Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit (Koh 3,1)
Als ob es eines Beweises bedurft hätte, dass die heimische Politik geistig immer noch nicht in der post-24.Februar 2022-Zeit angekommen ist, wollen der Bund und das Land Steiermark evaluieren, ob die militärische Großveranstaltung „Airpower 2022“ (2. und 3. September 2022 ), angesichts des Krieges in Ukraine noch angebracht ist.
Als ob es eines Beweises bedurft hätte, dass die heimische Politik immer noch nicht begriffen hat was es bedeutet, wenn das flächenmäßig größte und am umfangreichsten mit Atomwaffen ausgerüstete Land der Welt, das flächenmäßig größte Land Europas mit militärischer Gewalt unterwerfen versucht. Mit der Unterzeichnung des „Budapester Memorandums“verpflichtete sich Russland einst, keine Waffen gegen die Ukraine einzusetzen sowie die bestehenden Grenzen zu wahren. Der Vertrag ist bei den Vereinten Nationen hinterlegt. Dem Herrn im Kreml interessierte das schon bei der Krim und im Donbas nicht.
Als ob es eines Beweises bedurft hätte, dass die heimische Politik immer noch glaubt, dass ein Kopf in den Sand stecken für einen Aggressor auch nur irgend etwas anderes bedeutet, als dass er ein willfähriges Opfer vor sich hat.
Der Herr im Kreml lässt sich nicht von Multilateralismus, von Bekenntnissen zu Frieden und Menschenrechten, nicht von „Wandel durch Handel“ und auch nicht von Verträgen beeindrucken. Und er bedroht auch neutrale Länder. Was braucht es noch um zu verstehen, dass er nur eine Sprache versteht, eine Einzige. Und diese eine Sprache muss nun mit ihm gesprochen werden.
Es ist unfassbar, dass die dritte Reihe, behütet im Schoß der NATO und während an vorderster Front die Ukrainer mit unfassbarem Heldenmut um ihre junge Demokratie und Freiheit kämpfen, offenbar nur Betroffenheitsfloskeln über hat. Was ist denn das für ein Signal an die kämpfende Truppe?
Ja richtig, russische Kampfflugzeuge kontrollieren den Luftraum über der Ukraine und sind mitverantwortlich für zahlreiche Todesopfer. Gerade deshalb ist es hoch an der Zeit herzuzeigen, dass man selbst auch Kampfflugzeuge besitzt. Und das wir Freunde haben die Kampfflugzeuge besitzen. Und noch notwendiger ist es das Volk und die Soldaten, die gelobt haben es nötigenfalls mit der Waffe zu verteidigen, zusammen zu bringen.
Im Gegenteil – nur eine „Airpower 2022“ ist bei weitem nicht genug. Die letzte Militärparade auf der Wiener Ringstraße datiert auf 2005. Es wäre höchst an der Zeit der Bevölkerung wieder mal vor Augen zu führen, was nach den nicht enden wollenden Schrumpfungsprozessen noch da ist.
Und erst nachdem die traurigen Reste des Bundesheeres an ihrem Volk vorbei paradiert sind, darf sich die Politik zusammensetzen und „evaluieren“ ob nicht „1%“ immer noch viel zu wenig sind um den angerichteten Großschaden halbwegs in Ordnung zu bringen.
Es ist die Zeit öffentlich zur Schau zu stellen, dass man auch seinen Clausewitz gelesen und verstanden hat, dass auch „die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ in der Bundes-Verfassung verankert ist. Und dass die Republik den Artikel 9a todernst nimmt und sich nicht mit dem sagenhaften „symbolischen Schuss“ zufrieden gibt, falls es denn notwendig wird. Denn eine andere Sprache versteht der Herr im Kreml nicht.
Text: Martin Rosenkranz
Über den Autor: Martin Rosenkranz ist international tätiger Militärexperte und Fachjournalist für Militärluftfahrt. Er gründete in den 1990er Jahren das Militärluftfahrtmagazin "airpower.at" (steht in keinem Zusammenhang mit der gleichnamigen Flugschau).
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.