Österreich

Buchrezension: "Pan Am Flug 103: Die Tragödie von Lockerbie"

Fotos: ZVG

Wohl jeder hat schon einmal das schreckliche Bild des Cockpits der "Clipper Maid of the Seas" gesehen, das nach dem Bombenanschlag auf Pan Am 103 auf einer Weide in Schottland lag. Diese Fotografie wurde zum Synonym eines der schwersten Flugzeugunglücke der Welt, das sich drei Tage vor Weihnachten 1988 in Lockerbie ereignete und 270 Todesopfer forderte. Kurz vor dem 35. Jahrestag erschien das deutschsprachige Buch "Pan Am Flug 103: Die Tragödie von Lockerbie - Weihnachtsreise in den Tod". Christian Becker hat es gelesen und rezensiert es für Austrian Wings.

Gehört hatte ich natürlich schon von der Katastrophe von Lockerbie, irgendwann einmal vor Jahren. Das war ein Pan Am Jumbo, der von libyischen Terroristen in die Luft gesprengt wurde. Auch an das berühmte Bild, auf dem das äußerlich fast unbeschädigt wirkende Cockpit der "Clipper Maid of the Seas", wie der gesprengte Jumbo hieß, auf einer Wiese liegt, konnte ich mich erinnern. Es war ja in allen Zeitungen und geistert bis heute durch das Internet. Irgendwo im Hinterkopf hatte ich auch noch, dass dieser Absturz zum Ende von Pan Am geführt hatte. Das war's dann aber auch schon. Bis zum 35. Jahrestag des Unglücks im vergangenen Dezember, zu dem ich unter anderem den Artikel "Die letzten Rätsel des Terroraktes von Lockerbie" im Internet entdeckte und mein Interesse für diese schaurig-spannende Tragödie geweckt war.

Bei dem darin vorgestellten Buch "Pan Am Flug 103: Die Tragödie von Lockerbie - Weihnachtsreise in den Tod" soll es sich um das erste und bislang einzige deutschsprachige Werk zu diesem Thema handeln. Das kann ich persönlich jetzt zwar nicht zu 100 Prozent unterschreiben, bei einem kurzen Check auf Google und Amazon fand ich aber tatsächlich ansonsten nur englischsprachige Bücher über die Katastrophe von Lockerbie. Ich gehe also davon aus, dass die Angabe des Verlages diesbezüglich korrekt ist. Da ich die fragwürdigen Arbeitsbedingungen bei Amazon nicht unterstützen möchte, habe ich mein Exemplar des Buches über einen kleinen Buchhändler unter Angabe der ISBN bestellen lassen. Kostet das gleiche und die Wertschöpfung bleibt bei uns in Österreich. Die kleinen Buchhändler haben es wegen Riesen wie Amazon und Co ohnedies schwer genug. Ich habe mich für die Softcover-Variante entschieden, es gibt das Buch aber auch als Hardcover. Kostet dann halt ein paar Euro mehr.

Die Verarbeitung des Buches (ich kann wie gesagt nur für die Softcover-Version sprechen) ist in Ordnung, es geht nichts aus dem Leim, das Schriftbild ist gut lesbar. Ich vermute, der Autor hat als Schrift Verdana oder Arial gewählt, von der Größe her dürfte es etwa 12pt sein. Das ist für meinen Geschmack genau richtig, nicht zu groß und nicht zu klein, und ich kann es auch gerade noch ohne meine Lesebrille lesen (die ich natürlich manchmal vergesse). Das Buch hat insgesamt (wenn man Vorwort, die Quellennachweise, das Opferverzeichnis, etc ... mit einrechnet) 252 Seiten.

Gleich zu Beginn findet sich eine Widmung, mit welcher der Autor der 270 Menschen gedenkt, die beim Anschlag von Lockerbie ums Leben kamen. Das finde ich eine sehr schöne Geste. Danach geht es klassisch mit dem Inhaltsverzeichnis weiter. Das Buch beginnt mit einem Vorwort, gefolgt von 18 eigentlichen Kapiteln. Ganz am Ende hat der Autor ein umfassendes Quellenverzeichnis (fast 4 Seiten) für Text- und Bildmaterial angegeben, wodurch transparent nachvollzogen werden kann, auf welche Unterlagen sich Herr Huber bei seiner Recherche stützte. Für mich ist das in Zeiten, in denen Verschwörungstheorien und wilde unbewiesene Spekulationen in vielen Lebensbereichen Hochkonjunktur haben, sehr wichtig und es zeigt mir, dass der Autor hier seriös gearbeitet und sich wirklich intensiv mit der Materie befasst hat.

Nach dem Vorwort steigt der Autor mit einer ausführlichen Geschichte über die Fluglinie Pan Am ein, welche etwas mehr als 40 Seiten einnimmt. Auf den ersten Seiten dieses Kapitels dachte ich mir noch, was das denn in einem Buch über Lockerbie zu suchen hat, doch am Ende fand ich es sehr hilfreich. Denn Pan Am war nicht irgendeine kleine Nischenairine, sie war über Jahrzehnte DER Inbegriff von Flugreisen und gerade deshalb auch immer wieder das Ziel von Terroranschlägen. Deshalb finde ich dieses Kapitel als Einleitung und Auftakt zur eigentlichen Geschichte im Nachhinein betrachtet sehr wichtig und gut, denn dadurch versteht man auch, weshalb Pan Am ein "beliebtes" Ziel von Terroristen war.

Zahlreiche Bilder liefern visuelle Ergänzungen zu den Erklärungen im Text.

Im Anschluss zeichnet der Autor die Geschichte des Unglücksflugzeuges und der letzten Rotationen der später gesprengten 747 so detailliert nach, dass man die Mühen und den großen Aufwand seiner Recherche richtig spüren kann. Der Ablauf des letzten Fluges der "Clipper Maid of the Seas" wird minutiös geschildert und hat man das beklemmende Gefühl, selbst an Bord zu sein und hofft irgendwie doch, dass die Bombe nicht explodiert. Fast ein bisschen wie beim Film Titanic: Jeder weiß, was geschehen wird und doch hofft man auf ein gutes Ende.

Die Schicksale der Opfer nehmen breiten Raum ein.

Die Unfalluntersuchung der Ermittler beleuchtet der Autor ebenso ausführlich wie die zahlreichen Ungereimtheiten bei den Spuren die, so viel kann man heute wohl als gesichert voraussetzen, aus politischen Gründen plötzlich in Richtung Libyen führten, nachdem zuvor viele Spuren auf den Iran als Täter gedeutet hatten. Großer Raum nimmt auch die Darstellung von bewegenden Schicksalen von Opfern und Hinterbliebenen ein. Dabei habe ich Details erfahren, die ich beim "nachgoogeln" im Internet und auch auf Wikipedia, ja noch nicht einmal auf speziellen Pan Am Erinnerungsseiten, so noch nirgendwo anders gefunden habe. Ein weiterer Beleg für die Mühe, die sich der Verfasser beim Schreiben gemacht hat.

In Großbritannien und den USA gibt es zahlreiche Gedenkstätten für die Toten.

Bei aller Dramatik dieses Themas schafft es der Autor, so kurzweilig zu schreiben, dass man beim Lesen gefesselt wird und es gar nicht mehr weglegen möchte. Das gesamte Buch ist auch noch reichlich bebildert, 129 Fotos sollen es laut Angabe des Verlages sein. Ich habe zwar nicht nachgezählt, aber über 100 sind es bestimmt, etliche davon habe zumindest ich vorher noch nicht gesehen. Hier dürfte er ebenfalls tief in den Archiven gegraben haben.

Mit Kaufempfehlungen ist es immer so eine Sache, denn die Geschmäcker der Menschen sind ja verschieden. Wer sich aber umfassend und auf dem neuesten Ermittlungsstand über die Tragödie von Lockerbie und die vielen damit verbundenen Ungereimtheiten informieren möchte, dem kann ich das Buch nur ausdrücklich empfehlen. Für mich selbst ist deshalb eine vernichtende Rezension eines anonymen Users namens "Dudel Moser" auf Amazon nicht nachvollziehbar. Vielmehr scheint es, dass diese Person aus irgendwelchen Gründen einen persönlichen Hass auf den Autor hat. Oder er ist einfach ein Querulant, denn wenn man sich sein Profil ansieht, entdeckt man durchaus ein Muster derartig abwertend-schlechter Rezensionen auch bei anderen Produkten. Nach meiner Einschätzung sollte man "Dudel Moser" nicht ernst nehmen.

Auch die Geschichte eines "Überlebenden", der den Flug verpasste und deshalb von der Polizei zunächst unter Terrorverdacht verhaftet wurde, hat der Autor recherchiert.

Hätte ich vor dem Kauf dieses Buches diese Rezension gelesen gehabt, hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht gekauft. Gut, dass ich sie NICHT kannte und mir mein eigenes Bild gemacht habe. Das kann ich jedem nur empfehlen. Und wer auf Nummer sich gehen möchte, kann das Buch ja online bestellen, denn dort kann er es bei Nichtgefallen einfach wieder zurückschicken und geht somit kein Risiko ein.

Titel: Pan Am Flug 103: Die Tragödie von Lockerbie
Untertitel: Weihnachtsreise in den Tod
Format A5, 252 Seiten mit 129 Abbildungen
ISBN Softcover: 978-3-758447-58-7
ISBN Hardcover: 978-3-758447-63-1

Erhältlich über den Webshop des Verlages, alle großen Anbieter (Thalia, Amazon, Weltbild, etc ...) sowie in jeder Buchhandlung (ggf. auf Bestellung unter Angabe der ISBN).

Text: Christian Becker