Seit dem 4. Jahrhundert wurden in Ähtiopien lebende Juden immer wieder verfolgt und diskriminiert - bis hinein in die Neuzeit. Mit dem Sturz von Kaiser Haile Selassie am 12. September 1974 verschlechterte sich die Situation der äthiopischen Juden erneut. Während des Umsturzes verloren etwa 2.500 der so genannten Beta Israel ihr Leben, weitere 7.000 wurden obdachlos. Es begann ein bis 1991 dauernder Bürgerkrieg in dem Land. Viele Juden wollten den Staat aufgrund der fragilen Sicherheitslage verlassen, doch das war kaum möglich.
Operation Moses
Zwischen dem 21. November 1984 und dem 5. Januar 1985 wurden zunächst rund 8.000 äthiopische Juden, die in den Sudan geflohen waren, von der belgischen Trans European Airways über Brüssel nach Israel ausgeflogen. Die Flüge fanden nachts unter Geheimhaltung statt. Als die Operation Moses öffentlich bekannt wurde, übten arabische Staaten Druck auf den ebenfalls mehrheitlich muslimischen Sudan aus, die Flüge zu verbieten. Rund 1.000 Juden mussten deshalb vorerst zurückgelassen werden.
Operation Joshua
Nach dem erzwungenen Abbruch der Operation Moses unterzeichneten alle 100 Senatoren der Vereinigten Staaten von Amerika eine geheime Petition an Präsident Ronald Reagan und forderten ihn auf, die Evakuierung wieder aufzunehmen. Der damalige Vizepräsident George H. W. Bush arrangierte daraufhin die Operation Joshua. Am 22. März 1985 wurden rund 500 äthiopische Juden mit sechs C-130 Hercules der US-Luftwaffe vom Sudan zum israelischen Militärflugplatz Ovda ausgeflogen.
Operation Salomon
Doch noch immer befanden sich tausende Juden in Äthiopien, die immer heftiger zwischen die Fronten des Bürgerkrieges gerieten. Eine offizielle Ausreise war ihnen verboten. Erst nach Zahlung eines "Lösegeldes" in Form von 40 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe gestattete die äthiopische Regierung die Ausreise der Juden. Als sich die Lage immer weiter zuspitzte, flohen die Juden in die Hauptstadt Addis Abeba. Als die Rebellen nur noch 50 Kilometer vor der Hauptstadt standen, floh Anfang Mai Oberst Mengistu Haile Mariam mit seiner Regierung ins Ausland. Israel reagierte rasch und nutzte das entstandene Machtvakuum für seine Rettungsaktion - die Operation Salomon. Normalerweise würde man rund zwei Wochen benötigen, um mehr als 14.000 Menschen per Luftbrücke zu evakuieren, doch Israel schaffte diese logistische Meisterleistung in gerade einmal zwei Tagen. Dass die Israelis zu derartigen Aktionen imstande sein würden, daran bestand spätestens seit dem Husarenstück von Entebbe im Jahr 1976 kein Zweifel mehr.
Bei der Operation Salomon kamen 35 Flugzeuge der Israelischen Luftwaffe sowie des Flagcarriers EL AL zum Einsatz: Lockheed C-130 Hercules, Boeing 707 und Boeing 747-200. Um mehr Platz an Bord der Flugzeuge zu schaffen, wurden alle Sitzbänke entfernt und die Evakuierten mussten auf dem Boden Platz nehmen.
Generalstabsmäßige Planung
Die jüdischen Flüchtlinge wurden in von israelischen Soldaten begleiteten Bussen zunächst von der israelischen Botschaft zum Flughafen gebracht und dort in Gruppen zu den wartenden Flugzeugen begleitet. Ärzte und Sanitäter betreuten die erschöpften und ausgehungerten Menschen. Teilweise mussten sie getragen werden. Sobald eine Maschine voll war, wurden die Türen geschlossen und das Flugzeug startete in Richtung Israel, um danach so rasch wie möglich leer nach Äthiopien zurückzukehren. Da die "Passagiere" aufgrund der Unterernährung nur wenig Gewicht hatten und auch zumeist nicht mehr als die Kleider, die sie am Leib trugen besaßen, konnten die Flugzeuge deutlich mehr Menschen pro Flug befördern als eigentlich möglich gewesen wäre. Zudem befanden sich unter den Evakuierten viele Kinder. Zeitweise befanden sich bis zu 27 der 35 eingesetzten Flugzeuge gleichzeitig in der Luft!
Der Rekordflug
Am 24. Mai 1991 wurde im Rahmen dieser Evakuierungsmission auch ein Flug durchgeführt, der bis heute im Guiness Buch der Rekorde zu finden ist. An Bord der EL AL Boeing 747-258C mit der Kennung 4X-AXD (die im regulären Betrieb für maximal 480 Fluggäste ausgelegt ist) wurden auf einem einzigen Flug mehr als 1.000 Menschen nach Israel befördert. Die genaue Zahl ist bis heute unklar, die Angaben schwanken zwischen 1.088 und 1.137 Menschen an Bord. Mindestens zwei Erdenbürger (einige Quellen sprechen sogar von fünf) erblickten während des Fluges von Äthiopien nach Israel noch über den Wolken in dem völlig überfüllten Jumbo das Licht der Welt.
Die 1975 gebaute 4X-AXD war als C-Version der 747-200 besonders flexibel. Sie besaß zwar Fenster, aber ebenso eine aufklappbare Nase. Die Maschine konnte als reine Passagier- als kombinierte Passagier- und Frachtmaschine oder als reines Frachtflugzeug betrieben werden, was sie für den Rekordflug prädestinierte. Im Jahr 2000 verkaufte EL AL dieses historische Flugzeug an Hydro Air of South Africa. Am 29. November 2003 verunfallte die Maschine in Nigeria und wurde verschrottet.
Bei ihrer Ankunft in Israel wurden die Menschen von Premierminister Jitzchak Schamir begrüßt.
Als die Operation Salomon am 25. Mai 1991 nach zwei Tagen abgeschlossen war, hatte Israel das Unmögliche möglich gemacht: In 41 Flügen wurden an Bord der 35 Maschinen von Luftwaffe und EL AL nach offiziellen Angaben 14.325 äthiopische Juden in ihre neue Heimat Israel geflogen. Eine vergleichbare Luftoperation hat es seither nirgendwo auf der Welt wieder gegeben.
Text: P. Huber
Fotos: Archiv EL AL, IDF, JDC.org