"Wir stehen technische Weiterentwicklungen in der Luftfahrt offen gegenüber", so Matthais Baier, Pressesprecher und Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit. "Aber Sie müssen die Sicherheit verbessern, nicht verschlechtern- und eine Verbesserung der Sicherheit durch Reduzierung der Cockpitbesatzung ist derzeit nicht erkennbar, im Gegenteil: Mit den aktuellen technischen Möglichkeiten würde das sehr hohe Sicherheitsniveau in der Luftfahrt dadurch gefährdet werden."
Befürworter der Konzepte argumentieren mit vermeintlichen wirtschaftlichen Vorteilen sowie mit einer angeblichen Verbesserung des Fatigue Managements, was aber bisher nicht belegt werden konnte. Im Gegenteil: Der Geisterflug mit anschließendem Absturz der von nur einem Piloten gesteuerten OE-FGR Anfang September wäre nach Meinung zahlreicher Piloten mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert worden, wenn ein zweiter Pilot an Bord gewesen wäre. Dieser Crash sollte ein "abschreckendes Beispiel" sein, dass Single Pilot Operations unter gar keinen Umständen in der Passagier- und Frachtluftfahrt Anwendung finden dürfen.
"Wir warnen dringend davor, solche Technologien vorschnell zuzulassen. Der weiteren Entwicklung und dem verstärkten Einsatz von Automatisierung muss eine gründliche Risikobewertung unter Einbeziehung aller Beteiligten auf allen Ebenen der Industrie sowie der Regulierungsbehörden, Regierungen usw. vorausgehen. Die Reduzierung der Cockpitbesatzung auf eine Person lehnen wir unabhängig von der Flugphase ab. Der Erhalt und die Erhöhung der Flugsicherheit müssen auch künftige Vorrang vor ökonomischen Interessen haben", so Baier weiter.
Details zur möglichen Gefährdung der Flugsicherheit durch Personal-Reduktion: Die Arbeitsbelastung ist für einzelne Piloten in kritischen Situationen signifikant höher als im Zwei-Personen-Cockpit. Es wird auf absehbare Zeit nicht möglich sein, einen Ausfall des verbleibenden Menschen im Cockpit durch das System zu kompensieren. Deshalb besteht die erhebliche Gefahr, dass das aktuelle Sicherheitsniveau mit Reduced Crew Operations nicht aufrecht erhalten werden kann. Der Verlust der menschlichen Redundanz könnte daher den bisherigen Trend der Erhöhung der Sicherheit durch steigende Automation gefährden. Piloten, die noch die Zeit der Dreimann-Cockpits miterlebt haben, berichten immer wieder von gefährlichen Situationen in Zweimann-Cockpits, die wahrscheinlich durch die Anwesenheit des Flugingenieurs verhindert worden wären. Deshalb dürfe es unter gar keinen Umständen eine weitere Reduktion der Cockpitbesatzung geben, zwei Piloten zu jeder Zeit im Cockpit seien das absolut erforderliche Minimum für einen sicheren Flugbetrieb.
Auch eine Verlagerung eines Piloten aus dem Cockpit in eine Bodenkontrollstation bewertet die VC als sicherheitskritisch. Momentan ist eine entsprechende Datalink-Infrastruktur technisch in Bezug auf Cybersecurity und Latenz der Datenübertragung für den gewerblichen Luftverkehr nicht realisierbar. Dies würde außerdem die Zusammenarbeit der Piloten erheblich beeinträchtigen, was den Aufbau eines adäquaten Situationsbewusstseins in Frage stellt.
Weitere schwerwiegende Hindernisse für den Flugbetrieb mit nur einem Piloten im Cockpit sind Faktoren wie Ermüdung/Erschöpfung und ein möglicher einer Person im Cockpit nicht angemessen kompensiert werden. Medizinische und Lizenzierungsbestimmungen sind ebenfalls ungeklärt, so die Vereinigung Cockpit.
(red / VC)