Entwicklung des Luftverkehrs 2022
Nach der Aufhebung der pandemiebedingten Reisebeschränkungen im vergangenen Frühjahr ist der Passagierluftverkehr im Jahr 2022 wieder stark gewachsen. Die deutschen Fluggesellschaften beförderten insgesamt 112,2 Millionen Passagiere. Das entspricht einem Wachstum von 114 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch an den deutschen Flughäfen hat sich die Zahl der Reisenden 2022 mit einem Zuwachs von 110 Prozent auf insgesamt 164,7 Millionen mehr als verdoppelt. Damit erreichte die Passagierzahl an den deutschen Flughäfen rund 66 Prozent des Niveaus im Vor-Corona-Jahr 2019. Ähnlich hat sich der Travel-Retail-Markt entwickelt, zu dem u.a. die Duty-Free-Shops an den Flughäfen zählen.
Getrieben wurde die Entwicklung vor allem durch ein starkes Wachstum auf Europa- und Interkontinentalstrecken. Hier erreichte das Angebot der Fluggesellschaften 73, bzw. 67 Prozent des Niveaus von 2019. Dagegen zeigte sich auf Inlandsstrecken ein zweigeteiltes Bild. Während das Angebot von und zu den Luftfahrt-Drehkreuzen Frankfurt und München im Sommer 2022 auf 58 Prozent des Niveaus von 2019 gewachsen ist, erreichte es auf dezentralen Strecken erst 27 Prozent. Hier machen sich die zunehmende elektronische Kommunikation sowie eine Verlagerung auf die Verkehrsträger Straße und Schiene bemerkbar.
In der Luftfracht ging das Volumen der an deutschen Flughäfen verladenen Güter im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr zwar um sieben Prozent auf 5,1 Millionen Tonnen leicht zurück. Nach dem Corona-Ausnahmejahr 2021 mit einem überproportional großen Aufkommen an Luftfracht verzeichnete die Sparte aber auch 2022 eine höhere Nachfrage als in den Jahren vor der Pandemie.
Weiteres Wachstum im Jahr 2023
Im laufenden Jahr erwartet die deutsche Luftverkehrswirtschaft einen weiteren Anstieg der Nachfrage und einen entsprechenden Zuwachs beim Sitzplatzangebot. Das Angebot auf Interkontinental- und Europastrecken erreicht 88 Prozent des Niveaus von 2019.
In der Folge zeichnet sich ein besonders hohes Verkehrswachstum an den beiden Drehkreuzen Frankfurt und München ab. Darüber hinaus können einige kleinere Flughäfen, die eine starke Präsenz von Punkt-zu-Punkt-Airlines sichern konnten, stark zulegen (u.a. Dortmund und Nürnberg). Dagegen fällt die Erholung des Angebots an den mittelgroßen Standorten Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover und Stuttgart unterdurchschnittlich aus. Hier haben Punkt-zu-Punkt-Airlines ihr Angebot teilweise erheblich gegenüber der Vor-Corona-Zeit reduziert und an andere europäische Luftverkehrsstandorte verlagert. Als Gründe führen sie die vergleichsweise hohen Standortkosten in Deutschland (insb. Luftverkehrsteuer, Gebühren für Flugsicherung, Sicherheitskontrollen) an.
Dies ist auch der wesentliche Grund für eine stärkere Erholung des Luftverkehrs in anderen europäischen Ländern. Dort erreicht das Angebot der Fluggesellschaften im Sommer 2023 voraussichtlich bereits 98 Prozent des Niveaus von 2019.
Vorbereitungen auf Reisesaison 2023
„Die sprunghaft angestiegene Nachfrage nach der Aufhebung der pandemiebedingten Beschränkungen hat die Branche im vergangenen Sommerreiseverkehr weltweit vor große Herausforderungen gestellt, da sie auf Engpässe bei der Personalverfügbarkeit traf“, sagt Jost Lammers, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Um die sich für dieses Jahr abzeichnende weiter zunehmende Nachfrage bedienen und den Passagieren ein möglichst reibungsloses Reiseerlebnis bieten zu können, bereitet sich die Branche seit Monaten intensiv auf die bevorstehende Reisesaison vor.“
Mit Blick auf den weiteren Hochlauf des Reiseverkehrs haben die Systempartner der Luftverkehrswirtschaft (Flughäfen, Fluggesellschaften, Bundespolizei, Deutsche Flugsicherung und Bodenverkehrsdienstleister) ihre Anstrengungen verstärkt. Seit Herbst 2022 findet hierzu zusätzlich ein systematischer Austausch auf Ebene des BDL statt. Die Branche hat Maßnahmen zur Optimierung der Prozesse beim Check-in, bei der Flugzeugabfertigung, Gepäcknachverfolgung sowie bei der Personalrekrutierung auf den Weg gebracht. Die Rahmenbedingungen bleiben jedoch in einigen Bereichen herausfordernd, insbesondere bei der Personalrekrutierung.
Um eine ausreichende Personalrekrutierung erreichen zu können, spricht sich der BDL für eine erleichterte Beschäftigung auch von angelernten Arbeitskräften aus Drittstatten aus. „Die Diskussion um den Einsatz von Arbeitskräften aus der Türkei im Jahr 2022 hat gezeigt, dass der Weg über eine komplizierte Sondergenehmigung zu umständlich und langwierig ist. Die mit dem Entwurf des Arbeitskräftezuwanderungsgesetzes vorgesehene Schaffung von befristeten Kontingenten würde die Personalrekrutierung erleichtern. Die geplante Befristung auf sechs Monate sollte jedoch auf die Dauer eines Sommerflugplans, also auf acht Monate, ausgedehnt werden. Da die gesetzliche Neuregelung aber noch Zeit braucht, bedarf es schon vorher kurzfristig wirkender Genehmigungen, die mit geringeren bürokratischen Hürden verbunden sind“, sagt BDL-Präsident Lammers.
Darüber hinaus müssen die Organisation und Abläufe der staatlichen Sicherheitskontrollen verbessert werden. Dazu ist der breite Einsatz von moderner, effizienter Technik dringend nötig. Der BDL begrüßt daher, dass das Bundesinnenministerium und die Bundespolizei an den Kontrollstellen entsprechende Verbesserungen zügig mit Wirkung auf den bevorstehenden Reiseverkehr auf den Weg bringen und überlange Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen vermeiden wollen.
Der BDL weist zudem darauf hin, dass die kriegsbedingte Sperrung der Lufträume Russlands und der Ukraine weiterhin zu Engpässen bei der Nutzung des deutschen Luftraums führt. Auch finden weiterhin umfangreiche militärische Aktivitäten im deutschen Luftraum statt. Darüber hinaus befürchtet der BDL mögliche Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs durch die militärische Großübung „Air Defender 2023“ im Juni. Um Verspätungen im Luftverkehr zu vermeiden, sollten die Auswirkungen auf den ohnehin hochbelasteten deutschen Luftraum auf ein Minimum reduziert werden. Gleiches gilt für die Einführung der Flugsicherungstechnologie iCAS. Bei den Arbeiten zur technischen Umstellung sollten Kapazitätseinschränkungen so gering wie möglich ausfallen.
(red / BDL)