Nicht klammheimlich, jedenfalls aber ohne großes Getöse hat das Bundesheer vor einigen Monaten das mobile Langreichweiten-Radar RAT-31 DL/M auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf aufgestellt und solcherart die Radarabdeckung der Goldhaube Richtung Osten wesentlich verdichtet.
Mit laut Hersteller über 500 Kilometern Reichweite – obwohl nicht klar angegeben an welcher Radar-Rückstrahlfläche (die Menge an Energie die ein Objekt reflektiert und dann ausgewertet werden kann) dies gemessen wurde – überblickt man jedenfalls ganz Ungarn bis in den westlichen Grenzraum der Ukraine. Ausreichend jedenfalls um 24/7 live das Layout der NATO-Luftraumoperationen an deren Ostgrenze zu beobachten und daraus Rückschlüsse zu ziehen.
Dass das ÖBH in weiser Voraussicht leider nicht falsch lag, sondern die Experten dort schon sehr viel Ahnung haben woher und in welcher Richtung der Wind weht, hat der 24.Februar bedauerlicherweise mehr als deutlich und für jenen klar erkennbar unterstrichen.
Nun kann man zwar rund-um-die-Uhr den Luftraum beobachten, im selben Zeitschema handlungsfähig ist die Republik aber bei weitem nicht.
Wie einst beim Draken
Es erinnert alles ein bisschen an die Slowenienkrise 1991. Zu den 24 Draken hatte man in Schweden auch 24 Piloten ausbilden lassen. Von diesen waren als es an der Südgrenze zur Sache ging gerade mal noch neun Piloten über. Der große Rest hatte es vorgezogen deutlich besser bezahlte dafür weniger risikoreiche, jedenfalls aber politisch und medial nicht „zum Abschuss freigegebene“, Jobs in der zivilen Luftfahrt anzunehmen.
Und ausgerechnet der damalige steirische Landeshauptmann Josef Krainer, jun., der zuvor noch als einer der lautesten Kläger den Unbill der Drakenstationierung in Graz Thalerhof und Zeltweg bitter beklagte - ausgerechnet der Steiermark würde die gesamte Last geschultert –, war einer der Ersten der den Einsatz in Wien dringendst urgierte.
Natürlich flogen die Draken, aber die Saab 105 half kräftig mit. Legendär jedenfalls der Flug von Oberst Sparrer, der sich mit einer unbewaffneten Saab 105 im Anflug auf Graz-Thalerhof auf einmal mit einem jugoslawischen MiG 21 Aufklärer konfrontiert sah.
Immerhin ist gut dokumentiert, dass die Steirer in Bad Radkersburg applaudierten als über ihnen die Draken-Rotte röhrend durch den Himmel schoss.
Jedenfalls hätte es dieser Versöhnung nicht gebraucht um endlich die zuvor verweigerte Verlängerung der Piste in Zeltweg in die Tat umzusetzen. Jetzt gab das Wehrgesetz den Ausschlag gegenüber der zivilen Blockadehaltung.
Natürlich nicht ohne „Skandal“ - immerhin hat man die Franzosen den Schweden vorgezogen und das kann ja nur mit Schmiergeld gehen - wurden Tieffugerfassungs- und Zielzuweisungs-Radargeräte sowie die Mistral-Boden-Luft-Raketen für die Truppe beschafft. Gehegt und gepflegt und nachgerüstet wo geboten, tun sie heute noch ihren Dienst für die Republik.
Der Draken, obwohl gemäß „Spezialwaffenverbot“ im Staatsvertrag verboten, immer noch verkabelt für Lenkwaffen, bekam rasch Sidewinder-Raketen und wurde mit gebrauchten Selbstschutz-Einrichtungen – Radarwarnempfängern und Störkörperwerfern – aus dänischen Gebrauchtbeständen nachgerüstet.
Österreichs Eurofighter sind leere Hüllen
Heute steht der Eurofighter-Betrieb ähnlich rudimentär da wie damals der Betrieb des Saab Draken. Es gibt etwas mehr Piloten aber in Summe weniger Flugstunden. Schon 24 Draken waren eigentlich zu wenige, von den Eurofightern gibt es nur 15. Es gibt mit der IRIS-T eine gute Kurzstrecken-Lenkwaffe aber keine Selbstschutz-Einrichtungen. Und in der Nacht kann man zwar fliegen aber optische Identifikation ist mangels Ausrüstung nicht möglich.
Am Boden fehlt ausreichend Personal um einen 24h Dienst zu ermöglichen – selbst Basisfunktionen wie Flughafenfeuerwehr, Flugwetterdienst und Tower lassen sich nur zu „Bürozeiten“ bewerkstelligen.
Ausgehend von einem Konzept welches 24+6 Maschinen mit einem klar umrissenen Ausrüstungsschema, fokussiert auf Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung(*), vorsah reduzierte die Politik von Beginn an die Mengen.
(*„Luftraumüberwachung“ und „Luftraumsicherung“ sind klar zu unterscheiden von „Luftraumverteidigung“. Letztere, so hat auch der Bundesrechnunghof klar festgestellt, würde über 60 Maschinen erforderlich machen.)
Ausgeschrieben wurden nur 24 Stk. Wobei bereits hier auf eine „normale“ LRÜ-Bewaffnung verzichtet wurde um unter den „magischen“ € 2 Mrd. zu bleiben. Bundesminister Platter (heute Landeshauptmann von Tirol) strich vorab die AMRAAM-Mittelstrecken-Luft-Luft-Rakete aus dem Beschaffungsumfang. Der Simulator in Zeltweg, der dieses Softwarepaket schon hatte, musste darauf hin ebenfalls „verschlankt“ werden.
Ein Hochwasser und einen Haider-Regierungsputsch später wurden nur 18 Maschinen bestellt.
Dafür gibt es aber immerhin eine gesetzliche Grundlage ( https://ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002871 ) aus der eindeutig zu entnehmen ist was und wie viel davon zu beschaffen ist....nämlich „18“ und nicht „15“ und auch nicht „bis zu“ und wer mit der Vollziehung...nämlich „im Einvernehmen“...betraut ist.
Dies hat den nächsten Bundesminister für Landesverteidigung nicht abgeschreckt, eine Entscheidung die unter Einbeziehung einer Vielzahl an Fachleuten mehrere Ministerien, einer 33-köpfigen Kommission aus mehreren militärischen Fachbereichen, dem Bundesrechnunghof, des Landesverteidigungsausschusses und letztlich beider Kammern des Parlaments, letztlich Gesetz wurde, eigenmächtig auf Hotelpapier umzustoßen.
Und jeder der wissen will was ein Gesetz letzten Endes hierzulande wert ist, und wie groß die Selbstachtung selbst einer großkoalitionären Regierung und dem Parlament vor sich selbst ist, der darf sich gerne das „Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüberwachungsflugzeugen“ durchlesen.
Der 24.Februar 2022 markiert das endgültige Ende der „Friedensdividende“
Der inzwischen - ziemlich eindeutig - nicht mehr geistig ganz gesunde russische Präsident Vladimir Putin – anders lassen sich die abstrakt skurrilen Fernsehauftritte im Zuge der Anerkennung der Separatistengebiete nicht erklären – hat inzwischen offen und unverhohlen selbst den neutralen Ländern Finnland und Schweden militärisch gedroht. Die Besetzung Tschernobyls, wo mit hohem international koordiniertem Aufwand erst vor wenigen Jahren ein neuer Einschluss für den zerstörten Reaktor 4, sowie Anlagen und Einrichtungen gebaut wurden um über die nächsten Jahrzehnte den Rückbau sicher bewerkstelligen zu können, zeugt ebenso von unverantwortlichem Vorgehen gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft. Eine Drohung mit Atomwaffeneinsatz – und es sei hier nur erwähnt, dass Russland eine Erstschlags-Doktrin verfolgt - kommt noch oben drauf.
Dass der potentielle Verkauf der österreichischen Eurofighter an Indonesien, an den sich auch Ministerin Tanner medial bis zuletzt geklammert hat, gescheitert ist, darf inzwischen als gesichert gelten. 15 nackte Maschinen ohne Zweisitzer sind sowieso ein Paket für das wohl kaum jemand Interesse zeigt, der ernsthaft „Kampfflugzeuge“ beschaffen und betreiben will. Außerdem war innerhalb der indonesischen Beratungsstäbe bereits vor vornherein klar, dass eigentlich nur neue Maschinen eine Option sind. Indonesien hat somit Anfang Februar seine Entscheidung 42 Rafale für US$8,1Mrd. zu beschaffen bekannt gegeben.
Nachrüstung des Eurofighters offenbar geplant
In Österreich hat derweil der Eurofighter ein Software-Update erhalten um weiterhin im Betrieb bleiben zu können. Hier hat man allerdings eine Variante gewählt die eine deutlich umfangreichere Verwendung der Daten aus dem MIDS-Terminal (https://de.wikipedia.org/wiki/Multifunctional_Information_Distribution_System) zu ermöglichen. Österreich ist hier weiter als selbst die NATO-Staaten.
Österreich hat außerdem der Royal Air Force eine „Wunschliste“ für Tranche 1 Teile übergeben die es in sich hat. Daraus ableitbar könnte ein deutlich intensiverer Betrieb bis mindestens Ende des Jahrzehnts in den Plänen des ÖBH stehen. Uns selbst die einst eingesparten Selbstverteidigungs-Einrichtungen sind auf dieser Liste angeführt.
Für den Simulator wurde ein Update nachgefragt um dort „Nachtsichtfähig“ zu trainieren. Noch ist aber nicht klar wohin hier die Tendenz geht. Von sehr kostengünstigen Lösungen wie Nachtsichtbrillen, über eine Lösung per „Litening“ Infrarot-Pod bis hin zu sehr kostspieligen neuen Helmen mit eingespiegeltem Infrarotbild geht hier das Spektrum der Möglichkeiten.
Und in nächster Zeit müssen auch wieder Support-Verträge verlängert werden. Das ist dann die Stunde der Wahrheit wo zu Papier gebracht wird für wie viele Flugstunden pro Jahr die Industrie in den nächsten Jahren Ersatz- und Umlaufteile liefern soll.
Seit dem 24.Februar 2022 müsste bei klarem Sachverstand der Politik die Frage lauten „nicht ob sondern wann“ diese Fähigkeiten zulaufen. Was sich da im Osten abspielt wird sich nicht so schnell in Wohlgefallen auflösen.
Und eben auch aus diesem Grund ist klar, dass 15 Eurofighter bei weitem nicht reichen um die Bedürfnisse einer intensiveren Überwachung des Luftraumes zu decken. Realistische betrachtet wird es nicht noch weitere Überschall-Kampfflugzeuge geben. Aber ein sehr fähiger Unterschall-Jet – und hier wäre vor allem die Alenia Aermacchi M-346FA zu nennen – kann hier wesentliche Aufgaben übernehmen. Nur als Beispiel sei zu nennen ,dass der oben erwähne „Litening“ Pod auch zu Aufklärungszwecken verwendet werden kann – eine Fähigkeit welche die Saab 105 während der Slowenien Krise noch erfüllen konnte und auch so zum Einsatz kam.
Das Bundesheer ist nicht mal mehr bedingt einsatzfähig
Erwähnt sei hier auch auf den jüngsten Vortrag von General Mag. Robert BRIEGER vor der Landesverteidigungsakademie ( https://youtu.be/h0NxsLSObI8 ) der eindeutig auch den Bedarf und den Wunsch nach für Ersatz der inzwischen in die Jahre gekommenen Mistral-Boden-Luft-Lenkwaffe hingewiesen hat. In gleichem Vortrag wird aber auch die finanziellen Realitäten des österreichischen Bundesheeres sehr drastisch vor Augen geführt. Man erkennt die Notwendigkeit den Kampfpanzer Leo 2A4, der auf dem technischen Stand vor 30+ Jahren steht nachzurüsten, möchte sich aber offenbar einen zwischen Schritt ersparen und wartet aber offenbar auf die geplante nächste Generation. Was der General nicht dazu sagt, vor 2030 ist aber mit keinen einsatzfähigen Ergebnissen aus den derzeit vorliegenden Konzepten zu rechnen...und wir reden nicht von „Stückzahlen“, sondern Österreich verfügt heute noch über 48 Fahrzeuge (drei Kompanien mit je 14 Panzern) beim Panzerbataillon 14 in Wels.
Soviel zur politischen Realität und dem nicht vorhandenen Willen der Republik Österreich, das Bundesheer selbst nur noch in marginalen Mengen auf technisch hohem Niveau auszustatten.
Das Resultat dieser Politik hat man dieser Woche erlebt. Und die selbe Klasse an Politikern, die bis eben noch bereit war jede militärische Fähigkeit bis zur Dysfunktionalität wegzusparen, ist heute nicht in der Lage rasche und wirksame Sanktionen gegen den Aggressor zu beschließen. Selbst die simpelsten Maßnahmen, wie z.B. die Sperre der Social Media Kanäle jener russischen Konzerne die für Putins Krieg das Geld verdient haben – GAZPROM, LUKOIL, ROATOM, etc. - sind nach wie vor Online.
Werte Politik!
Wer die Früchte, die Werkzeuge, die Werte und die Ressourcen einer freien, demokratischen und friedlichen Gesellschaft missbraucht darf nicht an diesen teilhaben dürfen! Es hat keine Oligarchenjacht mehr irgend etwas in einem westlichen Hafen zu suchen, kein Businessjet mehr irgendwas auf einem Flughafen, kein „russischer Gönner“ mehr irgendwas bei irgend welchen Festspielen. Die Innenstadt-Penthäuser, das Schloss am See und das Urlaubs-Chalet in Kitz gehören per einstweiliger Verfügung bis auf weiteres beschlagnahmt.
Länder die um ihre Freiheit schwer kämpfen oder darauf lange warten mussten, wie Großbritannien oder Polen, sind da offenbar deutlich rascher als Länder, die diese Freiheit „geschenkt“ bekamen wie Österreich und Deutschland oder die sich in ihrer innewohnenden Trägheit wälzenden EU.
Nicht nur Reden sondern auch rasches und resolutes Handeln ist angesagt.
Appeasement hat schon 1938 nicht funktioniert!
Text: Martin Rosenkranz
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