Es war die seinerzeitige blau-schwarze Koalition (ÖVP/FPÖ) unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, welche in ihrem Regierungsübereinkommen die Beschaffung neuer Kampfjets als Ersatz für die in die Jahre gekommenen Saab J35 Draken, Baujahr 1963, absegnete. Anfangs war von 24 anzukaufenden Flugzeugen die Rede, später (2002) verständigte man sich auf 18 Stück. Eine einstimmige Entscheidung des Ministerrats.
Hierfür flossen knapp 1,96 Milliarden Euro – und ein „Deal der Ungereimtheiten“ nahm seinen Lauf. Die britische Strafverfolgungsbehörde Serious Fraud Office (SFO) stellte nach Hausdurchsuchungen Unterlagen sicher, welche auf Schmiergeldzahlungen des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems hindeuteten. Derartige Gelder sollen an „wichtige Entscheidungsträger“ geflossen sein – darunter nicht nur an Politiker, sondern auch Millionenzuwendungen etwa für einen Fußballklub, deren Hintergründe niemals ergründet werden konnten.
Unter Verteidigungsminister Günther Platter (Amtszeit 2003-2007) standen die Zeichen schließlich auf Vertragsausstieg, doch die Verdachtsmomente hinsichtlich entsprechender Nichterfüllung von Vertragsklauseln, auch was mögliche illegale Zuwendungen auf der Bieterseite beinhaltete, erschienen der Bundesregierung nicht ausreichend, um ohne immense Stornokosten (kolpotiert werden teils Summen um die 1,2 Milliarden Euro) aus dem Kontrakt entlassen zu werden. Minister-Nachfolger Norbert Darabos schloss schließlich 2007 eine Vereinbarung mit Hersteller EADS ab, wonach die Beschaffung von 18 auf 15 Jets reduziert werden sollte – davon neun neue und sechs gebrauchte Maschinen, allesamt aus Tranche 1. Dies senkte die Beschaffungskosten auf knapp 1,6 Milliarden Euro.
2017 erstattete das Verteidigungsministerium unter Minister Hans Peter Doskozil Strafanzeige gegen Airbus wegen des Verdachts der „arglistigen und betrügerischen Täuschung“ im Zuge der Abfangjänger-Beschaffung. Airbus und das Eurofighter-Konsortium hätten, so der Vorwurf, die Republik in Bezug auf Kaufpreis, Zustellbarkeit und Ausstattung der Flugzeuge getäuscht. Österreich hoffte, auf diese Weise aus dem Kaufvertrag aussteigen zu können und durch Airbus entschädigt zu werden – der Luftfahrtkonzern bestritt die Vorwürfe vehement.
2020 stand schließlich für das österreichische Bundesheer die Beschaffung neuer Mehrzweckhubschrauber als Ersatz für das Modell „Alouette III“ auf dem Plan. Ins Rennen gingen die Bell 429, der Leonardo AW169 sowie der Airbus Helicopters H145. Auf Grund der „Eurofighter-Vergangenheit“ hatte Airbus Helicopters jedoch von vornherein schlechte Karten – die amtierende Verteidigungsministerin Klaudia Tanner verlautbarte bereits kurz nach ihrem Amtsantritt im Jänner 2020 selbstgewiss, dass der Konzern Airbus sie „noch kennenlernen“ werde.
Dieser Tage, am 11. November 2020, teilte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, mit, dass das Ermittlungsverfahren (Betrugsverdacht bei der Eurofighterbeschaffung), welches bis dato etwa 7 Millionen Euro verschlungen hatte, nunmehr durch die Staatsanwaltschaft endgültig eingestellt wurde.
Österreich hat sich beim Heers-Nachfolgemodell zwischenzeitlich für den italienischen AW169 entschieden, zum Gesamtpreis von 300 Millionen Euro. 18 Stück des Drehflüglertyps werden eingeflottet und sollen ab Mitte 2022 im Einsatz stehen. Gegengeschäfte gibt es mit Leonardo keine, bekräftigt das Verteidigungsressort.
Neben allen Widrigkeiten des „Corona-Jahres“ 2020 bleibt also fraglich, ob EADS, also „Airbus“, Frau Tanner so „kennengelernt“ hat, wie diese angekündigt hatte. Realistische Chancen hatte der durch den „Eurofighter-Deal“ befleckte Konzern im Zuge der Heeresausschreibung von vornherein keine, sind Insider sich einig – obwohl die Militärversion des H145 ein weltweit vielfach erprobtes und zuverlässiges Fluggerät darstellt. Zudem wären die Beschaffungskosten nicht nur merklich günstiger ausgefallen als rund um den AW169-Deal, sondern die Airbus-Maschinen hätten auch wesentlich vielseitiger in der Schulung eingesetzt werden können als die deutlich größeren Leonardo-Maschinen, welche etwa für die Piloten-Grundausbildung gar nicht herangezogen werden können.
Sei’s drum.
Mit den AW169-Drehflüglern erhält das Bundesheer nichtsdestoweniger solide und leistungsstarke Hubschrauber, wenn auch für die teuersten Beschaffungs- und folgenden Erhaltungskosten.
Die Staatsanwaltschaft hat auf das Eurofighter-Betrugsverfahren nun endgültig den Deckel draufgesetzt. Ministerin Tanner ließ wissen, dass sie die Entscheidung „nicht nachvollziehen“ könne, doch die Finanzprokuratur bereits beauftragt habe, „alle etwaigen verbleibenden rechtlichen Mittel zu analysieren“.
Ob dabei noch realistische Erfolgsaussichten bestehen, bleibt fraglich.
Die Grünen wollen prüfen, ob man die Eurofighter verkaufen könne. Auch die SPÖ ortet eine gezielte Zerschlagung des „größten Korruptionsfalls in der Zweiten Republik“.
Die FPÖ fordert von Tanner nunmehr eine Entscheidung im Hinblick auf die Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung. Die Ministerin müsse „erklären, wie sie mit einem Fluggerät einer Firma, zu der es vonseiten der Republik keine ausreichende Gesprächsbasis mehr gibt, die Luftraumüberwachung für Österreich sicherstellen kann“.
Auf die eine oder andere Weise wird Airbus also Klaudia Tanner wohl unter Umständen doch noch kennenlernen dürfen.
(AG)
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