"Doskozil führt sich fast schon so auf wie Orban." "Doskozil macht was er will!" "Warum brauchen wir überhaupt eine Ausschreibung für die Flugrettung? Es funktioniert doch alles!" "Wird jetzt so lange neu ausgeschrieben, bis der Wunschkandidat des roten Landesbarons zum Zug kommen kann?"
Das ist nur ein kleiner Auszug von, durchaus emotionalen, Postings von Bürgern in Sozialen Medien beziehungsweise von Nachrichten, die die Austrian Wings Redaktion telefonisch, per E-Mail oder persönlich zur Causa Flugrettung Burgenland erreichten. In nahezu allen Reaktionen und Rückmeldungen herrscht Unverständnis über das rote Flugrettungsexperiment des SPÖ-Landeshauptmannes Hans Peter Doskozil.
Austrian Wings Leser kennen die Vorgeschichte. Das Land will, so weit, so gut und legitim, einen neuen Flugrettungsstützpunkt im Nordburgenland errichten. Dazu gab es eine Ausschreibung, die allerdings auch die Neuvergabe des bestehenden Standortes Oberwart umfasste. Warum dies? Nun, der rote Landeshauptmann Doskozil begründete dies damit, dass die Flugrettung für das Burgenland künftig "aus einer Hand kommen" solle. Tatsächlich ist das in meinen Augen und meiner persönlichen Meinung nach nichts anderes als populistisches Geschwätz eines Machtpolitikers.
Denn sollte "Dosko", wie ihn seine Fans in blinder Verehrung nennen, das ernst meinen, dann müsste er, für den Fall, dass der ÖAMTC den Zuschlag nicht erhält, in der Zukunft konsequenterweise auch auf die Dienste von Christophorus 9, Christophorus 3, Christophorus 33, Christophorus 12 und Christophorus 17 verzichten. Denn all diese Notarzthubschrauber fliegen schon jetzt von anderen Bundesländern aus auch in das Burgenland ...
ÖAMTC bot bessere Qualität an
Die erste Ausschreibung gewann bekanntlich die Martin Flugrettung von Heli Austria (Roy Knaus). Und das obwohl der ÖAMTC nachweislich, selbst das Bundesland Burgenland bestätigte dies, die bessere Qualität bot. In drei von fünf Ausschreibungskriterien (alle Punkte, die die Qualität der Dienstleistung betrafen) war der ÖAMTC nämlich Erstgereihter. Dass die Martin Flugrettung trotzdem den Zuschlag erhielt, war wohl zu einem gewissen Teil einer "burgenländischen Besonderheit" der Ausschreibung geschuldet. Anstatt wie üblich "mit deutlich unter 50 Prozent" (laut ÖAMTC) beziehungsweise mit 30 bis 40 Prozent (laut Austrian Wings Recherchen) war der Preis seltsamerweise mit stolzen 55 Prozent gewichtet.
Fragen über Fragen
Der ÖAMTC erhob Einspruch gegen diese Entscheidung und erhielt vom Landesverwaltungsgericht Recht. Die Richter entdeckten einen schweren Formalfehler, der eigentlich bereits in der ersten Runde zum Ausscheiden der Martin Flugrettung hätte führen müssen. Dass dies nicht geschah ist schon ein Skandal für sich. Doch anstatt nach der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts, wie in solchen Fällen üblich, den Vertrag an den nächstbesten Bieter (das wäre der ÖAMTC) zu vergeben, schreibt das Land Burgenland die Vergabe nun einfach neu aus als wäre nichts gewesen.
"Eine ausführliche Analyse des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts durch unseren Anwalt hat ergeben, dass der beanstandete schwerwiegende Fehler bereits in der ersten Runde zum Ausschluss des Bewerbers hätte führen müssen."
Ein ÖAMTC-Sprecher gegenüber Austrian Wings
Nicht nur mancher Austrian Wings Leser stellt sich die Frage, ob jetzt so lange ausgeschrieben wird, bis ein möglicher "Wunschkandidat" des Landes den Zuschlag erhalten kann. Obwohl, einen Moment - einen solchen gibt es laut Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und seinem roten Klubobmann Robert Hergovich ja gar nicht.
Beide SPÖ-Politiker betonten in Aussendungen wiederholt, dass sie "keine Präferenz" bezüglich des Anbieters hätten und es nur um das Wohl der Patienten gehe. Da Politiker bekanntlich niemals in ihrem Leben die Unwahrheit sagen oder die Bevölkerung anschwindeln würden, glaube ich das natürlich und betone an dieser Stelle, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass es seitens des Burgenlandes keine Präferenz für irgendeinen Anbieter gibt. Doch gerade wegen dieser klaren Statements der Politik wird man ja wohl noch fragen dürfen:
- Weshalb war der Preis bei der ersten Ausschreibung mit 55 Prozent so unüblich hoch gewichtet?
- Wie kann es sein, dass ein Anbieter, der nur bei 2 von 3 Kriterien Erstgereihter ist, den Zuschlag trotzdem erhält?
- Weshalb hat der vom Land mit der Ausschreibung betraute Jurist Claus Casati in Zusammenhang mit der Flugrettungsvergabe öffentlich vor ORF Kameras erklärt, dass der Preis normalerweise mit rund 80 Prozent gewichtet wird, obwohl dies für vergleichbare Ausschreibungen im Flugrettungsbereich nicht den Tatsachen entspricht?
- Hat Casati vorsätzlich die Unwahrheit gesagt (eigentlich undenkbar bei einem so angesehenen Juristen), wusste er es tatsächlich nicht besser oder hat er sich einfach unklar ausgedrückt, weil in anderen Bereichen abseits der Flugrettung der Preis tatsächlich so hoch gewichtet wird?
- Weshalb haben weder die Juristen des Landes noch Anwalt Casati den schweren Formfehler, der das Landesverwaltungsgericht zur Aufhebung der Vergabe des Vertrages an die Martin Flugrettung veranlasste, bemerkt?
- Weshalb wird die Flugrettung nun neu ausgeschrieben, obwohl Juristen meinen, dass eine Neuausschreibung gar nicht zulässig sei?
- Weshalb nimmt das Land mit der Neuausschreibung eine mögliche zeitliche Verzögerung beim Start des neuen Flugrettungsstützpunktes im Nordburgenland in Kauf, obwohl Landeshauptmann Doskozil und Klubobmann Hergovich doch wiederholt sinngemäß betont haben, dass es ihnen nur um das Wohl der Patienten gehe?
- Was hat es mit der kolportierten Vergabe von Arbeitsflügen an Heli Austria (die Mutter der Martin Flugrettung) durch den landeseigenen Energieversorger Burgenland Energie (Energie Burgenland) auf sich?
- Warum nimmt die Burgenland Energie auf Anfrage nicht schriftlich dazu Stellung, ob entsprechende Aufträge an das besagte Unternehmen vergeben wurden?
Niemand unterstellt dem Land, in der Angelegenheit nicht rechtskonform und in bester Absicht für die Menschen gehandelt zu haben. Trotzdem bleibt für manchen Beobachter eine ausgesprochen schiefe Optik übrig, die dazu führen könnte, dass die Wähler Doskozils SPÖ bei den Wahlen im Herbst für das von ihr veranstaltete "Flugrettungstheater" abstrafen.
Die burgenländische Landesregierung hat nur noch eine einzige Möglichkeit, gesichtswahrend aus dieser Bredouille wieder herauszukommen: Sie muss die Neuausschreibung zurück ziehen, sich öffentlich dafür entschuldigen, dass der schwere Formalfehler vom Land beziehungsweise von den verantwortlichen Juristen übersehen wurde, und den Vertrag an den zweiten Anbieter, der alle Kriterien erfüllt hat, den ÖAMTC, vergeben. Alles andere würden viele Menschen nicht verstehen.
Text: Josef Dykal
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