Geboren wurde diese Legende als Clarence Emil Anderson am 13. Jänner 1922 in Oakland, Kalifornien. Am 19. Januar 1942 trat der gerade einmal 20-Jährige der Air Force in Sacramento bei, wo er die fliegerische Grundausbildung absolvierte, anschließend auf Bell P-39 Aircobra geschult und schließlich nach Europa verlegt wurde.
Zwischen November 1943 und Jänner 1945 flog Anderson 116 Kampfeinsätze mit 480 Stunden Gesamtflugzeit. Hauptaufgabe war der Schutz der Bomberverbände vor den deutschen Abfangjägern. Dabei errang Anderson offiziell 16 1/4 Luftsiege. Die von ihm geflogenen Flugzeuge taufte er "Old Crow". Zudem wurde ihm die Zerstörung eines deutschen Flugzeuges auf dem Boden zuerkannt. Damit ist "Bud" Anderson dreifaches Fliegerass, der letzte noch lebende US-Veteran aus dem Zweiten Weltkrieg, mit einer derart hohen Abschusszahl.
Laut eigenen Angaben erreichte "Bud" Anderson auf dem europäischen Kriegsschauplatz folgende militärische Erfolge:
- 9 Focke-Wulf 190 bestätigt abgeschossen, zwei unbestätigte Abschüsse, 1 weitere beschädigt
- 7 Messerschmitt Me-109 bestätigt abgeschossen, 1 weitere beschädigt
- 1/4 Abschuss einer Heinkel He-111
- 1 Messerschmitt Me-109 auf dem Boden zerstört
Nach seiner Rückkehr in die USA wurde Anderson Testpilot auf der legendären Edwards Air Force Base. Während des Vietnamkrieges war er von Juni bis Dezember 1970 Kommandeur der 355. Tactical Fighter Wing. Zwei Jahre später, im März 1972, schied Anderson im Rang eines Oberst nach 30 Jahren aus dem aktiven Militärdienst aus. Zu seinen engsten Freunden zählte der im Dezember 2020 verstorbene Chuck Yeager, der als erster Mensch die Schallmauer durchbrochen hatte.
"Er ist der beste Jagdflieger den ich je gesehen habe."
Chuck Yeager über "Bud" Anderson
Anschließend ging Anderson zur McDonnell Aircraft Company, wo bis zu seiner Pensionierung in führender Funktion tätig war.
"Was hätte ich im Zweiten Weltkrieg für ein GPS-System in meinem Flugzeug gegeben."
"Bud" Anderson
Insgesamt absolvierte Oberst Anderson mehr als 7.500 Flugstunden als Pilot von über 130 Flugzeugtypen - von der P-51 bis hin zu modernen Kampfjets. Er erhielt für seinen Dienst im US-Militär 25 Auszeichnungen, unter anderem wurde ihm allein fünf Mal das Distinguished Flying Cross verliehen.
1990 veröffentlichte der erfahrene Flieger seine Erinnerungen in dem Buch "To Fly and to Fight", das auch unter dem deutschen Titel "... zum Fliegen und Kämpfen" erschienen ist. Das Buch kann von den Autoren dieses Beitrages jedem, der sich für Militärluftfahrt interessiert, absolut empfohlen werden. Über "Bud" Andersons offizielle Homepage ist es sogar möglich, ein vom Autor handsigniertes Exemplar zu bestellen.
In den 1990er Jahren nahm Anderson auch mehrfach an den Treffen ehemaliger deutscher Jagdflieger teil und lernte dabei einige seiner einstigen Gegner - unter anderem Adolf Galland (104 bestätigte Luftsiege) und Günther Rall (275 bestätigte Abschüsse) kennen. Die beiden Kriegsveteranen, die 50 Jahre zuvor keine Sekunde gezögert hätten, den anderen zu töten, wurden enge Freunde.
"Er ist einer der ganz Großen. Als Flieger, als Charakter, als langjähriger Freund. Zum Glück lernten wir uns erst einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg kennen. Alles andere hätte für mindestens einen von uns fatale Folgen gehabt."
Der deutsche Jagdflieger Günther Rall über seinen amerikanischen Freund "Bud" Anderson
"Bud" Anderson schildert in dem Buch auch, wie er die einstigen deutschen Flieger zunächst verachtet und sie später zu Freunden wurden.
"Im Oktober 1993 nahm ich an einem Treffen ehemaliger deutscher Jagdflieger Teil. Adolf Galland, Deutschlands bekanntestes As mit 104 Luftsiegen war ebenfalls dort. Auch Deutschlands größtes noch lebendes As, Günther Rall, mit 275 Luftsiegen. Letzten Endes waren wir gar nicht so verschieden. Wir tauschten Erinnerungen aus und ich betrachte ihn (Rall, Anm. d. Red.) heute als engen Freund."
"Bud" Anderson über Günther Rall
Während einer dieser Veranstaltungen legte Anderson gemeinsam mit seinen früheren Gegnern auch einen Kranz an einem Denkmal für gefallene deutsche Soldaten nieder.
Selbst im hohen Alter flog Anderson regelmäßig privat "just for fun" noch die P-51.
Austrian Wings wünscht Oberst Clarence E. "Bud" Anderson "happy birthday" und noch viele gesunde Jahre im Kreise seiner Familie.
Text: P. Huber, M. Dobrozemsky