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Sonderlandtag Flugrettung Burgenland: Doskozil schwadroniert Belangloses und wirft "Nebelgranaten"

Mehr als 20.000 Notfalleinsätze flog die ÖAMTC-Flugrettung seit 1983 im Burgenland - unfallfrei. Bei der aktuellen Ausschreibung war sie in 3 von 5 Ausschreibungskriterien Erstgereihter. Trotzdem vergab das SPÖ-geführte Burgenland den Vertrag an einen anderen Anbieter, der qualitativ hinter dem ÖAMTC lag, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew

Am Mittwochabend lief in Eisenstadt die Sonderlandtagssitzung zu den aufklärungsbedürftigen Vorgängen betreffend die Vergabe der Flugrettung im Burgenland. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil beantwortete dabei allerdings kaum eine Frage der Opposition zufriedenstellend, sondern schwadronierte zunächst einmal minutenlang über die Zweiklassenmedizin in Österreich ohne überhaupt auf die Causa Flugrettung einzugehen.

Austrian Wings Leser kennen die Vorgeschichte: Obwohl der ÖAMTC in drei von fünf Ausschreibungspunkten, nämlich bei allen, die die Qualität betrafen, Erstgereihter war, vergab das Land den Flugrettungsauftrag an die Martin Flugrettung GmbH. Möglich wurde dies wohl unter anderem dadurch, dass der Preis unüblich hoch gewichtet wurde, nämlich mit 55 Prozent. Üblich wären, gemessen an ähnlichen Ausschreibungen, 30 bis 40 Prozent gewesen. Der ÖAMTC erhob Einspruch und das Landesverwaltungsgericht Burgenland erklärte die Vergabe an die Martin Flugrettung GmbH der Heli Austria wegen eines schweren Fehlers für nichtig. Doch obwohl Juristen der Meinung sind, dass in diesem Fall eine Neuausschreibung gar nicht zulässig sei und der Vertrag nun an die nächsten Bieter, der alle Kriterien erfüllt, den ÖAMTC, vergeben werden muss, schrieb das Land die Flugrettungsvergabe einfach ein zweites Mal aus.

Seit etwa 18 Uhr lief am Mittwoch in Eisenstadt ein Sonderlandtag. ÖVP-Klubobmann Markus Ulram wies darauf hin, dass Landeshauptmann Hans Peter Doskozil während einer dringlichen Anfrage in einer vorangegangenen Landtagssitzung zur Causa Flugrettung die Unwahrheit gesagt hat. So antwortete Doskozil laut Ausführungen von Ulram auf die Frage, ob die Ausschreibung der Flugrettung nachträglich geändert worden sei, mit "Nein", obwohl es sehr wohl eine Änderung gab, wie auch das Landesverwaltungsgericht Burgenland feststellte.

Die ÖVP wies außerdem auf die auffällige Unfallbilanz von Heli Austria, die die Martin Flugrettung betreibt hin und darauf, dass der ÖAMTC in fast 30 Jahren mehr als 22.000 Einsätze im Burgenland unfallfrei geflogen hat.

Als Reaktion auf die Ausführungen des ÖVP-Klubobmannes schwadronierte Doskozil zunächst minutenlang über die Zweiklassenmedizin in Österreich ohne mit einem einzigen Wort auf die Causa Flugrettung einzugehen. Manche Beobachter werten das als reine "Nebelgranate" des Landeshauptmannes.

Erst danach äußerte sich Doskozil ziemlich oberflächlich zur Causa Flugrettung und erklärte, dass er keine Präferenz für einen Anbieter habe.

Doskozil ging jedoch mit keinem Wort darauf ein, dass Juristen der Meinung sind, dass eine Neuausschreibung gar nicht zulässig sei. Stattdessen behauptete er, die Neuausschreibung sei notwendig, damit die Angelegenheit "sauber" ablaufe. Danach attackierte er die ÖVP (inkl. der Bundesregierung) als Gesamtes, anstatt weiter auf die Causa Flugrettung einzugehen.

Scharfe Kritik am Verhalten von Doskozil gab es nicht nur von der ÖVP sondern auch von den Grünen und der FPÖ.

"Diese Sondersitzung und ihr Vorspiel sind ein Spiegel der Politik, wie sie derzeit im Burgenland betrieben wird. Die SPÖ betätigt sich als Opposition gegen die Bundesregierung, aber wenn ein Fehler in der Landesregierung gemacht wird, da sind sicher wieder auch da andere schuld. Die ohne Korrektiv arbeitende Landesregierung lässt die Landtagsabgeordneten spüren: Wir brauchen Euch nicht. Debatte oft unerwünscht. Es ist kaum Platz für vernünftigen politischen Diskurs. Hier im Saal wird genau so reagiert, wie man es aus autoritären Systemen kennt."
Die grüne Klubobfrau Regina Petrik

"Ich verstehe Ihren Unmut, wenn es um die Bundesregierung geht. Aber wir sprechen heute nicht über die Bundesregierung sondern über die Flugrettung. Und da gibt es ein vernichtendes Urteil des Landesverwaltungsgerichts. Die Flugrettung mit dem Christophorus hat perfekt funktioniert. 22.000 Einsätze ohne Zwischenfälle. Es war KEIN Formalfehler, wegen dem die Vergabe aufgehoben wurde. Der Fehler ist vielmehr unglaublich vernichtend. Den Fehler kann man nicht so wegwischen. Das Angebot der Zuschlagsempfängerin wäre bereits vor der Vergabe auszuscheiden gewesen, da deren Eignung nicht gegeben ist. Wenn so etwas ein Formalfehler ist, dann gnade uns Gott. Das ist nicht in Ordnung, Herr Landeshauptmann. Was soll bei einer Neuausschreibung herauskommen. Ich glaube schon, Herr Landeshauptmann, dass Sie da über das Ziel hinausgeschossen sind."
FPÖ-Klubobmann Johann Tschürtz

Auch Landeshauptmann Doskozils Vertrauter, Klubobmann Robert Hergovich, attackierte primär die Opposition, ging jedoch nicht auf die lange Liste offener Fragen betreffend die Causa Flugrettung ein. Stattdessen übte er sich gewissermaßen als PR-Agent des Landeshauptmannes und lobte dessen "verantwortungsvolle Politik".

In Bezug auf die Flugrettung zeigte Hergovich, dass er offensichtlich wenig Ahnung vom aktuellen System zu haben scheint. Er sprach nämlich davon, dass das Nordburgenland von Wiener Neustadt aus versorgt werde. Das ist aber nur teilweise korrekt, denn das Nordburgenland wird primär von Christophorus 9 aus Wien versorgt, zusätzlich kommen ergänzend Christophorus 3 und Christophorus 33 aus Wiener Neustadt zum Einsatz.

"Wenn die Flugrettung abhebt, geht es oft um Leben und Tod. Die Burgenländer haben das Recht zu erfahren, ob die Versorgung im Bereich der Flugrettung gewährleistet ist. Diese Sitzung ist wichtig, denn sie hat gezeigt, dass diese Versorgungssicherheit offenbar gefährdet ist. Besser als die Plattform "Austrian Wings" kann man den Auftritt des Landeshauptmannes nicht zusammenfassen. Das Portal titelt "Doskozil schwadroniert Belangloses und wirft "Nebelgranaten". Sie, Herr Landeshauptmann, verschleiern und gehen den Weg der politischen Brechstange. Es geht nur um die Farbe rot, unabhängig davon wie sicher und verlässlich der Hubschrauber ist. Damit spielen Sie mit der Sicherheit und der Gesundheit der Menschen im Burgenland. Ihre Zuschlagserteilung an den roten Hubschrauber war rechtswidrig. Das sagt nicht die ÖVP, das sagt ein unabhängiges Gericht. Der von Ihnen bevorzugte rote Hubschrauber bringt nicht den Nachweis der luftfahrtrechtlichen Genehmigung. Das heißt, er hat die Eignung nicht vorweisen können, dass er die Leistung erbringen kann. Das hat nichts mit einem Formalfehler zu tun. Und Sie wollen diesen Anbieter, der die Voraussetzung nicht erfüllt, den Zuschlag erfüllen. Dieser rote Hubschrauber hat nicht nur eine fatale Sicherheitsbilanz, sondern auch eine marode Wirtschaftsbilanz. Das sind die Tatsachen. Und ich bin wirklich erstaunt, dass Sie angesichts dieser Tatsachen noch immer an diesem Anbieter festhalten. Das Unternehmen hat zahlreiche Abstürze mit Todesopfern, die Sicherheitsbilanz ist sehr getrübt, aber auch die wirtschaftliche Bilanz ist sehr marode, meine geschätzten Damen und Herren. Ich frage mich, ob niemand von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, einen Blick in die Bilanzen dieses Unternehmens geworfen hat. Der Jahresabschluss zeigt deutlich auf, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Unternehmens nicht gegeben ist. Die Martin Flugrettung hatte 326.000 Euro Bilanzverlust und Verbindlichkeiten in Höhe von 625.000 Euro. Auch die Muttergesellschaft Heli Austria hat Millionen an offenen Verbindlichkeiten.
ÖVP-Abgeordneter Patrik Fazekas

Fazekas verwies außerdem darauf, dass sich ein Whistleblower bei der ÖVP gemeldet und angegeben habe, dass genau die Heli Austria (Muttergesellschaft der Martin Flugrettung) von der Burgenland Energie den Auftrag zur Kontrolle der Hochspannungsleitungen erhalten habe. Entsprechende Berichte gingen auch an Austrian Wings, die Burgenland Energie verweigerte eine schriftliche Beantwortung der offenen Fragen.

"Die lange Erfahrung des ÖAMTC spielt eine entscheidende Rolle, die sollte man nicht leichtfertig über Bord werfen. Ich war heute am Stützpunkt von Christophorus 16 und habe mir ein Bild der Lage gemacht. Der ÖAMTC und seine Crews leisten Hervorragendes. Wenn alles passt, bleiben wir doch bei Altbewährtem. Bleiben wir beim Christophorus, der ausgezeichnete Arbeit leistet."
ÖVP-Abgeordneter Georg Rosner

Rosner warf die Frage auf, wie schnell die Heli Austria, die ja vorwiegend in Westösterreich unterwegs ist, ggf. einen Ersatzhubschrauber bereit stellen kann, wenn eine Maschine wegen technischen Problemen ausfällt.

Auch der nächste SPÖ-Redner, Roland Fürst, ging mit keinem Wort auf die lange Liste der offenen Fragen betreffend Flugrettung ein. Stattdessen attackierte auch Fürst die ÖVP und betonte, dass der SPÖ "egal" sei, wer den Zuschlag erhalte. Danach referierte Fürst über hohe Energiepreise und Probleme der Wirtschaft, obwohl sich der Sonderlandtag eigentlich um das Thema Flugrettung drehen sollte. Anschließend erzählte Fürst, dass er eine Dokumentation über Nordkorea gesehen habe und kritisierte die grüne Abgeordnete Petrik.

Landtagspräsidentin Verena Dunst erklärt am Ende des Sonderlandtages, dass sie die Anfrage der ÖVP zur schriftlichen Beantwortung an den Landeshauptmann weitergeleitet habe. Danach erklärte sie den Sonderlandtag für beendet.

(red JD, AJ, TM, CvD)