18. Dezember 2017 (Bundesregierung Kurz I )
2018 setzt der neue Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) eine „Evaluierungskommission aktive Luftraumüberwachung“ ein. Und diese kommt zum Ergebnis, dass der gerade ein Jahr alte unter Doskozil erstellte Bericht zum Nachteil der Eurofighter gerechnet wurde.
Grundlage dafür war eine unterschiedlich lange Berechnung der Lebenszykluskosten der verschiedenen Varianten. In ersten Berechnungen sei der Eurofighter "nicht so schlecht ausgestiegen". Doskozil habe darauf hin den Eurofighter bis 2049 rechnen lassen.
Teil 4a der vielen Kuriositäten
...bis 2049 rechnen lassen....der Vertrag der Republik Österreich sieht eine Systemgarantie für 30 Jahre ab Lieferung vor. Somit 12. Juli 2037....und nicht 2049!
Ein und das selbe Ressort rechnet zu ein uns der selben Sachlage binnen Jahresfrist zwei unterschiedliche Ergebnisse. ...wtf? Muss man jetzt wirklich schon die Aufträge für Lebensdauerberechnungen dem Rechnungshof vorlegen um festzustellen ob hier ergebnisoffen formuliert wird? Ist das Niveau wirklich schon so tief? Hab ich irgendwo was vom sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Umgang mit Steuermitteln gelesen? Oder täusche ich mich? Gibt es da irgendwo Fußnoten die Ressortleiter von der Sorgfaltspflicht im Umgang mit dem Eigentum des Staates entbinden?
Am 09.Februar 2018 teilt die Staatsanwaltschaft München mit, gegen die Airbus Defence and Space GmbH wegen einer Ordnungswidrigkeit der fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung einen Bußgeldbescheid über 81,25 Mio. Euro zu erlassen. Im Zusammenhang mit dem Verkauf von achtzehn Kampfflugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon an die Republik Österreich kam es im Zug der Vermittlung der Kompensationsgeschäfte Geldflüsse, deren Zwecke nicht feststellbar sind. Es gab keine Nachweise für Bestechungszahlungen. Das Unternehmen hat das Bußgeld akzeptiert.
18. Mai 2019 (Einstweilige Bundesregierung Löger)
Per 03.Juni 2019 tritt Generalmajor Thomas Starlinger das Amt des Verteidigungsministers an. Seine wichtigste Arbeit im Zuge seiner nur 6-montigen Amtszeit ist ein schonungsloser Zustandsbericht über das Bundesheer. Der Bericht "Unser Heer 2030" liefert den politischen Verantwortungsträgern fundierte Entscheidungsgrundlagen für das Schließen der seit Jahren immer größer werdenden Lücke zwischen den Aufgaben des Österreichischen Bundesheeres und den dafür bereitgestellten Mitteln.
Das Papier ist bis zum 24.2.2022 die wesentlichste Grundlage auf Basis derer über zukünftige Fähigkeiten und finanzielle Dotierung des Bundesheeres gesprochen werden kann.
Den Investitionsbedarf rund um die Luftraumüberwachung beziffert das Papier mit EUR 1,03Mrd.
https://www.bundesheer.at/archiv/a2019/unserheer2030/pdf/zustandsbericht_unserheer2030.pdf
7. Jänner 2020 (Bundesregierung Kurz II und folgend)
Wenn ein Satz zu benennen wäre, mit dem Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wohl ewig in Erinnerung bleiben wird, dann lautet er wohl:
"Airbus wird mich noch kennenlernen"
Das Problem für Fr.Tanner dabei ist, zum Kennenlernen gehören zwei...und Airbus hat kein Interesse daran Fr.Tanner kennen zu lernen. Die Republik Österreich hat Airbus geklagt. Anklageerhebung gibt es keine. Aber Airbus wird sich hüten mit der Österreichischen Verteidigungsministerin irgendwelche Verhandlungen zu führen oder Aussagen zu tätigen, die gegebenenfalls Einfluss auf ein möglicherweise folgendes Verfahren hätten. Also keine Gespräche mit Airbus.
Statt Airbus in Leiden(NL) kommt im Sommer plötzlich Jakarta in Indonesiens auf Tanners Bekanntenliste. Pradowo Subianto, Verteidigungsminister des riesigen Inselstaates schickt Klaudia Tanner eine Anfrage betreffend Verhandlungen zum Verkauf der Österreichischen Eurofighter an Indonesien. Der betreffende Brief wird am 18.07.2020 in der Online-Kronenzeitung abgebildet.
Teil 4b der vielen Kuriositäten
Dass das Foto eines Briefes von einem Verteidigungsminister eines anderen Landes an die hiesige Ressorkollegin in der Boulevardpresse landet, gibts auch nur in Österreich. Noch am Abend des 18.Juli melde ich mich bei meinem Kontakt in Jakarta. Der ist Konsulent im dortigen Verteidigungsministerium, arbeitet für den Inselstaat an einem Großprojekt und fällt ob des Bildes in der Online-Krone (https://www.krone.at/2194851) aus allen Wolken...“how would this kind of letter leak to the media?“.
Ich kläre meinen Bekannten rasch auf was wir haben und was wir nicht haben. Dass wir im Rechtsstreit mit Airbus liegen und deswegen nicht miteinander sprechen. Im September schicke ich ihm einen Link zu einem Medienbericht – Tanner und Airbus kennen sich immer noch nicht.
Teil 4c der vielen Kuriositäten
Österreich kann keine Eurofighter verkaufen, denn Österreich hat ja ein Endverbraucherzertifikat unterzeichnen müssen. Sprich die Republik Österreich hat der Bundesrepublik Deutschland vertraglich zusichern müssen die Flugzeuge nicht weiter zu verkaufen. Ebenso ist Österreich vertraglich verpflichtet über viele der technischen Details de Eurofighters Vertraulichkeit zu wahren. Und der Betrieb eines so komplexen Systems setzt jedenfalls permanente Herstellerunterstützung voraus. Auch Airbus müsste also eingebunden werden. Nur Airbus spricht nicht mit Tanner denn Airbus wurde geklagt und spricht, wenn überhaupt nur vor Gericht. Es gibt also gar nicht viel zu besprechen mit Pradowo Subianto. So etwas nennt man „Doppelbindung“. Nur die Medien haben wieder Material...
Zumindest dieser gordische Knoten löst sich, wenn auch nicht im Sinne Tanners.
Indonesien entscheidet sich im Februar 2022 für 42 neue Rafales aus Frankreich. Und am 11.November 2020 teilt das Oberlandesgericht Wien mit, dass das Eurofighter-Verfahren endgültig eingestellt wird. Beschwerden der WKStA und der Republik Österreich gegen die Einstellung werden zurück gewiesen.
Ebenfalls eingestellt wir der Betrieb der Saab 105....ersatzlos. Und Österreich steht somit erstmals seit Lieferung der Draken Mitte der 80er Jahre mit einem „Ein-Flotten-System" da. Das Training neuer Piloten erfolgt nach der Basisausbildung auf der PC-7 vollständig im Ausland.
Im Teil 5 werden wir in einer neuen Welt aufwachen. In einer in der die zwei größten Länder Europas Krieg miteinander führen in der gesamten konventionellen Bandbreite, zu Wasser, zu Lande, in der Luft, im Informationsraum...und wo Raketen und Bomben auf Städte fallen, kaum 500km entfernt von der Österreichischen Hauptstadt.
Text: Martin Rosenkranz
Über den Autor
Luftfahrtexperte Martin Rosenkranz ist Gründer und Chefredakteur des Militärluftfahrtmagazins "Airpower.at" und hat sich in den vielen Jahren der Eurofighter-Ausschreibung, Beschaffung und den Nachwehen intensiv mit diesen Vorgängen beschäftigt. Er war auch im Untersuchungsausschuss live dabei und gilt als einer der international am besten informierten Experten auf diesem Gebiet. Aktuell schreibt er unter anderem auch für das Militärmagazin "Militär aktuell".
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.