Die Tschechische Republik blickt auf eine lange und große Luftfahrttradition zurück. Der Flugzeughersteller Aero Vodochody, kurz Aero, der seinen Sitz auf einem Flughafen nördlich der tschechischen Hauptstadt Prag hat, ist ein gutes Beispiel dafür. Bereits 1919 wurde Aero Vodochody gegründet. Heute ist das Unternehmen einer der größten Hersteller militärischer Schulflugzeuge der Welt. Schon in der Anfangszeit wurden überwiegend Flugzeuge für den militärischen Bedarf entwickelt und gebaut, von leichten Beobachtungsflugzeugen bis zu zweimotorigen Bombern. Der erste Typ war ein Nachbau eines österreichischen Phönix-Doppeldeckers, der der deutschen Hansa-Brandenburg B.I (entwickelt von Ernst Heinkel) nachempfunden war und 1919 – leicht modifiziert – als Aero Ae-01 erschien. Auf seiner Basis wurden später mehrere Typen weiterentwickelt, unter anderem die erfolgreichen, in über 400 Exemplaren gebauten Typen A-11 und A-12.
Am bekanntesten sind wohl die Typen L-29 und L-39, die in nahezu allen Luftwaffen des Warschauer Paktes als Trainings- und leichte Angriffsflugzeuge flogen. Allein von diesen beiden Typen wurden rund 6.600 Stück gefertigt. Während die L-29 mittlerweile nur noch vereinzelt als gern gesehener Gast bei Airshows zu sehen ist, fliegt die L-39 nach wie vor bei Luftwaffen in aller Welt und bei etlichen Kunstflugteams. Auch die leider 2004 aufgelöste slowakische Kunstflugstaffel Biele Albatrosy (Deutsch: Die weißen Albatrosse) setzten auf die L-39.
Das Erfolgsmuster L-39 wurde von Aero Vodochody technisch weiterentwickelt und steht mittlerweile in der Version L-39NG (Next Generation) zur Verfügung, die sich seit dem vergangenen Jahr in Serienproduktion befindet. Neben der tschechischen Luftwaffe haben sich bislang auch die Luftstreitkräfte von Ungarn und Vietnam für diesen Typ entschieden.
Die zweisitzige L-39NG ist rund 12 Meter lang und verfügt über 2 Plätze, die mit einem voll digitalen Glascockpit ausgestattet sind. Angetrieben wird der Jet von einer Williams International FJ44-4M Turbine, die der L-39NG eine Höchstgeschwindigkeit von 490 Knoten in 20.000 Fuß Höhe verleiht. Die Dienstgipfelhöhe liegt bei 37.700 Fuß, die maximale Steigrate bei 4.500 Fuß pro Minute. Außerdem kann die L-39NG mit Bomben, verschiedenen Raketentypen sowie Bordkanonen (in Gunpods) ausgerüstet werden und somit auch die als leichtes Erdkampfflugzeug sowie für die Luftraumüberwachung genutzt werden.
Das Werk und die Produktion in Tschechien präsentierten sich auf einem hohen Niveau, entsprechend wertig ist auch die Verarbeitung der fertigen Maschine, die in ihrer Vorgängerversion L-39 längst bewiesen hat, dass sie auch härtesten militärischen Anforderungen gewachsen ist. Aero Vodochody hat auch ein eigenes Konzept für den multifunktionalen Einsatz der L-39NG als Trainer und Luftraumüberwachungsflugzeug beim Österreichischen Bundesheer entwickelt.
"Die L-39NG ist die geeignetste und logischste Lösung, um die Anforderungen des österreichischen Bundesheeres zu erfüllen. In Bezug auf Design, Flugeigenschaften, Sicherheit, Avionik und moderne Ausrüstung ist sie eine ausgezeichnete Plattform für die Ausbildung von Eurofighter-Piloten und gleichzeitig voll und ganz in der Lage, eine breite Palette von leichten Kampf- und Aufklärungsaufgaben zu erfüllen. Es ist nicht nur ein perfekter Ersatz für die SAAB 105, sondern stellt auch eine erhebliche Verbesserung der Fähigkeiten bei niedrigen Anschaffungs- und Betriebskosten dar. Diese Lösung wird es Österreich ermöglichen, eine vollständig einheimische, qualitativ hochwertige Ausbildung für Jet-Piloten zu betreiben und die Fähigkeit und Kapazität der österreichischen Luftstreitkräfte, das gesamte Aufgabenspektrum so kosteneffizient wie möglich zu erfüllen, erheblich steigern. Die L-39NG wird als modernes Kampfflugzeug entwickelt, das gemeinsam mit dem Eurofighter Typhoon den österreichischen Luftraum sichern kann", heißt es seitens des tschechischen Unternehmens.
Ob sich die Republik Österreich für die L-39NG entscheidet, ist allerdings noch völlig offen. Mit der M-346 aus dem Hause Leonardo hat Aero Vodochody nämlich einen ernstzunehmenden Konkurrenten im Rennen um die Saab 105 Nachfolge.
Weitere Fotoimpressionen
Text: P. Huber
Fotos: T. Bosina