Als OS434 führte der Airbus A320 mit dem Kennzeichen OE-LBM heute am späten Nachmittag den Flug von Palma de Mallorca nach Wien Schwechat durch. Doch während des Sinkfluges auf Wien geriet der 23 Jahre alte Jet im Raum Hartberg (Stmk.) in etwa 18.000 Fuß (6.000 Meter) Höhe ohne Vorwarnung in ein schweres Hagelunwetter. Die Hagelkörner zertrümmerten binnen Sekunden die äußere Schicht der Cockpitfenster (die Scheiben bestehen aus mehreren Schichten und wurden nicht durchschlagen, das heißt es kam auch nicht zu einem Druckverlust im Flugzeug), zerstörten die Rumpfnase, in der sich das Wetterradar befindet und richteten auch sonst schwere Schäden an der Maschine an - unter anderem an der Triebwerksaufhängung. Die Steuerung der Maschine sowie die beiden Triebwerke blieben glücklicherweise funktionsfähig.
Die daraus resultierende Situation gestaltete sich für die Piloten jedoch ausgesprochen herausfordernd, dennoch gelang es dem Kapitän und seinem Ersten Offizier den schwer beschädigten A320 nach einer Schleife im Raum Stockerau (vermutlich, um eine Wetterbesserung abzuwarten bzw. die Funktionsfähigkeit der Systeme, insbesondere der Steuerung, des A320 zu überprüfen) sicher auf der Piste 11 des Wiener Flughafens zu landen, nachdem die Besatzung aufgrund der schweren Beschädigungen offiziell eine Luftnotlage erklärt hatten. Damit wurde der "Bravo Mike" durch die Flugsicherung Priorität vor allen anderen Flugzeugen und jedwede benötigte Unterstützung eingeräumt.
Durch die aufgrund des Hagelschadens "blind" gewordenen Cockpitfenster hatten die Piloten kaum Sicht nach außen, jedoch ist das im Falle einer Landung, bei der das Instrumentenlandesystem ILS genutzt wird, auch nicht zwingend erforderlich. Bei der Landung wurde die "Bravo Mike" von Einsatzkräften der Flughafenfeuerwehr inklusive Rettungsdienst in Empfang genommen. Dabei handelt es sich um eine Routinemaßnahme bei jeder angekündigten Notlandung. Verletzt wurde niemand, die Einsatzkräfte mussten auch nicht eingreifen. Eine Evakuierung des Jets über die Notrutschen war nicht erforderlich. Die Passagiere verließen den Airbus A320 über die Treppen und wurden mit Bussen zum Terminal gebracht.
Eine Evakuierung über die Notrutschen findet aufgrund des damit verbundenen Verletzungsrisikos ausschließlich dann statt, wenn nach der erfolgten Notlandung weiterhin akute Gefahr für Leib und Leben der Insassen besteht oder eine solche vermutet werden muss - beides war hier glücklicherweise nicht der Fall.
"Das Flugzeug geriet im Anflug auf Wien in eine Gewitterzelle, die für die Cockpit Crew laut deren Aussage auf dem Wetterradar nicht ersichtlich war. Nach aktuellem Stand wurden durch den Hagel die beiden vorderen Cockpitscheiben des Flugzeuges, die Flugzeugnase (Radom) sowie so manche Verkleidungen beschädigt. Aufgrund der Beschädigungen wurde der Notruf Mayday abgesetzt. Das Flugzeug konnte sicher am Flughafen Wien-Schwechat landen. Alle auf dem Flug befindlichen Passagiere blieben unverletzt. Das Team der Austrian Airlines Technik ist bereits mit der konkreten Schadenserhebung des betreffenden Flugzeugs betraut. Die Sicherheit unserer Fluggäste und unserer Crews hat für Austrian Airlines oberste Priorität."
AUA-Sprecherin Anita Kiefer gegenüber dem Autor
Die Aussage der AUA, wonach das Unwetter auf dem Wetterradar nicht sichtbar war, klingt plausibel, denn kein verantwortungsvoller Pilot würde vorsätzlich in solche Wetterbedingungen einfliegen und die Piloten der AUA gehören zu den am besten trainierten der Branche.
Maschine fällt zumindest mehrere Wochen aus
Der Sachschaden dürfte nach ersten Schätzungen zumindest im sechsstelligen Bereich liegen. Ob sich eine Reparatur der Maschine noch lohnt, müssen nun Experten der AUA-Technik und möglicherweise auch des Herstellers Airbus entscheiden. Denn die OE-LBM, ein Airbus A320-214 ist immerhin schon 23 Jahre alt. Das Flugzeug wurde im Jahr 2001 zunächst an die deutsche Ferienfluggesellschaft LTU ausgeliefert, flog danach bei LTU Austria und Air Berlin. Im März 2013 übernahm Austrian Airlines das Flugzeug und taufte es auf den Namen "Vorarlberg".
Der Jet fällt aufgrund der Beschädigungen selbst für den Fall, dass eine Reparatur wirtschaftlich möglich und sinnvoll sein sollte, für mehrere Wochen aus. Es ist dies bereits der zweite längere Totalausfall eines Flugzeuges der A320-Familie für die AUA, nachdem Anfang April dieses Jahres ein brandneuer A320neo durch den Fehler eines Flughafenmitarbeiters ins Rollen geraten und mit dem Terminal kollidiert war. Als "Ersatz" mietet die AUA einen Embraer der Air Dolomiti an, doch der Embraer hat eine deutlich geringere Passagierkapazität und kann auch reichweitenmäßig nicht auf den üblichen A320neo-Strecken eingesetzt werden. Ob auch für die nun havarierte OE-LBM temporär Ersatz beschafft wird beziehungsweise welche Auswirkungen der Ausfall des Flugzeuges auf den Flugplan der AUA hat, lässt sich gegenwärtig noch nicht abschätzen.
Text: Patrick Huber, www.der-rasende-reporter.info