"Ohne den Luftraum zu beherrschen, können wir die Invasion nicht durchführen." Diese Worte werden dem Oberkommandierenden der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg, Hermann Göring, zugeschrieben. Er soll sie in der Frühphase der Luftschlacht um England gesagt haben. Ehe die deutschen Großbritannien besetzen konnten, mussten sie die Luftüberlegenheit erringen, was, wie der Kühnheit der britischen Royal Air Force Piloten zu verdanken war, glücklicherweise nicht gelungen ist. Diese militärische Weisheit ist zutreffend und hat bis heute uneingeschränkt Gültigkeit. Das erleben wir gerade in der Ukraine. Am 24. Februar dieses Jahres wurde der souveräne und demokratische Staat von den Streitkräften Russlands brutal überfallen. Seither wehren sich die ukrainischen Verteidiger mit dem Mut der Verzweiflung und wilder Entschlossenheit gegen den von Norden und Süden parallel einfallenden Feind. Nahezu täglich fügen sie den weit überlegenen russischen Invasoren schwerste Verluste und schießen Kampfjets sowie Helikopter der Aggressoren ab, zumeist mit vom Westen gelieferten Flugabwehrwaffen. Doch die Verteidiger sind stark in der Defensive, denn eines haben jene Männer und Frauen, die ihre Heimat zu schützen versuchen, in den ersten 48 Stunden der kriminellen russischen Attacke verloren: die Luftüberlegenheit. Die meisten ukrainischen Luftwaffenstützpunkte wurden durch russische Attacken in den ersten beiden Tagen des Angriffskriegs zerstört, dazu zahlreiche Flugzeuge und Hubschrauber der ukrainischen Streitkräfte. Nur noch ein Teil der Maschinen ist einsatzbereit und operiert von Behelfsbasen aus. Jagdflieger und ihre Kameraden in Angriffsflugzeugen wie der Su-24 attackieren immer wieder russische Boden- und Luftziele, doch es sind letzten Endes nur Nadelstiche. Das führt dazu, dass der mutmaßliche Kriegsverbrecher Wladimir Putin seine Bomben und Raketen weitgehend ungehindert auf zivile Einrichtungen und sogar Kinderkrankenhäuser abschießen kann. Mindestens 80 Kinder fielen dem russischen Terror bereits zum Opfer, vermutlich liegt die tatsächliche Zahl noch einmal deutlich höher.
Um diesem verbrecherischen Morden des Diktators Einhalt gebieten zu können, müsste die ukrainische Luftwaffe wieder stärker als bisher ins Kampfgeschehen eingreifen können. Doch das wäre nur mit zusätzlichen Flugzeugen möglich und das müssten auch noch Muster sein, mit denen Warte und Piloten vertraut sind. Genau solche Muster, primär die MiG 29, gibt es noch in mehreren osteuropäischen NATO-Staaten. Seit Kriegsbeginn bittet die ukrainische Regierung den Westen eindringlich, ihr diese Flugzeuge zur Verteidigung der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Was Polen am 8. März auch getan hat, oder besser gesagt tun wollte. Doch nur einen Tag später blockierten die USA - zum Entsetzen der tapfer kämpfenden Ukrainer - die Lieferung. Was auch den Unmut von 40 US-Senatoren erregte, die sich nun vehement für die Übergabe der Jets an die Ukraine einsetzen - Austrian Wings berichtete.
MiG 29 an die Ukraine übergeben - jetzt!
Zwar liefert der Westen der Ukraine Infanterie- und Flugabwehrwaffen, doch ohne zusätzliche Kampfjets erleiden die ukrainischen Streitkräfte und auch die Zivilbevölkerung vermeidbare schwere Verluste. Deshalb müssen die Jets der Ukraine einfach zur Verfügung gestellt werden. Tut der Westen das nicht, dann macht er sich moralisch genau so schuldig, wie im Zweiten Weltkrieg, als er die Vernichtungsmaschinerie in Auschwitz nicht durch Bombenangriffe gestoppt hatte, obwohl er militärisch dazu in der Lage gewesen wäre. Eine Nichtlieferung der Kampfjets an die Ukraine durch den Westen, ist beinahe so, als würde der Westen die Zivilisten in der Ukraine selbst bombardieren.
"Wenn der Westen jetzt die Lieferung der Kampfflugzeuge an die Ukraine nicht endlich genehmigt, ist es beinahe so, als würde er selbst ukrainische Zivilisten durch Luftangriffe töten. Er macht sich damit, jedenfalls aus ethisch-moralischer Sicht, zum Beitragstäter der Russen."
Putin ist unberechenbar
Sicherlich, das auch von den USA vorgebrachte Argument, dass der russische Diktator Wladimir Putin die Lieferung dieser Flugzeuge als Provokation sehen und den Konflikt deshalb weiter eskalieren könnte, ist nicht von der Hand zu weisen - einerseits. Andererseits ist Putin ohnedies derart unberechenbar, dass niemand garantieren kann, dass er sich nicht noch andere Länder einverleibt, wenn er sieht, wie erbärmlich passiv der Westen im Fall der Ukraine geblieben ist. Die NATO konnte sich ja trotz Flehen der Ukrainer noch nicht einmal zu einer Luftraumsperre durchringen.
Es gibt keinerlei Garantie, dass Russland nach einer Eroberung der Ukraine seine Fühler nicht in Richtung Georgien, Moldawien, Kasachstan oder gar einen der NATO-Staaten ausstreckt. Besonders beunruhigt sind die Menschen in den baltischen Staaten, sie fürchten, das nächste Opfer von Putins Aggression zu werden. Deshalb ist Handeln, in diesem Fall die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine, das Gebot der Stunde.
"Es sind nicht die Zeiten der Diplomatie, sondern die der Waffen."
Militärhistoriker Prof. Sönke Neitzel
Keine Zugeständnisse an Diktatoren
Und jenen wohlstandsverwöhnten, um nicht zu sagen, wohlstandsverwahrlosten, selbsternannten (Pseudo-)Pazifisten, die vom Sofa in der warmen Stube aus, mit erhobenem Zeigefinger, einem Oberlehrer gleich, fordern, Putin "nur ja nicht durch die Lieferung von Kampfjets zu provozieren", während dieser in der Ukraine Frauen und Kinder aus der Luft bombardieren lässt, seien die Worte von Bruno Kreisky in Erinnerung gerufen: "Lernen'S Geschichte, meine Herrschaften"!
Denn dann wüssten Sie, dass man größenwahnsinnigen Diktatoren keinerlei Zugeständnisse machen darf, weil sie das als Schwäche interpretieren. Ein Blick in die Geschichtsbücher reicht, um zu erkennen, dass Appeasment-Politik schon 1938 im Fall von Hitler nicht funktioniert hat. Und das wird sie im Fall des russischen Diktators Putin ebenfalls nicht.
Text: P. Huber
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