Austrian Wings Leser kennen die Vorgeschichte - kurz nach dem Start der Boeing 767-300ER, OE-LAY, die nach Montreal fliegen sollte, trat im Cockpit eine Fehlermeldung auf. Die Besatzung entschloss sich zur Rückkehr nach Wien, wo der betagte Zweistrahler (das Flugzeug wurde vor fast einem Vierteljahrhundert an Lauda Air ausgeliefert und später von der AUA übernommen) von Technikern der AUA überprüft und für den neuerlichen Start freigegeben wurde. Doch das Problem trat in der Luft wieder auf, weshalb die Crew erneut umkehrte, um sicher auf dem Flughafen Wien zu landen. Die AUA-Pressestelle bestätigte "technische Probleme", nannte jedoch keine Details.
Seitenruder betroffen
Die erfuhr Austrian Wings dafür von AUA-Mitarbeitern selbst. Demnach leuchtete im Cockpit beide Male die Warnung "Rudder ratio" auf. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass die korrekte Funktion des mit zunehmender Geschwindigkeit automatisch begrenzten maximalen Seitenruderausschlags möglicherweise nicht mehr gewährleistet ist. Bei Seitenwind(landungen) oder einem Triebwerksausfall kann dies zu ernsten Problemen führen. Die Entscheidung der beiden Luftfahrzeugführer, umzukehren war goldrichtig belegt einmal mehr die ausgesprochen hohe Sicherheitskultur sowie das professionelle Ausbildungsniveau der Austrian Airlines Piloten. Die AUA ist in Sachen Sicherheit(skultur) seit Jahrzehnten vorbildlich.
Diese von der AUA praktizierte hohe Sicherheitskultur findet man unglücklicherweise nicht überall in der Branche. Als Negativbeispiel seien diverse Billigflieger erwähnt, die ihre, teils über dubiose arbeitsrechtliche Konstrukte beschäftigten, Piloten so unter Druck setzen, dass diese sich im Krankheitsfall aus Angst vor Jobverlust mit Medikamenten "zudröhnen" und trotzdem fliegen, um nur ein Beispiel zu nennen ...
Aber auch in Österreich gab es über Jahre eine Fluglinie, die es mit der Sicherheit offenbar nicht so genau nahm - die Aufsichtsbehörde schaute weg oder bekam nichts mit. Gemeint ist hier alte Lauda Air, die unter anderem ein Flugzeug namens "Mozart" über Monate und trotz sich wiederholender Fehlermeldungen mit einer defekten Schubumkehr durch die Welt fliegen ließ. Bis die Maschine schließlich, laut Gutachter in einem gar nicht mehr flugtauglichen Zustand, am 26. Mai 1991 schließlich abstürzte und alle 223 Insassen mit in den Tod riss. Doch zurück in die Gegenwart.
Oldies machen immer wieder Probleme
Der Fall der doppelt rückgelandeten OE-LAY der AUA, er reiht sich ein in eine lange Kette von kleineren technischen Problemen mit der alternden 767-Flotte, zeigt jedoch ein Problem der rot-weiß-roten Traditionsfluglinie auf. Obwohl die Maschinen dank der hervorragenden Arbeit der hochqualifizierten AUA-Techniker sicher sind, müssen immer wieder Flüge gestrichen werden oder sind verspätet, weil es kurzfristig auftretende technische Probleme gibt. Es ist eben wie mit alten Autos: Auch bei perfekter Wartung steigt mit zunehmendem Alter die Zahl der "technischen Wehwehchen" einfach an. Die aus Lauda Air Zeiten (die AUA musste die de facto konkursreife Airline von Niki Lauda dereinst auf politischen Druck hin übernehmen) stammenden Boeing 767 zählen zu den ältesten der gesamten AUA-Flotte und sind entsprechend häufig davon betroffen.
Neues Fluggerät dringend benötigt
Schon seit Jahren ist das Thema "Erneuerung der Langstreckenflotte" auf der Agenda der jeweils amtierenden AUA-Vorstände, doch die Konzernmutter Lufthansa stattet bisher bevorzugt SWISS mit neuem Fluggerät aus, während die AUA weiter durch die Finger schaut. Doch so wie bisher kann es nicht weitergehen. Neben der sinkenden technischen Zuverlässigkeit der 767-Flotte, ist auch das den Passagieren gebotene Produkt nicht mehr zeitgemäß.Weder an Bord der Boeing 767 noch der Boeing 777 gibt es Internet - und wir schreiben 2023. Nachgerüstet wird es jedoch nicht mehr, da die Tage der 767 und der 777 bei der AUA gezählt sind.
787 wahrscheinlich
Schon seit Monaten wird in Lufthansa-Kreisen kolportiert, dass die Boeing 787 als Ersatz für die Boeing 767 und 777 vorgesehen sei. Offen ist allerdings, WANN die modernen Dreamliner endlich zur AUA-Flotte stoßen. Es kann nicht früh genug sein. Doch der Ball dafür liegt bei Lufthansa CEO Carsten Spohr.
Text: HP
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