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Yeti Airlines Crash: Zwischenbericht zeigt mögliche Pilotenfehler

Die verunglückte Maschine - Foto: TMLN123 CC BY SA 4.0

Einen Monat nach dem Absturz einer ATR 72 der Yeti Airlines in Nepal mit 72 Todesopfern, haben die Behörden einen ersten Zwischenbericht veröffentlicht - und der wirft kein gutes Licht auf das Verhalten der beiden Piloten im Cockpit.

Vor etwas mehr als einem Monat verunglückte - wie berichtet - eine ATR 72-500 der Yeti Airlines kurz vor der Landung in Pokhara. Videoaufnahmen zeigen, wie die langsam fliegende Maschine nach einem Strömungsabriss (Stall) über die linke Tragfläche abkippt und Sekunden später auf dem Boden aufschlägt. Alle 72 Insassen kamen bei dem Crash ums Leben. Vor etwas mehr als einer Woche wurde bekannt, dass beide Luftschrauben zum Zeitpunkt des Absturzes in Segelstellung gefahren waren. Im kürzlich veröffentlichten Zwischenbericht werden weitere Details genannt.

Demnach befanden sich zwei Kapitäne im Cockpit: eine Pilotin auf dem linken Sitz (Kapitänsplatz) und ein Ausbildungskapitän auf dem rechten Sitz. Zweck des Fluges war, die Kapitänin mit dem erst kurz zuvor neu eröffneten Flughafen von Pokhara vertraut zu machen. Im Fachjargon spricht man von "Aerodrome familarization".

Der Anflug verlief zunächst normal. Um 10:56:12 fuhr der als Pilot Monitoring agierende (Ausbildungs-)Kapitän auf dem rechten Sitz auf Anweisung des Pilot Flying auf dem linken Sitz die Landeklappen auf 15 Grad sowie das Fahrwerk aus. Triebwerke und Luftschrauben arbeiteten zu diesem Zeitpunkt im regulären Modus, die Maschine flog auf Autopilot.

15 Sekunden später deaktivierte die links sitzende Frau Flugkapitän den Autopiloten in einer Höhe von 721 Fuß über dem Boden und wies ihren Kollegen an, die Klappen auf 30 Grad zu setzen, was dieser bestätigte. Doch laut Flugschreiber konnte keine Bewegung der Landeklappen aufgezeichnet werden. Stattdessen reduzierte sich zeitgleich die Drehzahl beider Luftschrauben, die in Segelstellung fuhren. Parallel - ein Sicherheitsmechanismus - dazu reduzierte sich auch die Leistung beider Triebwerke. Unmittelbar darauf ertönte die "Master Caution" Warnung im Cockpit.

Doch anstatt auf die Warnung sowie den lebensbedrohlichen Antriebsverlust adäquat zu reagieren, arbeitete die Crew die "Before Landing Checklist" ab und leitete dann die Linkskurve ein. Dabei wurden zwar die Leistungshebel beider Triebwerke von 41 Prozent auf 44 Prozent nach vorne geschoben, doch da sich die Propeller in Segelstellung befanden, wurde kein zusätzlicher Vortrieb erzeugt. Die Fluggeschwindigkeit fiel rapide weiter ab.

In einer Höhe von 500 Fuß fragte die Kapitänin auf dem linken Sitz den neben ihr sitzenden Ausbildungskapitän, ob sie die Linkskurve fortsetzen solle - was dieser bejahte. Die Maschine hatte zu diesem Zeitpunkt eine Schräglage von 30 Grad. Kurz darauf war im Cockpit ein "Klickgeräusch" zu hören und die Klappen fuhren doch noch auf 30 Grad aus. Die Pilotin bemerkte zweimal verwundert, dass die Triebwerke keinen Schub produzierten und erhöhte die Leistung auf den Schubhebeln von 44 auf 62 Prozent, später auf Maximallast, ohne, dass sich der Vortrieb erhöhte, denn die Luftschrauben befanden sich weiterhin in Segelstellung (Feather position)

Um 10:57:18 Uhr übergab die Pilotin die Steuerung an den zweiten Kapitän, der damit vom Pilot Monitoring (PM) zum Pilot Flying (PF) wurde und gleichfalls verwundert das Fehlen der Triebwerksleistung kommentierte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Maschine nur noch weniger als 400 Fuß über dem Boden.

In einer Höhe von 311 Fuß über dem Boden löste der Stick Shaker aus und warnte die Piloten vor einem drohenden Strömungsabriss. Unmittelbar geriet die ATR 72 in den Strömungsabriss (Stall) und kippte über die linke Tragfläche ab. Beim Aufprall um 10:57:32 kamen alle 72 Menschen an Bord des Flugzeuges ums Leben.

Theorie zu Pilotenfehler
Zwar lassen die Ermittler im Zwischenbericht die Ursache für das Fahren der Luftschrauben in Segelstellung und den damit einhergehenden Vortriebsverlust noch offen, doch in Pilotenkreisen gilt es schon jetzt als sehr wahrscheinlich, dass der rechts sitzende Ausbildungskapitän einen folgenschweren Fehler begangen hat. Als die links sitzende Kollegin "Klappen 30" forderte, dürfte der Mann anstatt des Hebels für die Landeklappen die unmittelbar daneben befindlichen Regler für den Einstellwinkel der Propellerblätter (Condition Lever) betätigt und nach hinten gezogen haben. Das hatte zur Folge, dass die Luftschrauben in Segelstellung fuhren, die Klappen sich aber nicht bewegten.

Offenbar fiel beiden Kapitänen im Anschluss nicht auf, dass die Klappen nicht ausfuhren und der Klappenhebel - sofern diese Theorie zutreffend ist - weiterhin auf der 15-Grad-Position stand. Zudem dürfte auch der abfallenden Geschwindigkeitsanzeige nicht ausreichend Beachtung geschenkt worden sein. Außerdem erfolgte keinerlei Troubleshooting angesichts der fehlenden Antriebsleistung, sodass von Austrian Wings konsultierte Berufspiloten das Verhalten der Yeti Airlines Crew schon jetzt als "very poor airmanship" klassifizieren.

Zudem hätte die Crew auch für den Fall, dass es sich tatsächlich um ein technisches Problem (doppelter Triebwerksausfall beispielsweise) gehandelt hätte, völlig falsch reagiert. Denn selbst in einem solchen Fall sei das oberste Gebot die Geschwindigkeit im Auge zu behalten und das Flugzeug aktiv zu steuern, um die Kontrolle zu behalten. Denn siogar bei einer kontrollierten Bruchlandung auf einer Straße in bewohntem Gebiet sind die Überlebenschancen größer als wenn die Maschine unkontrolliert abstürzt.

Die Pilotenlegende Bob Hoover brachte es seinerzeit auf den Punkt: "When faced with a forced landing, fly the airplane as far through the crash as possible."

Sämtliche Airlines aus Nepal befanden sich wegen Sicherheitsmängeln auf der Schwarzen Liste der EU.

(red)