es nach wie vor Kündigungen und Entlassungen. Viele davon seien für das Personal nicht im Ansatz nachvollziehbar, regelmäßig müssten Arbeitnehmervertreter oder Juristen sich mit diversen dubiosen Methoden der Firma auseinandersetzen, wie es heißt.

Besonders jene Mitarbeiter, welchen den neuen Arbeitsvertrag (CLA) nicht umgehend unterzeichnet hatten, stehen offensichtlich auf der Abschussliste des Unternehmens - darunter zahlreiche Beschäftigte, die seit Jahren und ohne Tadel für die Airline tätig waren, berichten Insider gegenüber Austrian Wings.

Die Arbeitsplatzsituation sei mittlerweile prekär, die Sicherheitskultur wird von vielen als gefährlich empfunden, Verkaufsdruck stünde an der Tagesordnung, Hygienekonzepte würden vernachlässigt - die Liste der Kritik seitens vieler Crewmitglieder wird nahezu täglich länger. "Seit Wochen sagen wir, dass es eigentlich nur noch besser werden kann, doch es wird konstant schlimmer", resignieren LaudaMotion-Kabinenmitarbeiter einhellig.

Anfangs, nach der Gründung von LaudaMotion, sei die Situation entspannt und mit Perspektive gewesen, wie viele bestätigen. "Da war das noch 'Österreich'", sagen Mitarbeiter der ersten Stunde, welche teils zuvor schon bei anderen Airlines tätig waren und das Geschäft also aus unterschiedlichen Perspektiven kennen. Manche sind auf Grund ihres Wohnortes oder aus familiären Gründen zu LaudaMotion gewechselt, hatten anfangs den Eindruck, bei einem aufstrebenden Unternehmen ihrem Traumjob nachgehen zu dürfen. Und auch das Gehalt sei gut gewesen, heißt es - auch, wenn die Abrechnungen oftmals nicht stimmten und regelmäßig zu wenig überwiesen worden sein soll.

Mit dem zunächst teilweisen, danach vollständigen Verkauf der "ehemals rot-weiß-roten Airline" an Ryanair begann aus Sicht vieler Mitarbeiter eine dramatische Abwärtsspirale.

"Der absolute Crash war der Todestag von Niki Lauda", erinnert sich ein deutsches LaudaMotion-Crewmitglied: "An diesem Tag war in Düsseldorf ein Meeting mit Geschäftsführer Andreas Gruber und der Düsseldorfer Kabinenleitung geplant. Dieses Meeting fand auch statt, und schon währenddessen erhielt Gruber ständig Anrufe aus Dublin, der Ryanair-Zentrale." Zu Lebzeiten Laudas habe Ryanair noch "die Füße stillgehalten", doch mit dessen Ableben "war Abrisskommando 2.0 angesagt". Fortan standen Arbeitsdruck, Überwachung und ein Klima der Angst auf der Agenda; der einstige Traumberuf wurde für viele zum Albtraum.

Nicht wenige dachten bereits über einen beruflichen Wechsel nach. Gerade während des Covid-19-Groundings glaubten viele nicht mehr daran, überhaupt wieder als Flugbegleiter abheben zu können, hatten bereits Bewerbungen in anderen Bereichen abgeschickt. Doch ein erfahrener Flight Attendant bringt auf den Punkt, weshalb viele trotz der miserablen Arbeitsbedingungen weiterhin für die Airline tätig sind: "Wir alle fliegen gerne. Und wenn die Flugzeugtüren zu sind, gibt es Momente, da existiert Ryanair nicht. Das ist unser Zwiespalt."

Von der Realität eingeholt werden viele auch jetzt wieder, wenn sie einer unsicheren Zukunft entgegenblicken. In Düsseldorf würden seit längerem vermehrt Mitarbeiter, von denen man annimmt, dass sie dem Unternehmen unbequem erscheinen, vor die Tür gesetzt - offiziell lautet die Begründung jedoch, dass man am Standort "zu viele Beschäftigte" habe. Doch gleichzeitig würde Personal von der Stuttgarter Basis regelmäßig eine Versetzung nach Düsseldorf schmackhaft gemacht...

Und dann seien da noch diverse fristlose Entlassungen, über die sich das Personal fassungslos zeigt. "Erst vor wenigen Tagen wurde eine Kollegin vor die Tür gesetzt, nachdem sie in den Krankenstand gegangen war. Die Firma erklärte salopp, das ärztliche Attest nicht anzuerkennen und gab der Mitarbeiterin dreißig Minuten Zeit, andere Unterlagen beizubringen. Danach folgte die Entlassung", sind Kollegen über derartige Vorgehensweisen, die nicht die Ausnahme darstellen sollen, schockiert. Natürlich versuche man, mit Unterstützung von Gewerkschaft und Anwälten gegen derartige Praktiken vorzugehen, doch für viele ist es ein Kampf wie David gegen Goliath. "Es dauert lange, bis überhaupt etwas passiert, und es zehrt unglaublich an der Substanz", so eine Betroffene.

Mitarbeitern der LaudaMotion-Basis in Stuttgart flatterten derweil E-Mails in den Posteingang, die ihnen angesichts der per 31. Oktober angesetzten Standortschließung das Ende ihres Arbeitsverhältnisses mitteilen. Gleichzeitig lädt das Unternehmen jedoch dazu ein, sich um eine der "begrenzten" Flugbegleiterpositionen bei der maltesischen "Lauda Europe Ltd." mit Basis in Düsseldorf zu bewerben. Dazu müsse mit den Worten "I apply" (dt.: "Ich bewerbe mich") schriftlich geantwortet werden, und Lauda Europe Ltd. Director Richard Higgins fügt in seinem Anschreiben hinzu: "No other form of words will be accepted" (dt.: "Keine andere Formulierung wird akzeptiert"). Die Deadline für eine solch kurzsilbige Bewerbung endete Donnerstag Nachmittag.

(red Aig)