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34 Jahre nach Lockerbie-Anschlag: Weiterer Verdächtiger in US-Haft

Die über Lockerbie explodierte "Clipper Maid of the Seas" - Foto: Ted Quackenbush

Am 21. Dezember 1988 explodierte in einer 747 der US-Airline Pan Am über dem schottischen Ort Lockerbie eine Bombe. 270 Menschen starben. In einem Prozess mit vielen Fragezeichen wurde womöglich ein Unschuldiger verurteilt. Jetzt sitzt ein weiterer Verdächtiger in US-Haft.

Am 21. Dezember 1988 sollte die Boeing 747-121, N739PA, "Clipper Maid of the Seas" der legendären Fluglinie Pan Am von London Heathrow nach New York JFK fliegen. An Bord befanden sich 243 Passagiere aus 21 Ländern und 16 Besatzungsmitglieder. Viele der Reisenden, darunter auch zahlreiche US-Soldaten, flogen nach New York um Weihnachten in der Heimat zu feiern. Doch als sich die Maschine über dem schottischen Ort Lockerbie befand, explodierte an Bord eine Bombe, der Jumbo brach noch in der Luft auseinander und stürzte in die schottische Ortschaft Lockerbie. Neben den 259 Insassen der 747 kamen auch 11 Einwohner am Boden ums Leben.

In einem Prozess, der mehr Fragen aufwarf als er klärte, wurde der ehemalige libysche Geheimagent Geheimagent Abdel Bassit Ali Mohammed el Megrahi 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt (zuvor war er bereits seit 1989 in den Niederlanden in Untersuchungshaft gesessen), obwohl Beweise gefälscht und andere Spuren ignoriert wurden. Spuren, die etwa nach Syrien, Palästina oder den Iran führten, wurden, obwohl überdeutlich, nämlich nicht verfolgt, stattdessen lastete man die gesamte Schuld dem Angeklagten an, der im Jahr 1988 Sicherheitschef der libyschen Fluglinie auf Malta war. Megrahi selbst beteuerte bis zu seinem Tod seine Unschuld. Für viele Menschen war das Verfahren ein Schauprozess, der mit einem politisch vor allem von den USA erwünschten Urteile endete. Selbst Angehörige der Opfer waren von der Unschuld des Mannes überzeugt, der 2009 aus "humanitären Gründen" aus der Haft entlassen wurde und 2012 an Krebs starb. Auch der schottische Rechtsprofessor Robert Black befasst sich seit vielen Jahren in seinem Blog mit den zahlreichen Ungereimtheiten im Fall Lockerbie.

"Wenn dieses Urteil jemand bei mir als Seminararbeit eingereicht hätte, dann wäre das ein Nichtgenügend gewesen, wegen Inkonsistenz des ganzen Argumentes."
Dr. Hans Köchler, UN-Prozessbeobachter im Lockerbie Verfahren

Weiterer Verdächtiger
Jetzt haben die USA den Libyer Abu Agila Masud in Gewahrsam genommen. Wie er in die Hände der USA gelangte, ist allerdings unklar. Laut BBC war er in Libyen entführt worden, möglicherweise mit dem Ziel, ihn an die USA auszuliefern. Die USA hatten seit zwei Jahren nach Masud gefahndet, der die Bombe gebaut haben soll. Ihm droht lebenslange Haft.

Doch trotz gefälschter Beweise und ignorierter Spuren im Prozess gegen den ersten Verdächtigen vor mehr als 20 Jahren, halten die USA weiterhin daran fest, dass der verstorbene Abdel Bassit Ali Mohammed el Megrahi ebenfalls schuldig und ein Komplize Masuds war.

Buch und Film über Lockerbie
Der pensionierte britische Arzt und Sprengstoffexperte Dr. Jim Swire (85) verlor seine Tochter Flora an Bord von Pan Am 103 und befasst sich seit Jahren mit den Hintergründen der Tragödie. Auch er ist davon überzeugt, dass mit El Megrahi ein unschuldiges Bauernopfer verurteilt wurde. Im Vorjahr veröffentlichte der 85-Jährige das Buch "The Lockerbie Bombing - A Father's search for Justice", derzeit arbeitet er an einer TV-Dokumentation über den Anschlag, wie Swire im heurigen November auf seiner Webseite bekannt gab.

(red)