Reportagen, Videobeiträge

Mit Video: Im Einsatz für Österreich - auf nächtlicher Patrouille mit der Flugpolizei

FLIR-Operator und Piloten bei der Arbeit - alle Fotos und Video: Austrian Wings Media Crew

Ob die Suche nach Vermissten, die Bekämpfung von Waldbränden, die Rettung von Menschen aus Bergnot, die Jagd nach Straftätern, kriminellen Menschenschmugglern oder illegalen Migranten - die Aufgaben der Flugpolizei sind vielfältig. Von der FEST Schwechat am Flughafen aus starten die Helikopter der fliegenden Ordnungshüter regelmäßig zu ihren Einsätzen. Austrian Wings begleitete eine dieser Missionen und schaute den Vollprofis im Cockpit über die Schulter.

Ein Abend im April dieses Jahres. Kurz vor 19 Uhr treffen die Piloten Steve Wallitzky, Georg L. sowie FLIR-Operator Michael P. auf der Flugeinsatzstelle (FEST) der Flugpolizei auf dem Areal des Wiener Flughafens ein und treten ihren 12-stündigen Nachtdienst an. Es erfolgt ein kurzes Übergabegespräch mit den Kollegen der Tagschicht. Dabei informiert die abgelöste Crew das neue Team, welches nun übernimmt, über allfällige technische Besonderheiten, den Tankinhalt der Maschine sowie den technischen Gesamtzustand des Helikopters und seiner Ausrüstung. Heute ist das der Eurocopter EC 135 P2+ mit dem Kennzeichen OE-BXB (Callsign "Police Bravo"), der 2009 an die Flugpolizei des Innenministeriums ausgeliefert wurde. Obwohl bereits 13 Jahre alt, glänzt der Lack des Helikopters in der untergehenden Abendsonne, die durch die gläsernen Tore in den modernen Hangar fällt. Die Maschine wirkt fabrikneu. Dieser Umstand ist vor allem dem hauseigenen Technikbetrieb der Flugpolizei zu verdanken, dessen hochqualifizierte Spezialisten tagtäglich dafür sorgen, dass die Helikopter-Flotte des Innenministeriums in einem technisch einwandfreien Zustand ist. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass im Cockpit und in der Wartung absolute Profis arbeiten.

Austrian Wings sprach mit Piloten der Flugpolizei und einem FLIR-Operator über ihre Aufgaben, respektive die Beweggründe, diesen Beruf zu ergreifen und begleitete eine nächtliche Überwachungsmission - zum Abspielen in den Player oder auf den Play-Button klicken.

Erfahrene Crew - Flieger aus Leidenschaft
Nach dem Übergabegespräch führt die Crew des Nachtdienstes eine eigene gründliche Überprüfung des Helikopters durch. Während einer der Piloten einen so genannten Outside-Check vornimmt, geht sein Kollege die Systeme im Cockpit durch. Parallel stellt FLIR-Operator Michael "Mike" P. sicher, dass das leistungsstarke FLIR-System der "Police Bravo" einsatzbereit ist.

FLIR-Operator Michael P.

P. ist ein erfahrener Veteran der Flugpolizei, wie er im Gespräch mit Austrian Wings schildert: "Ich bin seit über 30 Jahren am Flughafen, zunächst bei der Einsatzabteilung Kranich. Außerdem absolvierte ich Seiltechnikerkurse. Seit 2001 flog ich zunächst als Flugbeobachter bei der Flugpolizei mit, war von Anfang an auch als FLIR-Operator an Bord." Seit 2018 ist P. nun offiziell zur Abteilung Flugpolizei des BMI versetzt.

Die beiden Piloten sind nicht nur Vollblutpolizisten sondern auch leidenschaftliche Flieger. Steve Wallitzky ging 2005 zur Polizei und absolvierte neben seinem Dienst privat die Berufspilotenausbildung für Helikopter (CPL-H): "2011 bewarb ich mich auf eine Ausschreibung der Flugpolizei, bestand alle Selektionen und konnte schließlich 2012 mit der Ausbildung beginnen."

Steve Wallitzky ist nicht nur Einsatzpilot sondern auch Ausbilder für neue Luftfahrzeugführer des Innenministeriums.

Seit 2014 ist Wallitzky voll ausgebildeter Einsatzpilot, drei Jahre später erwarb er zusätzlich die Qualifikation als Fluglehrer und gibt sein Können nun zusätzlich zu seinen regulären Diensten an neue Einsatzpiloten der Exekutive weiter.

Auch für seinen heutigen Kollegen Georg L. hat sich mit diesem Beruf ein langjähriger Traum erfüllt: "Fliegen hat mich schon immer fasziniert. Ich erwarb 2011 zunächst den Privatpilotenschein für Helikopter." Ein Jahr später trat der heute 37-Jährige in die Exekutive ein: "Ich hatte im Hinterkopf immer den Wunsch, es ins Cockpit des Polizeihubschraubers zu schaffen, doch das lag damals noch in weiter Ferne."

Georg L. erfüllte sich seinen Kindheitstraum: "Als ich das erste Mal im Rahmen der Ausbildung bei der Flugpolizei die Turbine anlassen durfte, war das ein unbeschreibliches Gefühl."

In den Jahren 2015 und 2016 erweiterte der gebürtige Steirer seine Lizenz um den CPL-H. Doch erst 2020 ergab sich die Chance einer Bewerbung bei der Flugpolizei: "Die habe ich genutzt und es hat erfreulicherweise geklappt." Wobei die Selektionen ausgesprochen streng sind, ein Großteil der Bewerber scheitert.

"Sicherheit gehört zur DNA im Betrieb der Flugpolizei. Sämtliche Bewerber durchlaufen daher ein mehrstufiges Auswahlverfahren, um sicherzustellen, dass ausschließlich fachlich wie charakterlich geeignete Kandidaten ins Cockpit kommen."
Flugpolizei-Chef-Christian Stella gegenüber Austrian Wings

Bis ein Einsatzpilot sämtliche Missionsprofile eigenverantwortlich abdecken darf, dauert es drei bis fünf Jahre. Derzeit verfügt L. über die Berechtigung Einsatzpilot FLIR-Maschine. Das bedeutet, dass er eigenverantwortlich als "Pilot in Command" FLIR-Missionen bei Tag und Nacht durchführt.

Flughafen- und Grenzüberwachung
Die Mission für diesen Abend ist klar definiert: Grenzüberwachung. Denn kriminelle Menschenschmuggler bringen Illegale aus teils nicht immer unproblematischen Kulturkreisen, darunter mitunter auch Verbrecher und Personen, die mutmaßliche terroristische Gefährder sein könnten, von Ungarn über die grüne Grenze ins Burgenland.

Vor der eigentlichen Mission dieser Nacht steht jedoch noch ein Überwachungsflug im Bereich des Flughafens Schwechat an: "Bei Linienflügen aus beziehungsweise zu gewissen Destinationen stellen wir vor der Landung beziehungsweise vor dem Start des Flugzeugs aus der Luft sicher, dass keine Gefahr vom Boden ausgeht", erläutert Wallitzky den Hintergrund. Dass auch vom Boden aus eine reale Gefahr für Verkehrsflugzeuge bestehen kann, verdeutlicht der Anschlag von irakischen Terroristen auf einen DHL Airbus A300 im Jahr 2003 in Bagdad. So haben beispielsweise die Flugzeuge der israelischen Fluggesellschaft El Al ein Raketenabwehrsystem an Bord.

Briefing
Teamwork ist der Schlüssel zu Erfolg und Flugsicherheit. Daher ist die gesamte Besatzung in die Flugvorbereitungen mit eingebunden. Captain Steve Wallitzky, der heute grundsätzlich als  Pilot Flying fungiert, hält im Hangar ein Briefing ab. Dabei erläutert er auf einer Karte die geplante Flugstrecke, das Wetter sowie allfällige Besonderheiten der geplanten Mission. "Jedes Teammitglied kann und soll sich dabei aktiv einbringen", so der erfahrene Flieger, der mittlerweile über 1.500 Flugstunden im Logbuch stehen hat.

Ein umfassendes Briefing ist Bestandteil jeder Flugvorbereitung

Anschließend übernimmt FLIR-Operator Michael P. das Rangieren des Helikopters, fährt den auf einer mobilen Plattform abgestellten EC 135 (aktuelle Bezeichnung H135) aus dem Hangar heraus.

Die Piloten begeben sich zum Helikopter, nehmen auf ihren Sitzen Platz. Sie setzen ihre Helme mit den Nachtsichtgeräten auf, schließen die Gurte. Anschließend werden die elektronischen Systeme des Helikopters hochgefahren, durchlaufen dabei Selbsttests. Zudem überprüfen die beiden Flieger mit Argusaugen, ob irgendwelche Fehlermeldungen aufscheinen - Sicherheit hat oberste Priorität. Alles läuft dabei ausgesprochen ruhig und entspannt ab. Hektik oder Action wie in diversen Filmen sucht man vergebens, das wäre der Sicherheit auch nicht zuträglich.

Engine startup
Nachdem alle Systeme hochgefahren und überprüft sind, startet Wallitzky in Absprache mit seinem Kollegen hintereinander die beiden Pratt & Whitney PW 206B Turbinen des Helikopters. Jedes Triebwerk liefert bis zu 816 WPS Leistung. FLIR-Operator Michael P. überwacht - ähnlich wie der Flugretter im zivilen Flugrettungsbetrieb - den Anlassvorgang der Turbinen von außen, steht dabei über Funk mit seinen Kollegen im Cockpit in Verbindung. Erst, wenn die Turbinen einwandfrei laufen und er vom Cockpit aus die Bestätigung dafür bekommt, nimmt auch er seinen Platz in der Kabine ein.

Über Funk (zu hören in unserem Videobeitrag) informiert First Officer Georg L. den Kontrollturm, dass "Police Bravo" abflugbereit ist. Die Genehmigung des Towers zum "Start nach eigenem Ermessen" sowie zum Abflug in den "Sektor Mannswörth" kommt umgehend und wird von L. bestätigt. Nach einem kraftvollen Zug Wallitzkys am kollektiven Blattverstellhebel (Collective) erhebt sich die "Police Bravo" in den pechschwarzen Nachthimmel.

Auf Mission
Wallitzky fliegt nun den zu überwachenden Sektor im Bereich des Flughafens ab, L. unterstützt ihn als Pilot Monitoring bei der Luftraumbeobachtung (der Helikopter fliegt auf Sicht, in der Fachsprache VFR genannt), wobei die Rollen der Piloten jederzeit getauscht werden können, während FLIR-Operator Michael P. vom hinteren Bereich der Kabine aus das Herzstück des Maschine, den leistungsstarken Infrarotsensor (FLIR) am Bug des Helikopters, bedient und die Umgebung des Flughafens nach verdächtigen Aktivitäten absucht.

Dank FLIR wird die Nacht zum Tag ...

"Damit wird die Nacht gewissermaßen zum Tag, wir registrieren jede noch so kleine Wärmequelle" erläutert P., und tatsächlich: Sogar die Konturen von einzelnen Hasen, die über die Felder rund um den Flughafen hoppeln, werden gestochen scharf sichtbar. Nach dem ereignislosen Start des überwachten Linienfluges verabschiedet sich die Crew des Helikopters vom Tower und nimmt Kurs nach Osten. Der Donau entlang geht es zunächst Richtung Hainburg. Gesprochen wird nur das Nötigste, um Ablenkungen zu Vermeiden. Der FLIR-Operator hat in Absprache mit Georg L. das Bild der Wärembildkamera auch auf einen der Monitore ins Cockpit gelegt.

Schon auf dem Weg zur Grenze hält die Besatzung Ausschau nach möglichen kriminellen Aktivitäten, aber auch nach (noch unentdeckten) Unfällen oder Bränden, die sie gegebenenfalls an die Leitstelle am Boden melden würde.

FLIR-Operator Michael P. hat seinen Arbeitsplatz im hinteren Bereich der Kabine.

Doch heute ist es ruhig. Bei Hainburg drückt Wallitzky den H135 in eine Rechtskurve Richtung Süden. Auf der linken Seite bietet sich der Crew ein traumhafter Blick auf die hell erleuchtete nächtliche slowakische Hauptstadt Pressburg/Bratislava mit der von kräftigen Scheinwerfern angestrahlten Pressburger Burg. Die Lichter der malerischen Altstadt spiegeln sich im glatten Wasser der Donau, die durch slowakische Metropole verläuft. Es ist ein kitschiges Postkartenmotiv, ein wahrlich traumhafter Ausblick mit dem die Crew für ihren Einsatz belohnt wird.

Die slowakische Hauptstadt Pressburg

Doch die Männer im Cockpit haben keine Zeit, diesen Anblick lange zu genießen, denn ihr Auftrag ist unsere Sicherheit. "Den Bereich hier an der Grenze sehen wir uns näher an, hier hatten wir schon mal einen Aufgriff", informiert einer der Männer seine Kollegen wenige Minuten später über Intercom. Die "klassischen" Schlepperrouten sind der Exekutive bekannt, doch die kriminellen Menschenschmuggler (die mitunter auch nicht davor zurückschrecken auf Polizisten zu schießen) lassen sich immer neue Wege einfallen, um Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung illegal ins Land zu bringen.

Auf dem linken Display im Cockpit ist das Bild der Infrarotkamera eingeblendet.

Daher müssen sich auch die Männer und Frauen der Exekutive, die unsere Grenzen schützen und überwachen, immer wieder auf die neuen Vorgehensweisen der Kriminellen einstellen.

"Wir fliegen bei diesem Einsatz in einer Höhe von rund 2.000 Fuß und mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 80 Knoten."
Pilot Steve Wallitzky

Nach rund 50 Minuten geht die "Police Bravo" auf Kurs Nordwest und fliegt wieder in Richtung der FEST Schwechat. Kurz vor der Landung informiert FLIR-Einsatzpilot Georg L. den Tower über die Rückkehr. Der Lotse gibt die Landung "nach eigenem Ermessen" frei.  Butterweich setzt Wallitzky den Hubschrauber auf der Plattform auf.

Nach dem Herunterfahren der Turbinen, übernimmt FLIR-Operator Michael P. erneut das Rangieren der Maschine und führt die Betankung durch, ehe er den Helikopter wieder im Hangar platziert.

"Zu meinen Aufgaben gehört unter anderem auch die Betankung des Helikopters auf dem Stützpunkt."
FLIR-Operator Michael P.

Es ist jetzt gegen 22 Uhr. Die Mannschaft erledigt noch angefallene administrative Tätigkeiten, bereitet sich ihr Abendessen zu und ruht sich danach aus. Denn der Dienst geht noch bis 7 Uhr in der Früh. "Da jederzeit ein Alarm kommen kann, ist es wichtig, dass wir jederzeit fit und einsatzbereit sind", betonen die drei erfahrenen Flugpolizisten.

Sie fliegen für Österreichs Sicherheit.

Und schon in wenigen Tagen werden sie erneut abheben, um die burgenländisch-ungarische Grenze aus der Luft zu sichern. So wie die Crews von mehr als 20 Polizeihelikoptern im ganzen Land tagtäglich starten, um die verschiedensten exekutivdienstlichen Aufgaben wahrzunehmen und so gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen am Boden die Sicherheit Österreichs und seiner Bevölkerung zu gewährleisten. Dafür gebührt ihnen unser Dank und Respekt.

Glück ab, gut Land!

Text: P. Huber